Augsburgs Bischof Bertram Meier hat Christinnen und Christen zu mehr Engagement in der Ökumene aufgefordert. "Einheit muss auch im kirchlichen Leben der Gläubigen sichtbar werden", sagte Meier laut Manuskript am Mittwoch in der evangelischen Sankt-Anna-Kirche in Augsburg. Der Bischof predigte bei einer ökumenischen Vesper zum 25. Jahrestag der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre, die von Repräsentanten des Lutherischen Weltbunds und der katholischen Kirche unterzeichnet wurde und als Meilenstein der Ökumene und wichtiges Dokument der interkonfessionellen Verständigung gilt.
"Die Spaltung ist überwunden, doch ein Spalt ist geblieben", so Meier. "Die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre geht nicht darüber hinweg, dass noch viel Mauerwerk zwischen uns steht. Die Themen Kirche, Eucharistie und Amt scheinen wie schwere Felsbrocken zu sein, an denen wir nicht vorbeikommen."
"Kirchenferne Menschen haben feine Antennen"
Der Bischof mahnte die Gläubigen, sich mit drei Bausteinen des Christentums vertraut zu machen. Der erste sei Jesus Christus. "Er schenkt uns - den lebendigen Bausteinen seiner Kirche - Halt und Stabilität." Wichtig seien als gemeinsame Grundlage auch die Bibel und das Bekenntnis an den dreieinen Gott.
Ein zweiter Baustein ist die Bereitschaft, aufeinander zu hören, wie Meier ergänzte. "Ökumene lebt von der Neugierde, voneinander lernen zu wollen und der positiven Erwartung, voneinander lernen zu können." Drittens führte der Bischof eine "gemeinsame Mission" an: "Uns eint der Auftrag Jesu Christi, der Welt das Evangelium zu künden." Nachdenklich stimme, wenn die Verkündigung keine Sprache mehr finde, die die Menschen verstünden.
Ökumene ausbaufähig
Christinnen und Christen sollen Meier zufolge die "Sprache der Liebe und der Gesten" und die Sprache des Gebets als "Sprache des Herzens" beherrschen. "Gesten haben Kraft, daher sollten sie ehrlich sein. Oft haben gerade kirchenferne Menschen feine Antennen dafür, ob unser Tun aufrichtig ist." Und weiter: "Im Gebet gehen wir auf Christus zu. Das Zugehen auf Christus ist aus verschiedenen Richtungen möglich. Wenn wir auf ihn zugehen, gehen wir aufeinander zu."
Vor der Vesper äußerte sich Meier bei einem Symposium. Die Ökumene hält er für ausbaufähig. Sie befinde sich auf dem richtigen Weg. Meier betonte, die in der Erklärung zur Rechtfertigungslehre praktizierte Suche nach einem Konsens sei zu einem weithin anerkannten und tragfähigen Modell für das ökumenische Miteinander geworden. Er erhoffe sich deshalb bis 2030 eine weitere Gemeinsame Erklärung zu den Themen Kirche, Amt und Sakramente. 2030 jährt sich das sogenannte Augsburger Bekenntnis zum 500. Mal.
1999 in Augsburg unterzeichnet
Zum Augsburger Reichstag von 1530 hatte Kaiser Karl V. damals Katholiken und Protestanten aufgefordert, ihre Glaubenspositionen schriftlich zu formulieren. Die dabei entstandene "Augsburger Konfession" ist die erste offizielle Darstellung von Lehre und Praxis der Wittenberger Reformation mit weitreichender Ausstrahlung auf den gesamten Protestantismus.
Die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre wurde vom Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen und dem Lutherischen Weltbund erarbeitet und 1999 in Augsburg unterzeichnet. Sie räumte eine Streitfrage weitestgehend aus dem Weg, die zur Spaltung zwischen reformatorischer und katholischer Kirche beitrug. Laut Erklärung sind sich Lutheraner und Katholiken einig darin, dass der Mensch allein auf die rettende Gnade Gottes angewiesen ist. Die Frage der Rechtfertigung, also der Erlösung des Menschen, ist das Zentrum reformatorischer Theologie.
Weitere Kirchen angeschlossen
Meier sagte mit Blick auf die Gemeinsame Erklärung: "So konnte man schließlich verbindlich festhalten, was die Voraussetzung für ökumenischen Dialog war und ist, nämlich die grundlegende Übereinstimmung im Blick auf das Evangelium Jesu Christi. Erfreulicherweise haben sich inzwischen auch der Weltrat Methodistischer Kirchen, die Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen und die Anglikanische Gemeinschaft der Gemeinsamen Erklärung angeschlossen - für mich ein deutliches Zeichen, dass sich die Ökumene auf dem richtigen Weg befindet."
Die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre wurde vom Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen und dem Lutherischen Weltbund erarbeitet und 1999 in Augsburg unterzeichnet. Sie räumte eine Streitfrage weitestgehend aus dem Weg, die zur Spaltung zwischen reformatorischer und katholischer Kirche beitrug. Laut Erklärung sind sich Lutheraner und Katholiken einig darin, dass der Mensch allein auf die rettende Gnade Gottes angewiesen ist. Die Frage der Rechtfertigung, also der Erlösung des Menschen, ist das Zentrum reformatorischer Theologie.