Anglikanische Kirche erwägt Absage an homosexuelle Bischöfe - Geteilte Resonanzen

Einlenken für die Einheit?

Der Vorschlag hochrangiger anglikanischer Geistlicher, keine homosexuellen Bischöfe mehr zuzulassen und keine gleichgeschlechtlichen Paare mehr zu segnen, ist innerhalb der Kirchengemeinschaft auf ein geteiltes Echo gestoßen. Liberale Bischöfe insbesondere aus Nordamerika äußerten sich am Dienstag in Canterbury kritisch, während konservative Würdenträger die Pläne befürworteten.

 (DR)

"Wir dürfen von unseren schwulen und lesbischen Geistlichen nicht verlangen, dass sie den Preis für den Streit bezahlen", sagte Bischof Stephen Lane aus dem US-amerikanischen Maine dem Informationsdienst "Episcopal Life". Sein Kollege Michael Ingham aus dem kanadischen Westminster erklärte, die Pläne gingen "an der Realität vorbei". Er lebe in einem Land, in dem Homosexuelle dieselben Rechte und Pflichten hätten wie alle Bürger, betonte er. Inghams Diözese hatte die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare 2002 erlaubt.

Konservative Geistliche, die zunächst anonym bleiben wollten, sagten dem Nachrichtensender BBC, die Vorschläge könnten traditionalistisch eingestellte Anglikaner wieder näher an die Weltgemeinschaft führen.

Angesichts der drohenden Spaltung der anglikanischen Kirche hatten sich am Montag hochrangige Geistliche dafür ausgesprochen, bis auf weiteres keine Homosexuellen mehr für das Bischofsamt zuzulassen. In dieser Frage sei dringend ein Moratorium nötig, erklärte die anglikanische Arbeitsgruppe "Windsor Continuation Group" am Montagabend in Canterbury. Noch bis Sonntag sind etwa 670 Bischöfe zu dem wichtigsten Beratungsgremium der anglikanischen Weltgemeinschaft versammelt.

Die anglikanische Weltgemeinschaft steckt in der Krise, seit 2003 der schwule US-Geistliche Gene Robinson zum Bischof von New Hampshire geweiht wurde. Konservative Kirchenführer vor allem aus Afrika, aber auch aus Nordamerika und Europa hatten heftig gegen diesen Schritt protestiert. In Canterbury findet derzeit die Lambeth-Konferenz statt, auf der 670 Bischöfe aus aller Welt über die Zukunft der Gemeinschaft beraten.

Die Arbeitsgruppe schlug weiter vor, keine gleichgeschlechtlichen Partnerschaften mehr zu segnen. Außerdem sollten «grenzüberschreitende Einmischungen» unterbleiben, erklärte der Vorsitzende, Bischof Clive Handford. Indirekt kritisierte er damit unter anderem konservative Kollegen aus den USA, die sich aus Protest gegen dortige liberale Tendenzen in Afrika hatten ordinieren lassen.

Die in dem Arbeitspapier erwähnten Moratorien waren innerhalb der anglikanischen Kirche schon öfter gefordert worden, hatten sich jedoch nicht durchgesetzt. Um Abweichler im Zaum zu halten, schlägt die Windsor-Gruppe daher die Einrichtung eines «Pastoralen Forums» vor. Dessen Kompetenzen müssten im Detail noch geklärt werden, sagte Handford. Dem Entwurf zufolge sollen die Mitglieder des Forums im Fall einer Konfliktsituation unter anderem «Besuche, Treffen und seelsorgerischen Beistand» auf Grundlage gemeinsamer Leitlinien anbieten.

Die Empfehlungen der Windsor-Gruppe sollen während der Lambeth-Konferenz zwar intensiv diskutiert, jedoch noch nicht zur Abstimmung gebracht werden. Eine Entscheidung könnte im Frühjahr nächsten Jahres fallen. Beobachter gehen davon aus, dass die Vorschläge im Zuge der Debatte noch aufgeweicht werden könnten.
Skepsis war nach der Präsentation am Montag sowohl aus dem liberalen als auch aus dem konservativen Lager zu vernehmen.

Die Windsor-Gruppe war Anfang 2008 von dem anglikanischen Ehrenoberhaupt Erzbischof Rowan Williams von Canterbury eingerichtet worden. Sie umfasst sechs hochrangige Geistliche aus verschiedenen Ländern, von denen keiner die Weihe von Homosexuellen zu Bischöfen befürwortet. Zu den bisherigen Vorschlägen der Gruppe gehört auch einer über ein internationales Beratungsgremium namens «Anglikanische Kommission für Glauben und Ordnung». Amerikanische und kanadische Bischöfe sind dem Entwurf gegenüber misstrauisch, weil sie eine autoritäre Einrichtung mit disziplinarischen Befugnissen fürchten.

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