"Aktion Neue Nachbarn" unterstützt seit zehn Jahren Geflüchtetenhilfe

Stärkung für freiwilliges Engagement

Seit zehn Jahren unterstützt die "Aktion Neue Nachbarn" des Erzbistums Köln geflüchtete Menschen. Die Integrationsbeauftragten Uli Thomas und Isabel Heinrichs betonen, wie viel dabei die Arbeit freiwilliger Helfer ausmacht.

Autor/in:
Lara Burghardt
Neue Nachbarn im Erzbistum Köln / © Barbara Bechtloff (Caritas Köln)
Neue Nachbarn im Erzbistum Köln / © Barbara Bechtloff ( Caritas Köln )

DOMRADIO.DE: Wo und wie ist die "Aktion Neue Nachbarn" Köln tätig und wo und wie werden die Geflüchteten unterstützt?

Uli Thomas (Integrationsbeauftragter der "Aktion Neue Nachbarn"): Was wir als "Aktion Neue Nachbarn" machen, ist letztendlich. das freiwillige Engagement in der Geflüchtetenhilfe zu unterstützen. Wir sind also nicht selber tätig mit Geflüchteten, sondern wir unterstützen die, die das tun. 

Das tun unglaublich viele Freiwillige nach wie vor, und der Bedarf an Unterstützung ist da groß. Das heißt, wir unterstützen mit finanziellen Möglichkeiten, aber auch durch Schulungen und Weiterbildungen, durch Vernetzen und Leute-Zusammenbringen. Das ist es, was wir hier auch in Köln tun. 

DOMRADIO.DE: Für die Engagierten in der Geflüchtetenhilfe gibt es am 13. November einen Fachnachmittag. Was ist da genau geplant? 

Thomas: Das ist ein ganz spannendes Thema. Zum ersten Mal hat nämlich der Sachverständigenrat für Integration und Migration – das ist ein die Bundesregierung beratendes Gremium – eine Studie gemacht und dabei die Engagierten in der Flüchtlingshilfe untersucht. 

Ein Ehrenamtlicher studiert verschiedene Formulare eines Geflüchteten bei einem Gespräch / © Harald Oppitz (KNA)
Ein Ehrenamtlicher studiert verschiedene Formulare eines Geflüchteten bei einem Gespräch / © Harald Oppitz ( KNA )

Wir werden uns damit beschäftigen, wer diese Menschen sind und was sie auch brauchen, um weiter motiviert zu bleiben. Es gibt Handlungsempfehlungen. Und diese Handlungsempfehlungen werden wir dann auf einem Podium mit Verwaltung, Politik, Vertreterinnen und Vertretern von migrantischen Organisationen und Initiativen und von der Caritas diskutieren. 

DOMRADIO.DE: Ohne die finanzielle Unterstützung kann so eine Hilfe für Geflüchtete nicht funktionieren. Geld gibt es da vom Erzbistum Köln. Aber auch die Stadt Köln gibt Geld für die Geflüchtetenhilfe. Nun soll es da Kürzungen im Kölner Haushalt geben. Was bedeutet das denn für die Geflüchtetenhilfe? 

Isabel Heinrichs (Integrationsbeauftragte der "Aktion Neue Nachbarn"): Am 14. November wird der Vorschlag für den Doppelhaushalt 2025/2026 veröffentlicht. Bis dahin ist noch nicht ganz klar, was genau wegfallen wird. Klar ist, dass davon sehr viele Stellen und Maßnahmen in der Geflüchtetenhilfe und in der Beratung und Integration wegfallen werden. 

Es kommt noch etwas hinzu, und zwar gibt es auch Streichungen von Landesseite. Das sind die Mittel für das Programm "KOMM-AN" für NRW (Programm zur Förderung der Integration und Teilhabe von Flüchtlingen und Neuzugewanderten in den Kommunen; d. Red.). Da fallen ab dem 1.1.2025 sieben Millionen Euro weg. Das betrifft bis zu 87 Initiativen, Vereine und migrantische Organisationen in Köln in ihrer Arbeit. Sie können Mieten nicht mehr bezahlen für ihre Arbeit, sie sind nicht mehr auffindbar, wenn sie keine Räume haben. 

DOMRADIO.DE: Dagegen werden Sie auf die Straße gehen. Wo und wann ist denn da eine Demonstration geplant? 

Heinrichs: Es gibt mehrere Demonstrationen. Am 13.11. fängt das in Düsseldorf auf NRW-Ebene an. Da ist um 12:05 Uhr eine Kundgebung auf den Rheinwiesen. Und am 14.11. morgens am Rathaus am Theo-Burauen-Platz (in Köln) ist von 8:30-10:30 Uhr eine Demonstration geplant, an dem Tag, wo dann der Haushalt veröffentlicht wird. 

DOMRADIO.DE: Was genau ist denn in der Geflüchtetenhilfe nötig und was kann da die "Aktion Neue Nachbarn" auch weiterhin leisten? 

Thomas: Es braucht für freiwilliges Engagement immer auch Leute, die bezahlte Zeit haben, um das zu unterstützen. Das ist das, was wir letztendlich auch tun mit unseren beiden halben Stellen, die wir hier in Köln haben. Ganz viel geht es um das Vernetzen, Menschen zusammenzubringen. Es ist aber natürlich auch das, was wir als "Aktion Neue Nachbarn" machen: finanzielle Unterstützung. 

Es gibt einen großen Flüchtlingsfonds, wo man als Initiative ganz unkompliziert und einfach Mittel beantragen kann, um gute Ideen und Projekte finanzierbar zu machen. Das werden wir weiterhin tun, also das bleibt von all dem unbehelligt, sondern wir machen da weiter. 

Uli Thomas

"Man muss einfach verstehen, dass jemand, der zu uns nach Deutschland kommt und mit der Bürokratie hier für einen Asylantrag oder Ähnliches konfrontiert ist, alleine gar keine Chance hat."

DOMRADIO.DE: Welche Bedeutung hat denn da die Mitarbeit der freiwilligen Helferinnen und Helfer? 

Thomas: Ohne die geht gar nichts. Integration und Hilfe funktionieren nur eins zu eins, und das ist das, was diese Leute eben machen. Man muss einfach verstehen, dass jemand, der zu uns nach Deutschland kommt und mit der Bürokratie hier für einen Asylantrag oder Ähnliches konfrontiert ist, alleine gar keine Chance hat. Es ist nicht machbar. Wir Deutschen kommen ja schon nicht klar damit. Und die, die sprachlich nicht in der Lage sind, schaffen das noch viel weniger. 

Ein Ehrenamtlicher hilft einer geflüchteten Frau bei Formularen / © Harald Oppitz (KNA)
Ein Ehrenamtlicher hilft einer geflüchteten Frau bei Formularen / © Harald Oppitz ( KNA )

Die größte Arbeit und Leistung, die sie machen, ist tatsächlich ganz viel Formularhilfe und Begleitung. Lieber würden sie mit den Leuten fröhliche Dinge machen, aber das ist das, was sie tun müssen. Sie entlasten damit tatsächlich Stadt und Kommune und auch das Land, weil die sonst dafür sorgen müssten, dass das gemacht wird. 

Isabel Heinrichs

"Trotzdem gibt es immer noch sehr viele Menschen in Köln, die langfristig Familien, zum Teil auch mehrere Familien oder Personen begleiten."

DOMRADIO.DE: Wie ist denn da Ihre Erfahrung dabei? Gibt es viele Menschen, die sich freiwillig engagieren oder nimmt das ab? 

Heinrichs: Wir hatten natürlich Hochpunkte 2015/2016, wo viele Menschen angefangen haben, sich mehr zu engagieren. Dann gab es auch natürlich mit dem Überfall Russlands auf die Ukraine ab 2022 noch mal ein Hoch an deutlich mehr Engagement. Das nimmt ab. Gleichzeitig werden aber auch Kurzzeitengagements attraktiver, also dass man spontaner oder kürzere Engagements annimmt und da selber flexibler sein kann. 

Trotzdem gibt es immer noch sehr viele Menschen in Köln, die langfristig Familien, zum Teil auch mehrere Familien oder Personen begleiten und dadurch, wie schon angesprochen, die Stütze der Integration in unserer Stadt sind.

Das Interview führte Lara Burghardt.

Über die "Aktion Neue Nachbarn" im Erzbistum Köln

Menschen aus allen Teilen der Welt müssen vor Krieg, Katastrophen, Verfolgung oder bitterer Armut fliehen und kommen nach teils langen Reisen zu uns. Die "Aktion Neue Nachbarn", 2014 von Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki ins Leben gerufen, soll diesen Menschen helfen.

Zu den Zielen der Aktion gehören die Stärkung der Willkommenskultur für Flüchtlinge, die Förderung ihrer Integration im Erzbistum Köln, die Bedarfe von Flüchtlingen stärker in das Bewusstsein zu rücken und sowohl kirchliche und nicht-kirchliche Akteure und Initiativen zu vernetzen. 

Aktion neue Nachbarn – Flüchtlingshilfe im Erzbistum Köln / © https://aktion-neue-nachbarn.de/
Aktion neue Nachbarn – Flüchtlingshilfe im Erzbistum Köln / © https://aktion-neue-nachbarn.de/
Quelle:
DR