Attentate bedrohen Papst und Vatikan seit Jahrhunderten

Mafia, Terroristen und viele ungeklärte Fälle

Die Asien-Reise von Papst Franziskus wird von mutmaßlichen Attentatsplänen begleitet. Neu sind Anschlagspläne gegen den Papst nicht. Vatikanexperte Ulrich Nersinger blickt zurück auf vergangene Anschläge gegen Papst und Vatikan.

Autor/in:
Tim Helssen
Attentat auf Papst Johannes Paul II. durch den türkischen Terroristen Mehmet Ali Agca auf dem Petersplatz im Vatikan am 13. Mai 1981.  / © Pool (KNA)
Attentat auf Papst Johannes Paul II. durch den türkischen Terroristen Mehmet Ali Agca auf dem Petersplatz im Vatikan am 13. Mai 1981. / © Pool ( KNA )

DOMRADIO.DE: Im Jahr 1867 kamen Aufständische nach Rom. Giuseppe Garibaldi hatte sie versammelt, um den Kirchenstaat zu erobern. Das war offenbar eine sehr blutige Angelegenheit. 

Ulrich Nersinger (Vatikan-Kenner und Journalist): Ja, und dabei kam es unter anderem zu einem Attentat auf eine Kaserne päpstlicher Soldaten. Dieses Attentat hatte leider Erfolg. Es gab eine ganze Reihe von Toten. 

Vatikanexperte Ulrich Nersinger (EWTN)
Vatikanexperte Ulrich Nersinger / ( EWTN )

Insgesamt waren es an die 20 Tote, nicht nur Soldaten, sondern auch viele zivile Opfer kamen zu Schaden. Denn in der Nähe der Kaserne befand sich ein kleines Waisenhaus. Unter den Toten waren deshalb auch viele Kinder. Eine sehr blutige Angelegenheit also. 

DOMRADIO.DE: Diese Attentäter gehörten denn auch zu den letzten Personen, die im Vatikan zum Tode verurteilt wurden. Wurden diese Urteile auch tatsächlich vollstreckt? 

Nersinger: Tatsächlich wurden diese Strafen vollstreckt. Im Grunde war es eigentlich immer so, dass der Papst bemüht war, Todesstrafen in lebenslange Haft umzuwandeln. Er hatte keine große Absicht, diese Todesstrafen ausführen zu lassen. Aber weil die Täter keine Reue zeigten und doch sehr viele Opfer zu beklagen waren, darunter auch Zivilisten und Kinder, widersetzte der Papst sich einer Vollstreckung der Todesstrafe damals nicht. 

DOMRADIO.DE: Damals wurden die Täter also gefasst und bestraft. Mysteriös bleiben dagegen die Hintergründe einer Reihe von Bombenattentaten in den 1950er- und 60er-Jahren. Was war denn da los? 

Nersinger: Da wissen wir eigentlich, was die Hintergründe betrifft, so gut wie nichts. Das wird zumindest geheim gehalten. Tatort war damals eigentlich immer die Petersbasilika. Es wurden mehrfach Brandsätze in Sankt Peter gelegt.  1950, im Heiligen Jahr, wurde ein solcher Brandsatz gefunden. 1961 gab es einen Brandsatz, der dann auch gezündet wurde. 

Eine Statue von Papst Clemens X. wurde dadurch stark beschädigt. Sehr schlimm hätte ein Vorfall im Jahr 1962 enden können. Am Vortag der Konzilseröffnung wurden mehrere Brandsätze durch Zufall gefunden. Auch hier wissen wir nicht, was die Hintergründe sind. 

Ulrich Nersinger

"Entweder möchte man das nicht weiter bekannt geben oder man weiß wirklich bis zum heutigen Tag nicht, wer hinter diesen Attentaten steckte."

Der Vatikan hält sich da zurück. Entweder möchte man das nicht weiter bekannt geben oder man weiß wirklich bis zum heutigen Tag nicht, wer hinter diesen Attentaten steckte. Aber größeres Unglück konnte verhindert werden. 

DOMRADIO.DE: Und man kann ja leider kaum über Italien und Kriminalität sprechen, ohne auf die Mafia zu kommen. Papst Johannes Paul II. zog den Zorn der Mafia auf sich, weil er sie im Jahr 1993 in einer Predigt auf Sizilien aufforderte, das Morden zu beenden. Was war die Reaktion der Cosa Nostra?

Nersinger: Die Worte des Papstes waren sehr eindeutig, ungewöhnlich eindeutig. Man merkt, wenn man sich einmal die Filmaufnahmen anschaut, die es von dieser Predigt gibt, wie zornig der Papst wurde. 

Auf diese harten Worte des Papstes hat die Cosa Nostra auf ihre Weise reagiert. In der Nacht vom 27. auf den 28. Juli 1993 explodierten dann Brandsätze, insbesondere vor der römischen Kirche San Giorgio in Velabro. Dieses altchristliche Gotteshaus wurde durch diese Autobombe erheblich beschädigt. Gott sei Dank waren keine Toten zu beklagen. 

Ulrich Nersinger

"Denn Verletzungen im Kampf gegen das Böse solle man nicht verstecken, so der Papst. "

Aber die über 100 Kilo schwere Autobombe fügte der historischen Fassade der Kirche erheblichen Schaden zu und es mussten Renovierungsarbeiten durchgeführt werden.

Papst Johannes Paul II. (Archiv) / © Anton Fuchs (KNA)
Papst Johannes Paul II. (Archiv) / © Anton Fuchs ( KNA )

Papst Johannes Paul II. entschied sich daraufhin gegen einen perfekten Wiederaufbau. Denn Verletzungen im Kampf gegen das Böse solle man nicht verstecken, so der Papst. 

DOMRADIO.DE: Das sind ja alles Attentate, die erfreulicherweise schon etwas länger zurückliegen. Wie ist steht es denn heute um die Bedrohungslage im Vatikan? 

Nersinger: Man hält sich aus verständlichen Gründen auch in dieser Hinsicht im Vatikan bedeckt, wenn solche Verdachtsmomente auftauchen. Vor einiger Zeit drang Auto bis zum Innenhof des Apostolischen Palastes vor. 

Ulrich Nersinger

"Eine gewisse Gefahrenlage ist immer gegeben, insbesondere bei Auslandbesuchen."

Es hieß damals, es sei eine harmlose Sache gewesen, aber andere Quellen sagten, dass man in dem Auto einige gefährliche Gegenstände vorfand. 

Polizeiauto auf dem Petersplatz (Archiv) / © stigmatize (shutterstock)
Polizeiauto auf dem Petersplatz (Archiv) / © stigmatize ( shutterstock )

Solche Dinge tauchen immer wieder auf, aber man ist seitens des Vatikans natürlich bemüht, diese Vorfälle, nicht zu groß zu thematisieren. Ob das eine gute Strategie ist, weiß ich nicht. Aber eine gewisse Gefahrenlage ist immer gegeben, insbesondere bei Auslandsreisen. Das haben wir ja jetzt bei der jüngsten Auslandsfahrt des Papstes auch wieder erlebt. 

Das Interview führte Tim Helssen.

Quelle:
DR