Die Kommission soll unter anderem Regelungen des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafrechts prüfen. Sie soll Ende März eingesetzt werden und ein Jahr lang unabhängig arbeiten.
Bischof Bätzing warnt vor gesellschaftlicher Polarisierung
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, warnte am Donnerstag zum Abschluss der Vollversammlung der Bischöfe in Dresden vor einer neuen gesellschaftlichen Polarisierung. Dass eine Streichung des Abtreibungsparagrafen 218 das verfassungsrechtlich garantierte Lebensrecht des ungeborenen Kindes in gleicher Weise oder besser schützen solle als die gegenwärtige Regelung, sei für ihn nicht einsichtig.
SPD, Grüne und FDP hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag auf die Einsetzung einer solcher Kommission verständigt, deren offizieller Titel "Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin" lautet. Als "reproduktive Selbstbestimmung" wird in erster Linie die freie Entscheidung zur Elternschaft sowie über deren Zeitpunkt und die Anzahl der Kinder bezeichnet.
Der Limburger Bischof betonte, die Gesellschaft und insbesondere die politischen Verantwortlichen stünden in der Pflicht, die in Paragraf 218 gefundene Regelung nicht ohne triftigen Grund aufs Spiel zu setzen. Das Grundgesetz schütze sowohl Selbstbestimmung und Gesundheit der Frau als auch das ungeborene Kind als selbstständiges Rechtsgut. Dabei habe das Bundesverfassungsgericht klargestellt, dass zwischen ungeborenem und geborenem Leben kein Unterschied gemacht werden könne.
Bätzing mahnt sorgfältige Prüfung an
Bätzing mahnte die Kommission, sie müsse eine sehr sorgfältige Prüfung vornehmen. "Sie sollte multidisziplinär zusammengesetzt sein und neben den rechtlichen und medizinischen auch die ethischen und psychosozialen Aspekte in ihre Prüfung einbeziehen." Auch die Kirche werde sich weiter an der Debatte beteiligen.
Der Bischof forderte eine Beibehaltung der ergebnisoffenen Beratungspflicht. Sie schütze auch die Interessen der Frauen. "Das gilt insbesondere für Frauen, die zum Beispiel von ihren Partnern oder dem familiären Umfeld unter Druck gesetzt werden, für Frauen in starken Ambivalenzen, für alle Frauen in vulnerablen Lebenslagen überhaupt."
Als irritierend bezeichnete es Bätzing, dass in der politischen Diskussion häufig der Eindruck erweckt werde, bei einer ungewollten Schwangerschaft liege die Lösung einzig darin, einen Schwangerschaftsabbruch durchführen zu können. "Mir erscheint es notwendig, in der Debatte auch nach den dahinterliegenden Gründen zu fragen, warum sich die einzelnen schwangeren Frauen ein Leben mit dem Kind nicht vorstellen können, und dann entsprechende Hilfen anzubieten und die Rahmenbedingungen zu verbessern."
Caritas verweist auf Selbstbestimmungsrecht und Lebensrecht
Zuvor hatte die Caritas die Kommission grundsätzlich begrüßt. Bei der Prüfung müsse jedoch klar sein, dass das Selbstbestimmungsrecht der Frau und das Lebensrecht des ungeborenen Kindes untrennbar nebeneinander stehen, erklärten der katholische Wohlfahrtsverband sowie sein Fachverband Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) am Donnerstag in Berlin.
Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa erklärte, es sei gut, dass der Kommission neben Juristen und Juristinnen auch Medizinethikerinnen und -ethiker angehören. Zugleich forderte Welskop-Deffaa, dass das verpflichtende Beratungsgespräch, das jede Frau führen muss, wenn sie einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen will, erhalten bleiben müsse. Dies diene sowohl dem Schutz des ungeborenen Kindes als auch der Selbstbestimmung der Frauen.
Die Union erklärte unterdessen, dass die Kommission mit einer schweren Hypothek starte, weil es seitens Familienministerin Lisa Paus (Grüne) eine Vorfestlegung gebe. Sie habe sich mehrfach dafür ausgesprochen, den Abtreibungsparagrafen 218 aus dem Strafgesetzbuch zu streichen, erklärte der rechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Günter Krings (CDU), am Mittwochabend.
Unterdessen hatten der Beratungsverband Pro Familia und die Arbeiterwohlfahrt am Mittwoch erklärt, der Abtreibungsparagraf stigmatisiere Menschen, die einen selbstbestimmten Schwangerschaftsabbruch vornähmen, und diejenigen, die ihnen das ermöglichten. Dies laufe auch Deutschlands internationalen Menschenrechtsverpflichtungen zuwider.
Nach derzeitiger Gesetzeslage ist ein Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich rechtswidrig; er bleibt jedoch straflos, wenn er in den ersten zwölf Wochen vorgenommen wird. Zudem muss die Frau sich zuvor beraten lassen, und zwischen Beratung und Abbruch müssen mindestens drei Tage liegen. Ausdrücklich nicht rechtswidrig ist eine Abtreibung nach einer Vergewaltigung sowie bei Gefahr für das Leben oder die körperliche oder seelische Gesundheit der Schwangeren.