KNA: Pater Bernardo, wie ist die Situation in Mosambik nach der Katastrophe?
Pater Bernardo: Das Land Mosambik versucht nach Idai und Kenneth gerade wieder auf die Beine zu kommen. Momentan geht es dort vor allem um Wieder- und auch um Neuaufbau. Das Leben der Menschen hat sich massiv verändert. Die Stürme haben jeder mehr als zwei Stunden mit etwa 250 Kilometer pro Stunde gewütet. Dazu kamen jeweils sehr schwere Regenfälle. Viele Familien hatten kein Dach mehr über dem Kopf und mussten sehen, wo sie bleiben. Malaria und Cholera setzen unseren Leuten zu. In Mosambik gibt es beides: viel Leid, aber auch viel Hoffnung.
KNA: Wie gehen Sie mit dem Leid der Menschen um? Wie begegnen Sie ihnen, damit sie vielleicht wieder Hoffnung schöpfen können?
Pater Bernardo: Was ich besonders an den Menschen schätze ist, dass sie bei allem Leid, bei aller Zerstörung und scheinbaren Aussichtslosigkeit ihr Lächeln nicht verlieren. Dieser Lebenswille ist sehr interessant. Mir begegnen Frauen mit ihren Kindern, und alle können noch lachen. Sie glauben einfach daran, dass es einen Weg aus der Krise gibt und die Zukunft besser wird als die Vergangenheit. Die Leute haben nicht nur materielle Dinge bitternötig. Es hilft auch, ihnen einfach mal nur zuzuhören.
KNA: Fürchten die Menschen in Mosambik, dass ein weiterer Sturm wieder alles zunichtemacht, wofür sie über Monate gearbeitet haben?
Pater Bernardo: Es ist nicht mehr wie es vorher war. Schon früher hätte ich diese Frage ohne Umschweife mit ja beantwortet. Ich sage den Leuten: "Ihr dürft euch nicht von eurer Furcht beherrschen lassen." Angesichts des Klimawandels wissen wir ohnehin nicht, was kommt. Es hat sich alles geändert. Früher hätten die Menschen gesagt "wir sind daran gewöhnt", doch diese Intensität der Stürme war schlicht eine neue Dimension. Aber ja, wir fürchten neue Stürme.
KNA: Wie beurteilen Sie das Verhalten der Regierung in der Hauptstadt Maputo?
Pater Bernardo: Ich habe noch nie zuvor so viel Solidarität und Hilfsbereitschaft gesehen. Die Regierung hat sofort im Rahmen der Möglichkeiten Hilfe organisiert. Es ist aber auch klar, dass viele Politiker sich profilieren wollen, da in diesem Jahr wieder Wahlen anstehen. Jetzt wollen einige als Retter oder Held dastehen und ein gutes Foto für ihren Ruf machen.
KNA: Kommt die Hilfe aus Europa und anderen Teilen der Welt auch bei den Menschen an?
Pater Bernardo: Das meiste davon ja. Leider gibt es auch Kriminelle, die die Hilfsgüter in die eigene Tasche stecken anstatt sie den Hungernden oder Kranken zu geben. Wenn die Regierung davon Wind bekommt, verhängt sie zu recht empfindliche Strafen. Solche Ausnahmesituationen bringen in manchen das Beste, in anderen aber das Schlechteste zum Vorschein.
KNA: Das mediale Interesse nach dem Sturm war groß. Jetzt ist es etwas weniger geworden...
Pater Bernardo: Die Ruhe nach dem Sturm fällt mir schon auf. Doch begrenzten wir unsere Hilfe und machten nur so weiter wie jetzt, also Essen ausgeben, medizinisch unterstützen oder zuhören, was alles wichtig ist, vernachlässigten wir die künftigen Probleme und würden viel falsch machen. Wir müssen in die Zukunft denken. Es gibt noch viele Probleme. Kinder können nicht zur Schule gehen. Wir müssen sehr genau aufpassen, wie wir die Dinge angehen. Das meiste aber muss von den Leuten selbst kommen - sie brauchen Hilfe zur Selbsthilfe.
KNA: Die Stürme bedeuten für Mosambik eine große Veränderung...
Pater Bernardo: Ich würde nie so weit gehen und behaupten, die Zyklone wären gut gewesen, doch es gibt bei allem Leid und Elend auch eine Chance für das Land, sich nachhaltig positiv zu verbessern. Oft lag es an zerrütteten Strukturen und manchmal Kriminalität, dass wenig voranging in Mosambik. Diese Strukturen müssen jetzt gut angelegt werden. Unsere Gesellschaft muss ihre Lehren ziehen. Ein portugiesisches Sprichwort sagt: Sind die Zeiten noch so schlecht, Gott gibt uns etwas, dass uns hoffen lässt.
KNA: Was werden Sie tun, wenn sie zurück in Mosambik sind?
Pater Bernardo: Erzählen, was ich hier in Europa erfahren habe. Ich sage den Leuten dort: "Ihr seid nicht vergessen."