Auch Bischofs- und Klosterweingüter spüren Alkoholfrei-Trend

Null Prozent

Nach dem Hopfen die Trauben. Weil die Deutschen immer weniger Alkohol trinken, bieten jetzt auch Weingüter mit kirchlichem Hintergrund Wein ohne Promille an. Aber wie gerne machen sie das? Zwei Beispiele von der Mosel und dem Rhein.

Autor/in:
Hilde Regeniter
Weintrauben in der Sonne / © Lichtwolke (shutterstock)

Alkoholfreier Rebsaft von bischöflichen Weinbergen? Dieser Trend ist in Trier noch ganz frisch. Schon in den 1960er-Jahren schlossen sich die verschiedenen Weingüter der verschiedenen diözesanen Institutionen zusammen – zu den Bischöflichen Weingütern Trier mit Weinbergen in Spitzenlagen; erst im vergangenen Sommer gingen dort die ersten Rieslinge ohne Umdrehung in den Verkauf. 

Julia Lübcke, Direktorin der Bischöflichen Weingüter Trier / © Anna Fries (KNA)
Julia Lübcke, Direktorin der Bischöflichen Weingüter Trier / © Anna Fries ( KNA )

"Die Nachfrage war von Anfang an sehr gut – und die Reaktionen auch", freut sich Güterdirektorin Julia Lübcke. Dass sich die Kundinnen und Kunden auch in Sachen Aroma ziemlich zufrieden zeigten, erklärt die Weinbauingenieurin mit dem besonderen Herstellungsverfahren. 

Vorgehen bei der Entalkoholisierung

Denn während viele andere alkoholfreie Weine als trockene Grundweine in die Entalkoholisierung gehen und dann mit Traubensaftkonzentrat nachgesüßt werden müssen, haben sich die Bischöflichen Weingüter gemeinsam mit ihrem Partner für den Alkoholentzug dazu entschieden, mit einem Kabinettswein einen bereits restsüßen Wein in die Entalkoholisierung zu geben, dafür aber auf die nachträgliche Süßung zu verzichten. 

Weinberge der Bischöflichen Weingüter Trier (Bischöfliche Weingüter Trier)

Das habe eine "enorme Veränderung" in der Geschmackswahrnehmung gebracht, sagt Lübcke. "Der Wein wirkt wesentlich natürlicher, harmonischer und einfach sehr nah dran an unserem Mosel-Riesling Kabinett."

So oder so bedeute die Herstellung des Null-Promille-Weins einen zusätzlichen Produktionsschritt. "Weil er eine sogenannte Vakuum-Destillation durchlaufen muss. Das können wir nicht selbst machen, dafür müssen wir mit einem Spezialisten zusammenarbeiten." 

(Zu) hoher Aufwand

Dieser Aufwand ist auch einer der Gründe, warum sich die Benediktinerinnen vom Klosterweingut Sankt Hildegard Rüdesheim bisher gegen die Eigenproduktion alkoholfreien Weins entschieden haben. 

Benediktinerschwester Thekla Baumgart, Winzerin und Leiterin des Klosterweinguts der Abtei Sankt Hildegard / © Julia Steinbrecht (KNA)
Benediktinerschwester Thekla Baumgart, Winzerin und Leiterin des Klosterweinguts der Abtei Sankt Hildegard / © Julia Steinbrecht ( KNA )

"Wir haben das schon oft diskutiert", erzählt Sr. Thekla Baumgart, übrigens die einzige Ordensfrau Deutschlands, die gleichzeitig Winzerin ist; genauso wie ihr Klosterweingut das einzige noch von einem Orden bewirtschaftete der Republik ist. "Aber wir sind mit unseren sieben Hektar nur ein kleines Gut und für eine Entalkoholisierung müssten wir mindestens 1.000 Liter abliefern", sagt Sr. Thekla. 

Stattdessen beziehen sie jetzt alkoholfreien Wein über den Rheingauer Weinbau Verband und bieten ihn in der klostereigenen Vinothek zum Verkauf. "Das läuft super und kommt bei den Leuten wirklich gut an". Die Benediktinerin selbst allerdings würde eher nicht zum alkoholfreien Wein greifen. "Wenn ich das Wort Wein höre, habe ich schon ein bestimmtes Geschmacksprofil im Kopf; da werde ich vom alkoholfreien Wein einfach enttäuscht und trinke lieber Wasser oder Saft", sagt sie. 

Gute Gründe für alkoholfreie Alternativen

Das geht Weinliebhaberin Julia Lübcke von den Bischöflichen Weingütern Trier ähnlich. "Ich trinke schon aus beruflichen Gründen an mehreren Abenden der Woche Wein; zu anderen Gelegenheiten dann lieber etwas ganz Anderes", sagt sie und betont: "Der klassische Wein in seiner Komplexität und Möglichkeit, Terroir abzubilden und Geschmackserlebnisse zu bieten ist einfach nicht ersetzbar und wird bei uns auch immer die erste Geige spielen." 

Andererseits kann und will sie sich mit ihrem Team dem Alkoholfrei-Gebot der Gegenwart nicht verweigern. Denn natürlich weiß auch Julia Lübcke, dass viele Situationen regelrecht nach alkoholfreien Varianten rufen: etwa, wenn nach einem feucht-fröhlichen Abend noch eine Autofahrt ansteht oder der Arzt Promillehaltiges verboten hat.

Weinfässer (Bischöfliche Weingüter Trier)

Den Unterschied zu Softdrink oder Saftschorle macht in ihren Augen allein schon die Form der Präsentation aus. Es sei doch etwas gänzlich Anderes, mit alkoholfreiem Sekt im Champagnerkelch anzustoßen als mit Mineralwasser im schlichten Sprudelglas. 

Übrigens kam Lübcke in der Erprobungsphase des neuen alkoholfreien Weins von Bischofsgütern zupass, dass ihr Ehemann prinzipiell keinen Tropfen Alkohol anrührt und als Testtrinker Rückmeldung gab. Die fiel ähnlich gut aus wie dann später auch die der Kundschaft: "Sehr schön, das macht Spaß." Und so hat die Güterdirektorin mit ihren Leuten jetzt im Sommer 2024 dem Riesling Zero noch eine Schaumwein-Variante an die Seite gestellt und glaubt, dass weitere Angebote folgen werden. 

Eine Frage des richtigen Maßes

Unterdessen hat sich bei Sr. Thekla eine Grundskepsis gegenüber nullprozentigen Wein gehalten. Sie kann selbstverständlich nachvollziehen, dass Menschen gesünder leben und weniger Alkohol zu sich nehmen wollen. Das sei allerdings eher eine Frage des richtigen Maßes. 

Schließlich ist der Wein in ihren Augen vor allem auch Kulturgut und Gabe Gottes. "Uns hier im Rheingau oder an der Mosel oder in anderen Anbaugebieten ist der Wein doch geschenkt, er prägt unsere Natur, Geschichte und Gesellschaft." Warum sollte man das verteufeln? 

Außerdem kommt ihr an dieser Stelle ein kulinarischer Vergleich in den Sinn: "Wir wollen vegan leben, aber trotzdem Bratwurst essen und bestellen dann diese vegane Bratwurst", so die Ordensfrau. Mit dem Wein ohne Alkohol sei es genauso und da sollten wir uns doch besser entscheiden, findet sie. 

Ja oder nein, Alkohol oder eben kein Alkohol, aber dann bitte auch offensichtlich keinen. Es gebe zum Beispiel sehr leckeres Hibiskuswasser, erzählt sie. Das mache erst gar nicht auf Wein und sei doch eine tolle Alternative. "Überhaupt muss man nicht jeden Hype mitmachen." 

Messwein und Traubenmost

Zum Thema Messwein ohne Alkohol hat die Deutsche Bischofskonferenz übrigens in ihrer Messweinverordnung von 1994 festgelegt, dass im Ausnahmefall auch Traubenmost im Kelch zulässig ist. 

Allerdings nur dann, wenn der Zelebrant nachweislich aus gesundheitlichen Gründen keinen Alkohol trinken darf und sich eine ausdrückliche Erlaubnis von seinem Ortsbischof eingeholt hat.

Quelle:
DR