Das am Dienstag vorgestellte Dokument mit dem Titel "Das Alter - unsere Zukunft" wurde von der Päpstlichen Akademie für das Leben und der Vatikanbehörde für ganzheitliche Entwicklung erarbeitet.
Offenheit und Gegenseitigkeit zwischen Jung und Alt
Die unverhältnismäßig hohe Zahl an Covid-Toten in Senioren- und Pflegeheimen weltweit ist demzufolge nur ein Warnsignal, dass im gesellschaftlichen Umgang mit alten Menschen etwas nicht stimme. Den schon länger anhaltenden demografischen Wandel nennt das Dokument "eine kulturelle, anthropologische und ökonomische Herausforderung". Senioren, die nicht mehr im Produktionsprozess stehen, seien keineswegs nur Last oder Kostenfaktor, sondern vielmehr ein Geschenk und eine Bereicherung.
Um diese zu nutzen, brauche es "viel mehr Offenheit und Gegenseitigkeit zwischen jungen und alten Menschen", so Bruno-Marie Duffe von der Behörde für Entwicklung bei der Vorstellung. Vielerorts lebten inzwischen schon vier Generationen gleichzeitig nebeneinander. Da aber die traditionelle Großfamilie meist verschwunden, Arbeitsverhältnisse drastisch verändert und damit Mobilität gestiegen sei, brauche es kreative Modelle, alte Menschen stufenweise und individuell zu unterstützen.
Es brauche einen möglichst kontinuierlichen Übergang von der eigenen Wohnung gegebenenfalls bis zur stationären Langzeitpflege. Neue Formen professioneller wie ehrenamtlicher nachbarschaftlicher Hilfe könnten ebenso hilfreich sein wie neue Technologien von Telemedizin bis künstlicher Intelligenz. Unterstützung, aber nur wo nötig, bräuchten nicht nur die Alten, sondern auch die Jungen, die sich kümmern. Zu diesen gehörten nicht nur Verwandte, sondern zunehmend Freunde und Nachbarn.
Änderung der Einstellung gegenüber Senioren nötig
Eine durchgehende Stärkung sämtlicher Pflegeberufe fordern die Vatikanbehörden ebenfalls. Gleichzeitig warnen sie vor gesellschaftlichen und rechtlichen Tendenzen, alte Menschen noch schneller "zu entsorgen". "Gebrechlichen das Lebensrecht zu nehmen, heißt, allen - vor allem den Jungen - Hoffnung auf die Zukunft zu nehmen", heißt es in dem Dokument.
Wichtiger als rechtliche, organisatorische oder technische Veränderungen seien "ein tiefgreifender Sinneswandel und eine Änderung der Einstellung gegenüber der Vorstellung gebrechlicher alter Menschen", so der Präsident der Akademie für das Leben, Erzbischof Vincenzo Paglia. Statistiken, nach denen in Familien weniger alte Menschen an Covid starben als in Heimen, seien Indiz dafür, dass "Liebe und Leidenschaft mit das wirksamste Vakzin" seien.