"Das traumatisiert die christliche Gemeinschaft dort ein zweites Mal. Die deutsche Regierung sollte ihren Einfluss auf Pakistan nutzen, damit die Menschen von Jaranwala endlich Gerechtigkeit erfahren", forderte Dr. Gregor von Fürstenberg, Vize-Präsident des katholischen Hilfswerkes missio Aachen.
Am 16. August 2023 hatte ein islamistisch aufgestachelter Mob das christliche Viertel nahe der Stadt Faisalabad angegriffen. Anlass war die angebliche Verunglimpfung des Koran. Schätzungsweise knapp 25 Kirchen sowie mehr als 80 Häuser und Geschäftsgebäude sind niedergebrannt worden. Dies war einer der heftigsten Gewaltausbrüche der vergangenen Jahre in Pakistan gegen die dortige christliche Minderheit.
Insbesondere christliche Jugendliche brauchen Hilfe
Den Wiederaufbau muss die christliche Gemeinschaft in Jaranwala weitestgehend ohne staatliche Unterstützung stemmen. 26 Häuser und 19 Kirchen haben die Bewohner mittlerweile – zumindest zum Teil – wieder nutzbar gemacht.
Insbesondere die christlichen Jugendlichen brauchen Hilfe, damit sie eine Perspektive in ihrer Stadt haben. Dafür stellte missio Aachen im vergangenen Jahr rund 32.000 Euro zur Verfügung. Weitere 135.000 Euro werden jetzt bewilligt. Damit werden 25 Häuser in Stand gesetzt.
Von mehr als 300 Tatverdächtigen nur noch fünf in Haft
Beim Wiederaufbau in Jaranwala arbeitet missio Aachen mit dem Bistum Faisalabad, der örtlichen Caritas und der bischöflichen Kommission Gerechtigkeit und Frieden zusammen. Das Hilfswerk ist zudem mit christlichen Nicht-Regierungsorganisationen vernetzt.
Nach Informationen der missio-Partner wurden zwar nach den Ausschreitungen in Jaranwala mehr als 300 Tatverdächtige identifiziert. Diese seien aber in der überwiegenden Mehrzahl bald wieder – oft gegen Kaution – entlassen worden. Von zuletzt 22 Strafanzeigen habe die Polizei lediglich fünf tatsächlich registriert. Aktuell seien noch fünf potenzielle Täter im Gefängnis.
Gleichzeitig seien auch mehrere Christen von der Polizei verhaftet worden, weil ihnen beispielsweise Plünderei unterstellt worden war. "Das war reine Schikane und sollte die christliche Gemeinschaft weiter einschüchtern. Sie hat dies als besonders diskriminierend empfunden," berichtet Dr. von Fürstenberg. Mindestens einer der festgenommenen Christen ist nach Informationen der missio-Partner immer noch in Haft.
Missio-Partner fordern staatliche Entschädigungen
Die missio-Partner fordern stärkere Bemühungen der Regierung für eine Reform der Blasphemiegesetze in Pakistan, die den massiven Missbrauch dieser Gesetzgebung stoppen. Dazu brauche es auch eine entsprechende staatliche Studie, die empirische Daten über die Auswirkungen dieser Gesetze sammelt.
Ganz konkret sollten zudem Maßnahmen, wie die Unterbindung von Provokationen über Lautsprecher in Dörfern und Stadtteilen, das Verbot extremistischer Organisationen oder die Beschlagnahme hasserfüllter Literatur gegenüber religiösen Minderheiten intensiviert und evaluiert werden, um ihre Wirksamkeit sicherzustellen.
"Gleichzeitig wünschen sich unsere Partner, dass Betroffene solcher Gewaltexzesse im Umfeld von Blasphemievorwürfen endlich auch staatliche Entschädigungen für erlittene wirtschaftliche, soziale und psychologische Schäden erhalten. Das könnten die Menschen in Jaranwala jetzt gut gebrauchen", unterstützt Dr. von Fürstenberg dieses Anliegen.