Bei der Herbstvollversammlung des Landeskomitees der Katholiken zeigte sich der Wiener Pastoraltheologe Paul Zulehner überzeugt, dass Papst Franziskus neue Formen des Priestertums zulassen werde. "Wir werden das noch erleben, wenn niemand den Papst erschießt oder vergiftet", sagte er am Wochenende in München.
Zugleich forderte der Theologe die Katholiken auf, ihren Bischöfen "auf die Füße zu treten". Es sei "ein Unrecht, wenn man die Feier der Eucharistie gläubigen Gemeinden wegnimmt und der Ehelosigkeit der Priester unterordnet". Alle Zulassungsbedingungen zur Weihe stünden zur Debatte. Dies gelte für Bildung, Geschlecht und Lebensform.
Priesterweihe von "viri probati"
Der Münchner Kardinal Reinhard Marx zeigte sich offen für die Diskussion. So solle die Möglichkeit, bewährte verheiratete Männer (viri probati) zu Priestern zu weihen, einmal gründlich durchdacht und "in der ganzen Bandbreite" der Problematik besprochen werden.
Papst Franziskus spreche mit einigen über diese Möglichkeit, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Es sei aber nicht so, dass es von Rom direkt einen Anstoß gebe, das Thema jetzt anzugehen. Von daher könne er "nichts versprechen". Auch sehe er bei der Frauenfrage "keinerlei Bewegung".
Inhalte vor Strukturfragen
Das Landeskomitee beriet zum Thema "Der Kirche ein Gesicht geben - Neue Schläuche für jungen Wein". Zulehner riet dem Gremium, sich weniger mit Strukturfragen, sondern mit Inhalten zu befassen. So stelle sich die Frage, was die Kirche aus dem Schatz des Evangeliums für die "Angstgesellschaft in Deutschland und Europa" anzubieten habe.
Dabei solle sich Kirche nicht als "Dienstleistungsbetrieb" verstehen, sondern als "Gemeinschaft, die Dienste leistet", vor allem an den Armen und Ausgegrenzten sowie zur Bewahrung der Schöpfung. Auch müsse klug ausbalanciert werden, was auf lokaler und was auf regionaler Ebene geleistet werden könne.
Soziale Ungerechtigkeit nicht hinnehmbar
Beschlüsse wurden keine gefällt. Mehrere Sprecher fassten die noch nicht abgeschlossene Diskussion in Thesen zusammen. So sei etwa für Katholiken die soziale Ungerechtigkeit nicht hinnehmbar. Sie müssten ihre Stimme dort erheben, wo gegen die Menschenwürde verstoßen werde.