Pariser Pfarrer zieht positive Bilanz nach Olympia

"Glaube und Sport erfordert Gemeinschaft"

Die Olympischen Spiele sind feierlich zu Ende gegangen. Eine Stadt zeigte sich im Freudentaumel und auch das Team Deutschland kann zufrieden sein. Der Pariser Pfarrer Markus Hirlinger hofft, dass der olympische Spirit bleibt.

Yemisi Ogunleye gewinnt Olympia-Gold in Paris 2024 / © Michael Kappeler (dpa)
Yemisi Ogunleye gewinnt Olympia-Gold in Paris 2024 / © Michael Kappeler ( dpa )

DOMRADIO.DE: Die Kugelstoßerin Yemisi Ogunleye hat in einem Interview gesagt, dass ihr fester Glaube an Gott zu diesem Erfolg verholfen hätte. Der Glaube kann Berge versetzen. Das scheint so, oder?

Markus Hirlinger (Pfarrer der katholischen Gemeinde deutscher Sprache St. Albertus Magnus Paris): Es war eine Freude, dieses Zeugnis dieser Sportlerin zu sehen, weil wir das bei deutschen Sportlern nicht gewohnt sind. Es war schön, dass sie dieses Zeugnis gegeben hat. 

Markus Hirlinger / © Hirlinger (privat)
Markus Hirlinger / © Hirlinger ( privat )

Natürlich wissen wir, dass Glaube eine innere Stärke ermöglichen kann. Er kann die psychischen und physischen Kräfte fokussieren. Das hat sicherlich eine Auswirkung. 

Man konnte sehen, dass sich manche bekreuzigen, manche schauen nach dem Wettkampf zum Himmel und geben davon Zeugnis, dass der ihnen hilft. Auch wenn es mal nicht gelingt, gibt der Glaube Kraft etwas auszuhalten. 

Er bringt auch Leichtigkeit und Lebensfreude. Das darf so sein und ist von Gott bestätigt. 

Markus Hirlinger

"Das ist genau das, was der Glaube möchte, dass man sich gegenseitig wertschätzt und ernst nimmt."

DOMRADIO.DE: Welche Verbindung gibt es grundsätzlich von Glaube und Sport?

Hirlinger: Es gibt eine eigene Einrichtung in der Kirche, um diesen Bereich zu stärken. Es gib Sportseelsorgerinnen und Sportseelsorger. Glaube und Sport erfordert immer die Gemeinschaft. 

Das ist genau das, was der Glaube möchte, dass man sich gegenseitig wertschätzt und ernst nimmt. Mann kann gegeneinander konkurrieren, aber man sollte den anderen ernst nehmen. Glaube und Kirche gehört unbedingt zusammen.

DOMRADIO.DE: 16 Tage Olympische Spiele waren bei Ihnen direkt vor der Haustür. Haben Sie die Spiele in den Gottesdiensten in der Gemeinde gemerkt? Haben die eine Rolle gespielt?

Hirlinger: Wir haben eigens Gottesdienste organisiert beziehungsweise das Thema Olympia eingebaut. Es gab zwei Olympiaseelsorger aus Deutschland, die extra gekommen sind und uns dabei begleitet haben. 

Vor den Olympischen Sommerspielen, Olympia Paris 2024, die olympischen Ringe sind vor dem Obelisk von Luxor auf der Place de la Concorde zu sehen. Foto: / ©  Michael Kappeler/dpa (dpa)
Vor den Olympischen Sommerspielen, Olympia Paris 2024, die olympischen Ringe sind vor dem Obelisk von Luxor auf der Place de la Concorde zu sehen. Foto: / © Michael Kappeler/dpa ( dpa )

Wir waren zum Beispiel im Deutschen Haus und haben dort einen eigenen Raum bekommen. Mit 40 Besuchern und Besucherinnen konnten wir Gottesdienste zu den Themen "Mein Bestes geben" oder "Immer der Beste sein" feiern. 

Auch in den Kirchengemeinden haben wir drei zusätzliche Gottesdienste gefeiert, bei denen wir das Thema Olympia in den Mittelpunkt gestellt haben wie am Sonntag bei uns in der katholischen Gemeinde. Das ist gut angekommen.

DOMRADIO.DE: Die Spiele haben weltweit für große Aufmerksamkeit gesorgt. Welche besonderen Ereignisse bleiben Ihnen in Erinnerung?

Hirlinger: Wie bei viele Menschen das Berührtsein, wenn die Sportlerinnen und Sportler sehr berührt sind. Oder wenn die Zuschauer so berührt sind und so mitgehen, dass wir mit den anderen so mitfühlen können.

Markus Hirlinger

"Die Kirche hat schon versucht, überall zu zeigen, dass sie Menschen willkommen heißt."

 

DOMRADIO.DE: Gab es eine besondere Botschaft der Kirchen in Frankreich während der Zeit?

Hirlinger: Die Kirche hat schon versucht, überall zu zeigen, dass sie Menschen willkommen heißt. Das heißt, alle Kirchen waren offen und haben Sportlerinnen, Sportler und Besucher eingeladen, eben auch mit besonderen Gottesdiensten. 

Sie haben gezeigt, dass sie alle Menschen respektieren und willkommen heißen, egal welcher Nationalität oder welcher Hautfarbe. Die Offenheit der Kirche ist entscheidend.

Markus Hirlinger

"Die Spiele konnten zeigen, dass die Gesellschaft in ihrer Unterschiedlichkeit miteinander in Frieden leben kann."

DOMRADIO.DE: Welche Auswirkungen könnte Olympia auf die französische Gesellschaft haben?

Hirlinger: Das kann ich natürlich nicht vorhersagen. Es war ein wunderbares Fest, bei dem die Spiele zeigen konnten, dass die Gesellschaft in ihrer Unterschiedlichkeit miteinander in Frieden leben kann. Vielleicht könnte da was hineinwirken. 

Südkoreas Lim Jonghoon (r) bei der Siegerehrung, die Olympiasieger Wang Chuqin und Sun Yingsha aus China (M), feiern mit den Zweitplatzierten Kim Kum Yong und Ri Jong Sik aus Nordkorea (l) und den Dritten Shin Yubin/Lim Jonghoon aus Südkorea / © Petros Giannakouris/AP (dpa)
Südkoreas Lim Jonghoon (r) bei der Siegerehrung, die Olympiasieger Wang Chuqin und Sun Yingsha aus China (M), feiern mit den Zweitplatzierten Kim Kum Yong und Ri Jong Sik aus Nordkorea (l) und den Dritten Shin Yubin/Lim Jonghoon aus Südkorea / © Petros Giannakouris/AP ( dpa )

Es war eine Chance, ein paar Wochen lang die großen, schweren Themen hintanzustellen und zu erleben, dass man doch miteinander leben kann. Vielleicht haben Sie auch dieses Bild Erinnerungen von den Sportlerinnen und Sportler von Südkorea und Nordkorea, die ein gemeinsames Selfie gemacht haben. 

Markus Hirlinger

"Es ist ein Zeichen, dass da etwas miteinander geht, dass man miteinander Leben teilt, miteinander Freude und Hoffnung teilt."

Natürlich darf man den Sport nicht überbeanspruchen, aber es ist ein Zeichen, dass da etwas miteinander geht, dass man miteinander Leben teilt, miteinander Freude und Hoffnung teilt. 

Es gab auch eine kleine politische Geschichte mit den Banlieues um Paris herum. Da wurden Metrostationen neu gebaut und die Verbindungen zwischen den Banlieues ermöglicht. Im Olympiadorf wurden tolle Parks gebaut. Es hat schon eine gewisse Auswirkung, vielleicht auch die Schwächeren mit einzubeziehen.

Das Interview führte Tim Helssen.

Olympischer Friede

Der "Olympische Friede" bedeutet, dass während der Olympischen Spiele keine Kriegshandlungen stattfinden sollen. Seine Ursprünge gehen - wie die Spiele selbst - auf die griechische Antike zurück. Der Sage nach einigten sich die griechischen Stämme im Jahr 884 vor Christus darauf, dass rund um das sportlich-rituelle Ereignis in dem Heiligtum Olympia die Waffen zwischen ihnen schweigen. 

Olympische Ringe / © Hendrik Schmidt (dpa)
Olympische Ringe / © Hendrik Schmidt ( dpa )
Quelle:
DR