Bischof Overbeck zur Rolle Deutschlands bei der Synode

"Manche halten uns nicht mehr für katholisch"

Fünf deutsche Bischöfe nehmen ab kommender Woche an der Weltsynode Teil. Franz-Josef Overbeck aus Essen hofft auf ein Vorangehen in der Einheit, macht aber auch klar, dass sich viele Christen in Deutschland Reformen wünschen.

 Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck / © Marcel Kusch (dpa)
Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck / © Marcel Kusch ( dpa )

DOMRADIO.DE: Es gab im Vorhinein einiges an Verwirrung, weil Konfliktthemen - wie zum Beispiel die Frauenfrage - aus der Synode ausgegliedert wurden in Arbeitsgruppen. Das heißt, diese Themen werden nicht im Laufe der nächsten vier Wochen diskutiert und entschieden. Wie stehen Sie dazu? Wie finden Sie das? 

Team Deutschland: Fünf Bischöfe fahren zur Weltsynode (DBK)
Team Deutschland: Fünf Bischöfe fahren zur Weltsynode / ( DBK )

Franz-Josef Overbeck (Bischof von Essen): Auf der einen Seite ist das wichtige Thema der Synodalität so bedeutsam, dass wir noch wesentliche Schritte tun müssen um das zu reflektieren. Das wird dieser Teil der Synode jetzt sicherlich bringen. Das kann man am Instrumentum laboris ja auch erkennen.

Die Probe aufs Exempel wird immer da stattfinden, wo es um genau diese konkreten Themen geht. Eines der großen Themen der Synodalität ist die Verhältnisbestimmung zwischen Ortskirche und Weltkirche. Und bei der Frage nach der Frau, zum Beispiel im Blick auf den Diakonat, zeigt sich das. Es gibt wie bei uns in Deutschland viele, für die das völlig selbstverständlich ist. Es gibt andere Länder, für die ist das völlig unselbstverständlich. Es gibt Theologen, die sagen: Man kann einen solchen Schritt tun. Es gibt andere, die sagen, das sei überhaupt nicht möglich, weil Papst Johannes Paul II. schon entschieden hat, es gibt einen solchen Zugang für Frauen nicht. 

Ich bin momentan der Überzeugung: Wir müssen erst mal lernen, wie wir nach vorne gehen können und möglichst viele Perspektiven offen lassen. Wir dürfen nicht glauben, sie seien alle in alle Ewigkeit entschieden. So kann man, glaube ich, bei den immensen Veränderungsprozessen, die gerade stattfinden, gut die nächsten Schritte gehen und vor allen Dingen beieinander bleiben. 

DOMRADIO.DE: Das Spannungsfeld Ortskirche zu Weltkirche haben Sie gerade schon angesprochen. Sie kennen sich ja nicht nur in Deutschland aus, Sie sind in der Comece aktiv, Sie sind als Adveniatbischof für Lateinamerika zuständig. Welche Rolle spielt denn die Stimme der deutschen Kirche in diesem weltkirchlichen Kontext im Moment? 

Overbeck: Zum einen ist es die Stimme der Kirche, die einen Papst wie Benedikt XVI. hervorgebracht hat und von daher gesehen von vielen immer noch mit hoher Wertschätzung im Blick auf die Rolle von Philosophie und Theologie angeschaut wird, was in der Tat ja auch angesichts der Wissenschaftsleistungen der Theologie, auch der philosophischen Theologie in Deutschland der Fall ist und auch zeigt, dass wir pastoral und auch im kirchlichen Zusammenhang immer reflektiert sind. 

Franz-Josef Overbeck

"(Deutschland ist) die Stimme der Kirche, die Papst Benedikt XVI. hervorgebracht hat."

Das Zweite ist, dass viele merken: Die Kirche in Deutschland geht kulturell viele Wege, die andere Kirchen noch nicht gehen. Das gehört einerseits zur Geschichte unserer Kirche als einer Kirche der Reformation und der Gegenreformation, also der Ökumene. Und das auch nach den - Gott sei Dank - guten Schritten nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil. 

Drittens gehören wir mittlerweile zu einem Land mit unendlich vielen Menschen, die aus Einwanderungszusammenhängen zu uns kommen. Und nicht zu vergessen, als Bischof von Essen und Militärbischof weiß ich ein langes und vielstrophiges Lied davon zu singen, mit Menschen zu leben, die schlicht für sich sagen: sie glauben nicht. Für die ist das gar keine Perspektive. Wir wollen aber doch auch missionieren, und zwar alle Menschen. Das heißt, dass auch hier unsere Herausforderungen groß sind in dieser doch dann postmodernen Welt zu leben. Und das wird auch von vielen wahrgenommen, dass das so ist. 

Allerdings, im Weltmaßstab gibt es auch all die Menschen, die in manchen Teilen uns nicht mehr für katholisch halten. Wegen dieser Differenziertheit dessen, was ich beschrieben habe, aber auch wegen der Diversität, die sich dabei zum Ausdruck bringt. Und hier sind die Herausforderungen einfach groß, als Kirche in Einheit beieinander zu bleiben. 

DOMRADIO.DE: Was ja auch ein Spannungsfeld ist, das lässt sich ja nicht verschweigen: Der Unterschied zur letzten Runde der Weltsynode ist, dass Sie inzwischen mit Ihren Mitbrüdern zwei Mal in Rom gewesen sind, um da Gespräche zu führen, um auch über diese Spannungen zu reden. Haben Sie den Eindruck, die Vertreter der Weltkirche werden Sie jetzt anders empfangen als letztes Mal? 

Overbeck: Sie werden neugierig fragen: Was habt ihr da besprochen und was ist das Thema? Das kann man einerseits ja durch die Pressemitteilungen nachlesen und zum anderen auch durch unsere entsprechenden Wortbeiträge dann hören und gleichzeitig auch sehen, dass das auch zur Kirche gehört. Dass hier eine Ortskirche mit der Weltkirche in der Stimme des Papstes und der anderen, die mit ihm diese Leitungsfunktion haben, darum ringt. Wie können wir den besten Weg wählen, um auf der einen Seite lebendige Ortskirche zu sein und zum anderen genauso Teil der Weltkirche zu bleiben? 

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.

Deutsche Bischofskonferenz

Die Deutsche Bischofskonferenz ist der Zusammenschluss der katholischen Bischöfe in Deutschland. Sie leiten als Ortsbischöfe eines der 27 Bistümer oder unterstützen als Weihbischöfe. Insgesamt gehören ihr derzeit (September 24) 61 Mitglieder an.

Ebenfalls zur Konferenz gehören - auch wenn sie nicht Bischöfe sind - Diözesanadministratoren, die ein Bistum nach Rücktritt oder Tod eines Ortsbischofs übergangsweise verwalten.

Logo der Deutschen Bischofskonferenz auf einem Schild neben dem Eingang zum Sekretariat der DBK / © Julia Steinbrecht (KNA)
Logo der Deutschen Bischofskonferenz auf einem Schild neben dem Eingang zum Sekretariat der DBK / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
DR