In Jerusalem kehrt an Palmsonntag liturgisches Leben zurück

Die Freude ist groß

Weniger Teilnehmer, keine Pilger und ein gekürzter Zugweg: In Jerusalem konnten die pandemiebedingten Veränderungen an der Palmprozession der freudigen Stimmung keinen Abbruch tun.

Ordensschwestern an Palmsonntag / © Andrea Krogmann (KNA)
Ordensschwestern an Palmsonntag / © Andrea Krogmann ( KNA )

Auf diesen im Moment hat Jerusalem eine Jahr lang gewartet. Unter Jubel der Menschen steigt der Lateinische Patriarch von Jerusalem, der italienische Erzbischof Pierbattista Pizzaballa, vor dem Löwentor zur Jerusalemer Altstadt auf einen Tisch. "Wir, die Kirche von Jerusalem, lieben diese Stadt, in der die Wurzeln unserer christlichen Identität liegen", spricht er zum Abschluss der Palmprozession. Ein Jahr nach Beginn der Pandemie erlauben fallende Infektionszahlen und deutliche Lockerungen die Wiederaufnahme des liturgischen Lebens.

Übermütig springt der junge Dominikaner im hellen Habit die Stufen seitlich der "Dominus Flevit"-Kapelle hinauf, in der Hand einen großen Palmwedel. "Etwas außer Übung, nach all den Lockdowns", sagt er seinen Mitbrüdern und lacht. Zusammen mit anderen Ordensleuten jeglicher Couleur ziehen sie zur Kirche von Betfage. Hier wird nach alter Tradition der Stein verehrt, von dem aus Jesus bei seinem Einzug in Jerusalem auf den Esel gestiegen sein soll. Jahr für Jahr versammeln sich hier einheimische Christen und Pilger aus aller Welt, um an den Einzug Jesu nach Jerusalem vor seiner Kreuzigung zu erinnern.

Rund 2000 Christen am Ölberg versammelt

Es ist kein normaler Palmsonntag. Rund 2.000 Christen statt der üblichen Zehntausenden haben sich zum traditionellen Zug über den Ölberg versammelt, schätzt Franziskanerpater Ibrahim Faltas. Bei der Prozession soll in diesem Jahr besonders für ein Ende der Corona-Pandemie und für Frieden in der Welt gebetet werden. In vier Sprachen mahnen die Verantwortlichen zum Auftakt in Betfage die Teilnehmer, die Sicherheitsmaßnahmen einzuhalten: Gruppen von maximal 50 Personen, 10 Meter Abstand zwischen den Gruppen, keine Fahnen oder Banner.

Die Menge, eine bunte Mischung aus Jerusalemer Christen, Arbeitsmigranten, Ordensleuten und im Land lebenden Ausländern hält sich überwiegend daran. Der Freude des gemeinsamen Feierns tun die obligatorischen Masken und Sicherheitsabstände kaum einen Abbruch. Mit Palmzweigen und Trommeln ziehen sie singend, tanzend und betend durch die Straßen. Der Zugweg selbst bleibt weitestgehend leer, auch die Polizeipräsenz hält sich in diesem Jahr in Grenzen.

"Gott sei dank ist dieses Jahr die Prozession nicht ausgefallen"

An der Dominus-Flevit-Kapelle legt der Prozessionszug einen ungewöhnlichen Zwischenstopp ein. Wie im Vorjahr anstelle der ausgefallenen Prozession segnete Patriarch Pizzaballa von hier aus die Stadt und all ihre Bewohner mit einer Kreuzreliquie. In das Kyrie Eleison der Betenden mischt sich das Echo des Muezzins von der Al-Aksa-Moschee. Fast klingt es wie eine Antwort.

Eigentlich sei sie zu Palmsonntag mit ihrer Pfadfindergruppe unterwegs, sagt die Jerusalemer Katholikin Nathalie. Dass sie mit den anderen Jugendlichen der Pfarrei über den Ölberg ziehen kann, entschädigt die 16-Jährige dafür, dass Pfadfinderkluft und Instrument zuhause bleiben mussten. "Ich freue mich sehr, dass wir heute hier sind. Letztes Jahr saßen wir alleine zuhause!"

Ein lachendes und ein weinendes Auge hat auch Diana Hajar. Die Christin, die nahe des Zugwegs auf dem Ölberg wohnt, ist froh, dass gefeiert werden darf. "Aber es ist nicht so wie früher, viele Menschen aus dem Westjordanland konnten nicht kommen", sagt sie. Auch George, der vor der Pandemie in einem Hotel in der Altstadt gearbeitet hat, sieht mit gemischten Gefühlen auf die vorbeiziehenden Menschen. "Alhamdullilah, Gott sei dank ist dieses Jahr die Prozession nicht ausgefallen", sagt er. So richtig Palmsonntag sei aber nur, wenn auch die Pilger aus aller Welt dabei sind. "Inschallah, hoffentlich wird das nächste Jahr noch besser als dieses!"

Im Herzen und in Gedanken dabei

Trotz der reduzierten Form der Feier seien "die Freude und die Entschlossenheit, Christus als unseren König und Herrn anzuerkennen, dieselbe wie immer", betont Patriarch Pizzaballa. Und jene, die es aufgrund der Pandemie nicht persönlich nach Jerusalem geschafft haben, seien im Herzen und in Gedanken mit dabei.

Dass die Prozession wegen pandemiebedingter Auflagen schon an den Toren zur Altstadt und nicht wie sonst im Innenhof der Annakirche endet, findet sogar Zuspruch: "Tausendmal besser", rufen ein paar Seminaristen ihrem Patriarchen zu, der ein weiteres Mal die Menge mit der Kreuzreliquie segnet.

Von Andrea Krogmann

 

Prozession zu Palmsonntag mit Erzbischof Pierbattista Pizzaballa (3.v.r.) / © Andrea Krogmann (KNA)
Prozession zu Palmsonntag mit Erzbischof Pierbattista Pizzaballa (3.v.r.) / © Andrea Krogmann ( KNA )
Quelle:
KNA
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