Ausstellung zeigt Turiner Grabtuch in Bonn

Die geheimnisvollste Ikone der Christenheit

Das Turiner Grabtuch ist eine der wichtigsten Ikonen der katholischen Kirche. Zu sehen ist das wertvolle Objekt selten und wenn, dann mit großem Andrang. Zum Heiligen Jahr zeigt eine Wanderausstellung in Deutschland jetzt die Replik.

Autor/in:
Ina Rottscheidt
Neben der Replik des Grabtuches wurde auch die Dornenkrone nachgestellt / © Ina Rottscheidt (DR)
Neben der Replik des Grabtuches wurde auch die Dornenkrone nachgestellt / © Ina Rottscheidt ( DR )

"Für damalige Verhältnisse muss Jesus mit 1,80 Metern Körpergröße geradezu ein Riese gewesen sein", sagt Hermann Josef Rübbelke und deutet auf das über vier Meter lange und 1,10 Meter breite Leinentuch: Zwischen den markanten Brandlöchern zeichnen sich feine Gesichtszüge ab, weiter unten übereinander gelegte Hände. Es handelt sich um eine originalgetreue Replik des Turiner Grabtuches, das viele Gläubige als das Stück Leinen verehren, in dem Jesus von Nazareth nach seiner Kreuzigung begraben worden sein soll.  

Rübbelke ist Mitglied des Laienordens der Priesterbruderschaft St. Pius X. und Initiator der (Link ist extern)Ausstellung, die anlässlich des Heiligen Jahres in der Fastenzeit durch ganz Deutschland wandert. Seit 15 Jahren beschäftigt er sich mit dem Grabtuch, es fasziniert ihn bis heute: "Man blickt in das Antlitz Christi", sagt er. 

Echt oder nicht echt?

Das Turiner Grabtuch gilt als die am meisten verehrte Ikone der Christenheit. Kirchenleute, Gläubige und Forschende streiten bis heute über seine Echtheit. Lange hatten Wissenschaftler geglaubt, es stamme aus dem Mittelalter, rund 700 Jahre nach Jesu Geburt. (Link ist extern)Neuere Forschungsergebnisse deuten hingegen darauf hin, dass das Tuch doch etwa 2.000 Jahre alt sein könnte, was mit der Zeit übereinstimmt, in der Jesus lebte. Historiker gehen davon aus, dass er im Jahr 33 n. Chr. gekreuzigt wurde. 

Hermann Josef Rübbelke, Organisator der Ausstellung / © Ina Rottscheidt (DR)
Hermann Josef Rübbelke, Organisator der Ausstellung / © Ina Rottscheidt ( DR )

"Ein weiterer Hinweis für die Echtheit kommt vom Blütenstaub, der auf dem Grabtuch entdeckt wurde", erklärt Rübbelke und deutet auf eine Schautafel: Blütenstaub von Pflanzen, die vor allem im Mittelmeerraum und im Großraum Jerusalem wachsen. Die Ausstellung im Bonner Priorat Christ König wird durch Informationen zum Forschungsstand und der Geschichte des Grabtuches ergänzt. 

Historisch korrekte Darstellung

Ein weiteres Argument für die Echtheit, erzählt er, seien die sich auf dem Grabtuch abzeichnenden Hände, die Verletzungen durch das Einschlagen der Nägel bei der Kreuzigung aufweisen, und zwar nicht in den Handtellern, betont er, sondern in den Handwurzeln, am Übergang zum Unterarm. Dabei handele es sich um die "historisch korrekte Form", sagt Rübbelke: "So, wie die Römer zur Zeit Christi Menschen ans Kreuz geschlagen haben, weil nur so das Gewicht des Körpers am Kreuz überhaupt getragen werden konnte. 

So könnten die Nägel, mit denen Jesus gekreuzigt wurde, ausgesehen haben / © Ina Rottscheidt (DR)
So könnten die Nägel, mit denen Jesus gekreuzigt wurde, ausgesehen haben / © Ina Rottscheidt ( DR )

Und eben nicht durch Einschlagen der Nägel mitten in die Hand, wie es Darstellungen von der Kreuzigung seit dem Frühmittelalter zeigen." Ein möglicher Fälscher im Spätmittelalter hätte diese historisch korrekte Form der Kreuzigung nicht kennen können, weil sie seit Jahrhunderten falsch dargestellt wurde, sagt er. In der Welt der Wissenschaft kursieren viele Theorien für und wider die Echtheit des Tuches, die katholische Kirche selbst hat sich nie offiziell dazu geäußert. Außer Frage steht jedoch, dass es als wichtiges Zeugnis des Glaubens gewertet wird, das eine Verbindung zwischen den Gläubigen und Gott schafft. 

Wanderausstellung macht Station in Bonn

Für Pater Christian Schneider bestehen hingegen keine Zweifel: Der Leiter des Priorates Christkönig in Bonn, wo die Ausstellung derzeit (28. bis zum 30. März 2025) Station macht, ist davon überzeugt, dass es sich um das Grabtuch Christi handelt. "Und je mehr die Forscher untersuchen, desto mehr kommen sie zu dem Schluss, dass das Tuch 2000 Jahre alt ist und wir denjenigen sehen, den die Bibel uns als Jesus Christus beschreibt", sagt er. 

Pater Christian Schneider, Prior von Christkönig in Bonn / © Ina Rottscheidt (DR)
Pater Christian Schneider, Prior von Christkönig in Bonn / © Ina Rottscheidt ( DR )

Auch das Original, das im Turiner Dom aufbewahrt und nur selten der Öffentlichkeit präsentiert wird, hat er schon gesehen und findet es bis heute beeindruckend: "Es beweist, dass Jesus gelebt hat, dass er gelitten hat und auferstanden ist, wie es die Heilige Schrift sagt."

Zu einer Weltsensation wurde das Grabtuch, als der Fotograf Secondo Pia es im Jahr 1898 ablichtete und bei der Entwicklung seiner Filme feststellte, dass die Negative ein Positiv mit zahlreichen Details zeigten: Ein plastisches, lebensnahes Abbild der Person, die in dem Tuch zu Grabe getragen worden war. 

Turiner Grabtuch (dpa)

Für Pater Schneider hat dies eine unschätzbare Bedeutung: "Wie das Foto eines geliebten Menschen", sagt er. "Sie können sehen, wie Jesus im Leben und im Tod ausgesehen hat. Wenn man das Bild betrachtet, sieht man nicht eine Person, die gerade gefoltert und hingerichtet wurde, sondern ein majestätisches Antlitz."

Viele offene Fragen

Bis heute rätseln Wissenschaftler, wie ein menschlicher Körper eine so präzise Abbildung auf der Oberfläche des Stoffes erzeugen konnte. Farbpigmente, die auf ein von Menschenhand gefertigtes Artefakt hindeuten würden, sind nicht nachweisbar. Forschungstheorien weisen darauf hin, dass eine hohe Strahlungsenergie das Abbild erzeugt haben könnte. 

Es bleibt die geheimnisvollste Ikone der Christenheit, einige Rätsel kann auch die Wissenschaft nicht klären, da bleibt allein der Glaube, darin sind sich Pater Schneider und Hermann Josef Rübbelke einig. Die Ausstellung richte sich jedoch nicht nur an Gläubige und Gemeindemitglieder, sondern auch an Nichtchristen und Zweifler. Die Hoffnung der beiden: Dass sich die Besucherinnen und Besucher von diesem Grabtuch berühren lassen. "Und dass sie erfahren", fügt Schneider hinzu, "dass Christus für uns der Heiland und Erlöser ist. So kann man sich gut auf die Kartage und die Auferstehung an Ostern vorbereiten."

Turiner Grabtuch

Zu den weltbekannten Attraktionen Turins gehört das Turiner Grabtuch. Das 4,36 mal 1,10 Meter große Leinentuch zeigt den Doppel-Abdruck eines kräftig gebauten, 1,81 Meter großen Mannes mit Bart und langem Haar. Es wird seit 1578 im Turiner Dom aufbewahrt.

Das Turiner Grabtuch / © Paul Haring (KNA)
Quelle:
DR

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