DOMRADIO.DE: Sie sorgen sich vor allem um die sogenannte Berufseinstiegsbegleitung. Ein Programm, das Sie und andere Verbände anbieten und bei dem die Förderung durch das Land NRW in den nächsten Jahren auslaufen wird. Können Sie kurz erklären, was die Berufseinstiegsbegleitung ist und wie sie funktioniert?
Rebekka Kamrad (Geschäftsbereichsleiterin für pädagogische Konzeption und Standortmanagement beim Kolping-Bildungswerk Diözesanverband Köln e.V.): Die Berufseinstiegsbegleitung ist eine Maßnahme der Agentur für Arbeit, die nur mit einer Kofinanzierung umgesetzt werden kann. Diese Kofinanzierung hat das Land NRW in den letzten Jahren mit Landesmitteln und ESF-Mitteln geleistet. Die Berufseinstiegsbegleitung richtet sich an Jugendliche mit Unterstützungsbedarf, die am Übergang von der Schule zum Beruf stehen.
Unsere Berufseinstiegsbegleiterinnen und -begleiter arbeiten dabei mit den Schülern ab Jahrgangsstufe neun, um sie auf ihren Schulabschluss vorzubereiten. Sie unterstützen bei schulischen Problemen und helfen vor allem bei der beruflichen Orientierung, indem sie gemeinsam Berufe erkunden und herausfinden, was hinter verschiedenen Berufsbezeichnungen steckt. Die Begleiter helfen den Jugendlichen, ihre eigenen Interessen, Stärken und Neigungen mit Berufsbildern abzugleichen, um passende Übergänge zu ermöglichen.
Die Berufseinstiegsbegleitung unterstützt vor allem im Bereich berufliche Orientierung, Praktikumsplatzsuche und Ausbildungsplatzsuche. Die Begleitung endet nicht direkt mit dem Schulabschluss, sondern geht in die Ausbildung über und begleitet die Jugendlichen bis zum Ende der Probezeit, damit das Ausbildungsverhältnis stabil bleibt.
DOMRADIO.DE: Aber die spätere Arbeitsplatzsuche fällt nicht unbedingt in Ihre Aufgabe?
Kamrad: Nein, die Unterstützung endet in der Regel mit dem Bestehen der Probezeit in der Ausbildung. Aber es kam schon vor, dass sich junge Erwachsene im Nachhinein wieder bei ihrer Berufseinstiegsbegleiterin oder ihrem Berufseinstiegsbegleiter gemeldet haben.
DOMRADIO.DE: Wie viele junge Erwachsene profitieren von diesem Programm?
Kamrad: In NRW waren es bisher pro Jahrgang etwa 5.000 Schülerinnen und Schüler.
DOMRADIO.DE: Was passiert mit diesen Jugendlichen, wenn das Programm ausläuft?
Kamrad: Das ist die drängende Frage, weshalb wir die Kürzung der Mittel mit Sorge betrachten. Die Berufseinstiegsbegleitung richtet sich an Jugendliche, die diesen Übergang von der Schule in den Beruf nicht allein schaffen würden. Die Gründe sind vielfältig: Migrationshintergrund, Förderbedarf oder fehlende familiäre Unterstützung.
Diese Jugendlichen sind auf die Hilfe von Trägern wie uns angewiesen. Wenn die Förderung wegfällt, besteht die Gefahr, dass viele von ihnen nach dem Schulabschluss ohne Perspektive dastehen und es nicht schaffen, eine Ausbildung zu beginnen und abzuschließen. Langfristig können sie auch nicht den Weg zu einer ausgebildeten Fachkraft stemmen.
DOMRADIO.DE: Sozialminister Karl-Josef Laumann sagt, das Land könne nicht mehr Geld ausgeben, als es einnehme, und verweist auf andere Programme, die den Übergang von Schule in den Beruf fördern. Wäre das keine Alternative?
Kamrad: Es stimmt, dass es andere Programme gibt, und diese sind wichtig. Aber diese Programme wurden eingeführt, weil es einen zusätzlichen Bedarf zur Berufseinstiegsbegleitung gab. Sie richten sich oft an andere Zielgruppen oder Altersstufen und haben andere Betreuungsschlüssel.
In den anderen Programmen werden auch keine zusätzlichen Plätze geschaffen. Die Berufseinstiegsbegleitung kann durch diese Programme nicht vollständig ersetzt werden, weil der Bedarf zu groß ist. Die Berufseinstiegsbegleitung bricht jetzt weg und es wird eine Lücke geben.
DOMRADIO.DE: Bringen Sie es bitte in einem Satz auf den Punkt: Welche Folgen befürchten Sie, wenn die Berufseinstiegsbegleitung wegfällt?
Kamrad: Die Existenz dieser Jugendlichen mit Unterstützungsbedarf ist bedroht, weil die Hilfe beim Übergang von der Schule in den Beruf wegbricht. Das wird sich auch langfristig auf die Gesellschaft auswirken, wenn immer wieder Jugendliche durch das Raster fallen.
Das Interview führte Tobias Fricke.