Bischof Bätzing ordnet aktuellen Stand der Reformdebatte ein

"Ich bin eindeutig Team Zuversicht"

Mit Spannung wurde die zweite Sitzung des Synodalen Ausschusses erwartet. Wie geht es mit der Reformdebatte weiter? DBK-Vorsitzender Georg Bätzing zieht eine Zwischenbilanz und erklärt, wie er mit Vorbehalten aus dem Vatikan umgeht.

Irme Stetter-Karp und Bischof Georg Bätzing zum Auftakt der zweiten Sitzung des Synodalen Ausschusses, am 14. Juni 2024 in Mainz / © Angelika Zinzow (KNA)
Irme Stetter-Karp und Bischof Georg Bätzing zum Auftakt der zweiten Sitzung des Synodalen Ausschusses, am 14. Juni 2024 in Mainz / © Angelika Zinzow ( KNA )

KNA: Bischof Bätzing, Sie werden in Kürze den Vatikan über die zweite Sitzung des Synodalen Ausschusses informieren. Was werden Sie bei dieser Gelegenheit sagen?

Georg Bätzing

"Hier ist die Power, etwas nach vorne zu bringen."

Georg Bätzing (Bischof von Limburg und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz): Dass wir ganz schnell zu einer arbeitsfähigen Atmosphäre gefunden haben, weil hier Menschen zusammenkommen, denen die Zukunft der Kirche unter schwierigsten Bedingungen ein Herzensanliegen ist. Hier ist die Power, etwas nach vorne zu bringen. Davon werde ich gern berichten.

Georg Bätzing

"Grundsätzlich glaube ich daran, dass die Rolle der Laien in der Kirche eine Aufwertung erfahren soll."

KNA: Die Atmosphäre ist das eine. Es gibt aber weiterhin starke Vorbehalte im Vatikan gegenüber einem Synodalen Rat, dessen Einrichtung der Synodale Ausschuss vorantreiben soll.

Bätzing: Ich denke, die wichtige Aufgabe für uns wird sein, in der Zukunft gut miteinander zu kommunizieren, was wir wollen, was möglich ist und was wir miteinander vereinbaren. Grundsätzlich glaube ich daran, dass die Rolle der Laien in der Kirche eine Aufwertung erfahren soll.

KNA: Trotzdem bleibt die katholische Kirche eine hierarchische Institution. Die Bischöfe haben das letzte Wort.

Bätzing: Wir wollen nicht die Verfassung der Kirche ändern!

Georg Bätzing

"Wir wollen das Zweite Vatikanische Konzil in der Weise stärker umsetzen"

KNA: Sondern?

Zweites Vatikanisches Konzil

Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) war die bislang letzte beschlussfassende Versammlung aller Bischöfe der katholischen Weltkirche. Rund 2.800 Konzilsväter debattierten im Petersdom darüber, wie die Kirche ihre Botschaft unter den Bedingungen der modernen Welt und von weltanschaulichem Pluralismus verkünden kann. Weitere Themen waren eine Reform von Liturgie und Priesterausbildung, die Einheit der Christen und die Aussöhnung von Kirche und Judentum.

II. Vatikanisches Konzil vom 11. Oktober 1962 bis zum 8. Dezember 1965 / © N.N. (KNA)
II. Vatikanisches Konzil vom 11. Oktober 1962 bis zum 8. Dezember 1965 / © N.N. ( KNA )

Bätzing: Wir wollen das Zweite Vatikanische Konzil in der Weise stärker umsetzen, dass alle Getauften und Gefirmten teilhaben an dem, was in der Kirche entschieden und beraten wird. Wir sind nicht so hochmütig, zu sagen, wir wüssten schon die Lösungen, sondern wir wollen unsere Erfahrungen, unsere Bitten, unsere Bedürfnisse der Weltkirche zur Verfügung stellen. 

Vieles entspricht meiner Ansicht nach dem, was auf der von Papst Franziskus einberufenen Weltsynode diskutiert wird. Wir haben in unserer Kirche in Deutschland schon gute Formate, in denen Bischöfe und Laien miteinander beraten.

KNA: Zum Beispiel?

Bätzing: Die Diözesanräte. In acht Jahren als Bischof von Limburg habe ich noch nie eine Beschlussempfehlung meines Diözesanrates nicht mittragen können. Ich bringe mich ein, ich bringe unter Umständen auch meine Vorbehalte ein. Und dann finden wir gemeinsame Lösungen, die der Bischof am Ende umsetzt.

KNA: Der Vatikan hat unlängst ein Papier zur Stellung des Papstamtes veröffentlicht. Wird das Dokument Auswirkungen haben auf die im Synodalen Ausschuss anstehenden Debatten um Macht und Machtverteilung in der Kirche?

Bätzing: Ich halte das Papier für ein ganz wichtiges Dokument. Was ich daran erstaunlich finde: Am Ende ist von einer Selbstbegrenzung des Papstamtes die Rede, die seit dem Ersten Vatikanischen Konzil immer wieder mal ins Gespräch gebracht wird. 

Papst Franziskus liest einen Brief / © Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus liest einen Brief / © Romano Siciliani ( KNA )

Wenn wir vor Kurzem von der Selbstbindung der Bischöfe an Vereinbarungen mit Laien gesprochen haben, hat man uns gesagt: Dann gebt ihr im Grunde das Amt auf. Jetzt wird dasselbe Argument mit Blick auf das Papstamt in - wie ich finde - guter Weise angeführt.

KNA: Was folgt daraus?

Bätzing: Wenn der Papst seine Macht nicht in der ihm kirchenrechtlich voll und ganz zustehenden Weise ausübt, wenn er sich selbst beschränkt, um seinen Dienst an der Einheit der Kirche auszuüben - warum sollen das Bischöfe in ihrem Amt nicht auch tun können?

KNA: Ihre Mitbrüder aus Köln, Regensburg, Eichstätt und Passau nehmen nicht am Synodalen Ausschuss teil. Wie erklären sie denen, was in dem Gremium passiert?

Bätzing: Da muss ich nichts erklären. Es ist alles öffentlich einsehbar. Das heißt, wenn sie Interesse haben, sind meine Mitbrüder gut in der Lage, sich selbst zu informieren.

Georg Bätzing

"Ich will, dass wir uns verändern. Wir müssen uns verändern."

KNA: Während der Debatten im Synodalen Ausschuss gab es grob gesagt zwei Gruppen. Ein Team Zurückhaltung, das Rom nicht durch Beschlüsse verärgern will, und ein Team Zuversicht, dass dafür plädiert, neue Räume zu öffnen und nach vorn zu gehen. Wo ordnen Sie sich ein?

Bätzing: Ich bin eindeutig Team Zuversicht. Ich will, dass wir uns verändern. Wir müssen uns verändern. Das ist der Anspruch, den 96 Prozent der Katholikinnen und Katholiken an uns stellen. Und es ist der innere Anspruch, der aus dem Skandal des Missbrauchs hervorgewachsen ist. 

Die Kirche muss in bestimmten Teilen systemisch so verändert werden, dass dies nicht mehr geschieht. Das geht über Beteiligung, das geht über Rechenschaft, das geht über Transparenz.

Georg Bätzing

"Die kirchliche Öffentlichkeit muss spüren, dass wir etwas verändern."

KNA: An der Basis werden die Menschen vermutlich trotzdem den teils hochtheologischen Debatten im Synodalen Ausschuss kaum folgen können.

Bätzing: Das muss auch gar nicht sein. Aber die kirchliche Öffentlichkeit muss spüren, dass wir etwas verändern. Dazu sind die Beratungen im Ausschuss notwendig. Sonst können wir keine Beschlüsse treffen. Die müssen allerdings an der Basis deutlich spürbar werden, etwa indem sich die Beratungskultur in einer Pfarrei, in einem Bistum und in unserem Land verändert. Das spüren die Menschen.

Das Interview führten Joachim Heinz und Christoph Brüwer.

Synodaler Ausschuss

Der Synodale Ausschuss ist ein Ergebnis des Synodalen Wegs zur Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland. Er soll die Einrichtung eines Synodalen Rates vorbereiten. In diesem neuen Gremium wollen Bischöfe und katholische Laien ihre Beratungen über mögliche Reformen in der Kirche fortsetzen, die sie bei dem 2019 gestarteten Synodalen Weg begonnen haben.

Symbolbild Abstimmung / © Julia Steinbrecht (KNA)
Symbolbild Abstimmung / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
KNA