Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck hat sich zufrieden mit der von den deutschen Bischöfen gefundenen Einigung für die Entschädigung von Missbrauchsopfern gezeigt. Die Vollversammlung habe die vorliegende Lösung gewählt, damit eine gewisse Form von Gerechtigkeit durch Gleichheit hergestellt werden könne, sagte der Ruhrbischof am Freitag in Essen. Betroffene von sexueller Gewalt in der Kirche sollten nicht mehr bekommen als andere Opfer.
In Gesprächen mit Betroffenen habe er die Erfahrung gemacht, dass ihnen die Tatsache, gehört zu werden, wichtiger sei als Geldzahlungen, sagte Overbeck. "Dass man mit Geld dieses Leid nicht aufwiegen kann, ist mir klar, ist allen Bischöfen klar." In besonders schweren Fällen könne zudem ein Betrag über die allgemeine Obergrenze von 50.000 Euro gezahlt werden.
Summen zwischen 5.000 und 50.000 Euro pro Fall
Die Bischöfe hatten in dieser Woche bei ihrem Frühjahrstreffen in Mainz den Grundsatzbeschluss gefasst, Opfer von sexuellem Missbrauch durch katholische Geistliche deutlich mehr Schmerzensgeld zu zahlen. Das Modell orientiert sich an der zivilrechtlichen Schmerzensgeld-Tabelle und sieht Summen zwischen 5.000 und 50.000 Euro pro Fall vor.
Eine unabhängige Kommission aus Juristen, Psychologen und Medizinern soll die Schwere jedes Falls einschätzen. Bislang haben Betroffene in der Regel nur einen Pauschalbetrag von 5.000 Euro "in Anerkennung des erlittenen Leids" erhalten. Die Opferorganisation "Eckiger Tisch" hatte zuvor bis zu 400.000 Euro pro Fall gefordert.
"Summen reichen nie aus, um Leid auszugleichen"
Auch der Berliner Erzbischof Heiner Koch verteidigte die Entscheidung zu Schmerzensgeldern für Missbrauchsopfer. Solche Zahlungen würden "nie ausreichen, das Leid auszugleichen", sagte Koch am Freitag im rbb-Inforadio. Koch erklärte, die Bischöfe hätten "nach einer Summe gesucht, die in der Gesellschaft mitgetragen wird". Dabei werde die katholische Kirche "an die obere Grenze" dessen gehen, was in vergleichen Fällen an Schmerzensgeld gezahlt werde. Es könne nicht sein, dass Opfer einer bestimmten Tätergruppe mehr erhielten als die einer anderen.
Zufrieden mit dem beschlossenen Modell zeigte sich auch Magdeburgs Bischof Gerhard Feige. "Wir haben eine akzeptable Regelung gefunden, die dem Rechtsempfinden in Deutschland entspricht."
"Der Wechsel tut der Atmosphäre gut"
Feige äußerte sich auch zur Wahl des neuen DBK-Vorsitzenden Georg Bätzing. Er sei "sehr froh" über die Wahl des Limburger Bischofs, sagte Feige der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Die katholische Kirche in Deutschland sei auf einem guten Weg. "Der Wechsel tut der Atmosphäre der Bischofskonferenz gut".
Erzbischof Koch setzt große Hoffnungen auf den neuen Vorsitzenden. Bätzing habe nun die Aufgabe, die "unterschiedlichen Strömungen" unter den katholischen Bischöfen zusammenzuhalten, sagte Koch. Dabei könne er die Meinungsverschiedenheiten nicht vereinheitlichen, und "er soll es auch gar nicht tun", so der Erzbischof.
"Geschätzter Gesprächspartner für unterschiedliche Gruppierungen"
Als ein strittiges Thema unter den Bischöfen nannte Koch die Zulassung von Christen der jeweils anderen Konfession zum Abendmahl beziehungsweise zur Eucharistiefeier. Dabei habe Bätzing darauf hingewiesen, dass es nicht um eine Abendmahls- oder Eucharistiegemeinschaft gehe, sondern um Gewissensentscheidungen von Einzelnen, erklärte der Erzbischof. Das Ergebnis dieser Aussprache werde Bätzing nun in das Gespräch mit der evangelischen Kirche einbringen.
Nach Aussage Kochs war es für die Wahl Bätzings mitentscheidend, dass er den Synodalen Weg "innerlich bejaht und mitträgt und ein geschätzter Gesprächspartner für die unterschiedlichen Gruppierungen sein soll". Bei dem begonnenen Reformdialog der katholischen Kirche in Deutschland geht es unter anderem um die Sexualmoral, die priesterliche Lebensform, Macht und Gewaltenteilung sowie die Rolle von Frauen in der Kirche.
Der Berliner Erzbischof plädierte dafür, bei dem Reformprozess in einigen Punkten als deutsche Kirche entschieden voranzugehen. Als Beispiel nannte er die Einführung kirchlicher Verwaltungsgerichte.
"Schwierig zu vertreten"
Bei Themen wie einer bisher nicht erlaubten Zulassung von Frauen zum Priesteramt seien die deutschen Katholiken jedoch an die gesamte Kirche gebunden. Koch räumte ein, dass vielfach diese Frage, "die sehr stark mit dem Zeichenhaften des Mann-Frau-Seins zu tun hat, nicht mehr verstanden wird angesichts veränderter gesellschaftlicher Bedingungen - und schwierig zu vertreten ist".
Bätzing stehe nun für den Anfang einer "hoffnungsvolleren Phase der Kirche nach schwierigen Jahren", betonte Koch weiter. Er verstehe sich nicht als "Prophet, der bestimmte Inhalte verkauft", sondern sei ein "moderierender und moderater Vorsitzender". Auch als Vorsitzender bleibe er jedoch davon abhängig, dass die Bischofskonferenz in strittigen Fragen einen Konsens finde.