Das Reformationsgedenkjahr wird in Lund & in Berlin eröffnet

Mit und ohne Papst Franziskus

Das Reformationsgedenkjahr wird am 31. Oktober gleich zweimal eröffnet: in Berlin und im schwedischen Lund - dort zusammen mit Papst Franziskus. Ein Ergebnis vor allem der besonderen Struktur des Protestantismus.

Autor/in:
Norbert Zonker
Zur Eröffnung zum Reformationsgedenken der Badischen Landeskirche an der Stiftskirche. / © Ronald Wittek (dpa)
Zur Eröffnung zum Reformationsgedenken der Badischen Landeskirche an der Stiftskirche. / © Ronald Wittek ( dpa )

Am 31. Oktober zeigt sich der Protestantismus wieder einmal von seiner - nicht nur für Außenstehende - verwirrenden Seite: Während die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) in Berlin ihr Jubiläumsjahr zum Beginn der Reformation vor 500 Jahren offiziell eröffnet, feiert Papst Franziskus zur gleichen Zeit mit der Spitze des Lutherischen Weltbunds (LWB) einen Gottesdienst aus dem gleichen Anlass. Warum gibt es dazu zwei - zumindest um die öffentliche Aufmerksamkeit - gleichsam konkurrierende Veranstaltungen? Und wem "gehört" eigentlich das Reformationsgedenken?

Von den aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen stellen die Lutheraner nur einen Zweig dar, und nicht einmal den größten - zumindest was die 145 LWB-Mitgliedskirchen mit ihren rund 74 Millionen Mitgliedern betrifft. So vertritt die Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen (WGRK), die zur Schweizer Tradition der Reformation um Zwingli und Calvin gehört, 80 Millionen Christen in mehr als 200 Kirchen. Neben dem LWB gibt es außerdem noch einen zweiten, kleineren internationalen lutherischen Dachverband, den Internationalen Lutherischen Rat, dem 35 theologisch konservativere Kirchen angehören.

Landeskirchen in Deutschland

Die EKD, die sich als Gemeinschaft der 20 lutherischen, reformierten und unierten Landeskirchen in Deutschland versteht, gehört als solche keinem dieser konfessionellen Dachverbände an, anders als ihre lutherischen und reformierten Landeskirchen, die Mitglieder des LWB oder der WGRK sind.

Innerhalb der EKD gibt es zwei konfessionelle Bünde: die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD), der 9,5 der 22,27 Millionen Protestanten in der Bundesrepublik angehören und die ihrerseits auch Mitgliedskirche des LWB ist, und die aus der "Preußischen Union" hervorgegangene Union Evangelischer Kirchen.

Reformation als "Weltbürgerin"

Allein die Zahlenverhältnisse machen deutlich, dass die EKD keineswegs einen Monopolanspruch auf das Reformationsgedenken hat und einen solchen auch nicht erhebt. Es ist vielmehr in den vergangenen Jahren in Mode gekommen, die Reformation als "Weltbürgerin" zu bezeichnen.

Der LWB macht dies auch dadurch sichtbar, dass er seine 12. Vollversammlung 2017 nicht etwa in Deutschland abhält - dort war zuletzt 2010 in Stuttgart die 11. Vollversammlung, sondern in Windhuk in Namibia. Anders die WGRK, die ihre Zentrale 2014 aus finanziellen Gründen von Genf nach Hannover verlegt hat: Sie hat ihre Weltversammlung 2017 in Wittenberg anberaumt.

Warum Lund?

Im Gedenkjahr wird die Internationalität der Reformation vor allem durch einen "Europäischen Stationenweg" symbolisiert, der in Genf am 3. November beginnt und bei dem ein sogenannter "Event Truck" bis zum 20. Mai 2017 nacheinander 68 Orte in 19 europäischen Ländern anfährt, bis er seinen Endpunkt Wittenberg erreicht.

Dass Papst Franziskus nicht nach Wittenberg kommt, sondern nach Lund reist, hängt formal damit zusammen, dass der LWB seit 50 Jahren Dialogpartner des Päpstlichen Rats zur Förderung der Einheit der Christen ist. In diesem Dialog ist vor allem die - seitens der EKD eher mit Zurückhaltung aufgenommene - Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre von 1999 entstanden, aber auch 2013 ein Dokument zum Reformationsgedenken mit dem Titel "Vom Konflikt zur Gemeinschaft". In Lund feiert der LWB jetzt nicht nur sein 70-jähriges Bestehen, sondern gemeinsam mit den katholischen Partnern auch den vor 50 Jahren begonnenen Dialog.

 

 

Quelle:
KNA