Am Ende musste Kardinal Felipe Arizmendi Esquivel die aufgeregten Gemüter beruhigen. Der Altbischof von San Cristobal de las Casas aus Mexikos Unruheregion Chiapas stellte klar, dass die katholische Kirche keine Pakte mit den Kartellen des organisierten Verbrechens schließe.
Tatsächlich habe die Kirche die Absicht, Kriminelle davon zu überzeugen, ihr Leben zu ändern und die Menschen und deren Eigentum zu respektieren. Es gehe darum, sie zu bitten, nicht noch mehr Gewalt zu erzeugen.
Gespräch mit den Kartellen
Vorausgegangen war eine ausführliche Berichterstattung in den mexikanischen Medien über die Initiative von vier Bischöfen, die in der Unruheprovinz Guerrero das Gespräch mit den Kartellen gesucht hatten: "Die Bischöfe versuchen, mit diesen Bandenführern zu sprechen, denn wir können uns nicht nur über die Regierung beschweren, die es nicht geschafft hat, das Land zu befrieden", sagte Kardinal Arizmendi vor wenigen Tagen. Guerrero gilt als einer der Brennpunkte von Gewalt und Kriminalität.
Aufgabe der Politik
Das Thema schlägt hohe Wellen, denn eigentlich ist es Aufgabe der Politik, sich der Problematik anzunehmen. Mexikos linksgerichteter Präsident Andres Manuel Lopez Obrador hatte versucht, mit einem Kurswechsel die Kriminalität zu bekämpfen. "Umarmen statt schießen" - so lautete sein Konzept. Doch dieses ist eindrucksvoll gescheitert: Am Ende seiner sechsjährigen Amtszeit wird die Zahl der Tötungsdelikte einen neuen Höchststand erreichen.
Täglich werden in Mexiko im Durchschnitt 90 Menschen umgebracht. Die Macht der Kartelle ist noch einmal gestiegen. Die Bischöfe seien angesichts der Ohnmacht des Staates geradezu gezwungen, Gespräche mit den mächtigen Bandenchefs aufzunehmen, sagte Guadalajaras Kardinal Jose Francisco Robles Ortega.
Präsident begrüßt Gesprächsinitiative der Geistlichen
Zwischen der Kirche und Präsident Lopez Obrador kam es zuletzt immer wieder zu Diskussionen über die Sicherheitspolitik. Weil auch Kirchenvertreter selbst Opfer von Gewalt und Erpressung wurden, riefen die mexikanischen Bischöfe die Regierung auf, ihre Strategie zu überdenken. Nun stellte sich Lopez Obrador hinter die jüngste Gesprächsinitiative der Geistlichen, die darauf abzielt, die Banden zu einem Waffenstillstand zu bewegen.
Die Hilfe der Kirchen sei wichtig bei der Befriedung des Landes, sagte Lopez Obrador jüngst während einer Pressekonferenz in Mexiko-Stadt. "Ich sehe das als sehr gut an, ich denke, wir alle müssen zum Frieden beitragen." Grundsätzlich liege die Verantwortung für die Gewährleistung von Frieden und Sicherheit jedoch immer noch beim Staat: "Das muss ganz klar sein."
Zuvor hatte die Zeitung "El Universal" berichtet, dass vier Bischöfe den Bandenbossen in der Provinz Guerrero eine Waffenruhe vorgeschlagen hätten. Dabei soll es Gespräche mit führenden Vertretern von mindestens zwei Drogenkartellen, den "Tlacos" und der "Familia" gegeben haben.
Bischöfe wollen nicht aufgeben
Einer der beteiligten Bischöfe, Jose de Jesus Gonzalez Hernandez aus der Diözese Chilpancingo-Chilapa, sagte der Zeitung, die Bandenführer hätten sich geweigert, dem Vorschlag zuzustimmen, weil sie nicht bereit seien, einen Teil der von ihnen kontrollierten Gebiete abzutreten. "Sie sind gierig nach Geld, gierig nach Macht, und damit können wir nichts erreichen", sagte der Bischof. Trotz der Absage wollen die Kirchenvertreter aber mit den Bandenchefs im Dialog bleiben.