Sie sei von der Ernennung überrascht worden und habe nicht damit gerechnet. So berichtet es die Chefin der rund 140.000 Mitglieder und zwei Millionen Anhänger in 180 Ländern zählenden Fokolar-Gemeinschaft der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Die katholische Palästinenserin mit israelischem Pass und einer spannenden Lebensgeschichte gehört nun zusammen mit einem Dutzend Kardinälen und Bischöfen, zwei Priestern und 15 Laien zum Entscheidungs- und Leitungsgremium des Vatikan-Ministeriums für Laien, Familie und Leben.
Besorgter Blick in die Heimat
Während die Fokolar-Bewegung in diesen Tagen ihr 80-jähriges Bestehen feiert, blickt die Präsidentin mit besonderer Sorge auf den Gewaltausbruch in ihrer Heimat. Schon im Oktober hatte Karram als besonderer Gast an der Bischofssynode im Vatikan teilgenommen, die sie "tiefgreifend verändert" habe, wie sie gesteht.
Diese Erfahrungen des "Gesprächs im Geiste" und des tiefen Zuhörens wolle sie in ihre neue Aufgabe einbringen, damit "die Kirche zunehmend zur Familie Gottes wird, in der sich jeder willkommen und geliebt fühlt", wie es die Linie ihrer Gemeinschaft besagt.
In eine katholische Familie geboren, hatte Karram in der als tolerant und weltoffen geltenden Hafen- und Universitätsstadt Haifa die Schule der Karmelitinnen besucht. Neben Hebräisch und Arabisch lernte sie Englisch und Italienisch.
Schon in der Schulzeit kam sie mit der Fokolar-Bewegung in Kontakt und engagierte sich im Dialog und für ein gelingendes alltägliches Miteinander von Christen, Juden und Muslimen. Nach dem Abitur ging sie in die USA und studierte an der Hebrew University of Los Angeles Judaistik.
Einsatz zwischen den Religionen und Kulturen
Zurück in der Heimat arbeitete sie 14 Jahre im italienischen Generalkonsulat in Jerusalem. Gleichzeitig bekleidete sie verschiedene Positionen in der Fokolar-Bewegung, engagierte sich aber auch in ihrer Ortskirche.
Sie war Mitglied der Bischöflichen Kommission für interreligiösen Dialog im Heiligen Land und engagierte sich im Vorstand des Interreligiösen Koordinierungsrates in Israel (ICCI). Dort erinnert man sich noch gerne an ihre freundliche, aktive, kluge, charmante und vermittelnde Zuarbeit.
Für ihren Einsatz zwischen den Religionen und Kulturen erhielt Karram 2013 zusammen mit der jüdischen Dozentin und Politik-Beraterin Yisca Harani den "Mount Zion Award for Reconciliation", der von der Universität Luzern zusammen mit der Jerusalemer Benediktiner-Abtei Dormitio verliehen wird.
Präsidentin der Fokolar-Bewegung
Ein Jahr später kam sie nach Italien in die Zentrale der Fokolare in Rocca di Papa bei Rom – und wurde 2021 an die Spitze ihrer Gemeinschaft gewählt. Damit ist sie die dritte Präsidentin der 1943 von Chiara Lubich gegründeten Bewegung, in der auch Christen anderer Kirchen und Angehörige anderer Religionen eine geistliche Heimat und familiäre Verbundenheit suchen und finden sollen.
Allerdings wurden auch Missbrauchsfälle publik. Im vergangenen März bat Margaret Karram zusammen mit ihrem Co-Präsidenten Jesus Moran Cepedano bei den 61 seit 2014 dokumentierten Missbrauchsopfern um Verzeihung.
Karram folgt der Linie von Papst Franziskus
Die Fokolare-Präsidentin hält weiterhin Kontakt zu ihrer Heimat, auch wenn sie seit ihrer Wahl erst einmal wieder ihre in Haifa lebenden Geschwister – ein Bruder ist dort Chefarzt – besuchen konnte. "Ich bin untröstlich, der Schmerz ist immens angesichts der Ereignisse seit dem 7. Oktober in Israel und Palästina. Es scheint, als hätten alle jahrzehntelangen Bemühungen für den Frieden zu nichts geführt. Ich frage mich, ob es Sinn macht, auf eine friedliche Zukunft zu hoffen", sagt sie der KNA.
Dabei folgt sie im Konflikt zwischen Israel und der Hamas ganz der Linie von Papst Franziskus. "Ich stehe auf der Seite der Opfer, ich möchte mich nicht auf die eine oder andere Seite stellen, denn Krieg kann niemals die Lösung sein. Krieg bringt nur Opfer, Tod und ist die größte Niederlage für die gesamte Menschheit." Sie verurteile die Terroranschläge, die Gewalt und die begangenen Ungerechtigkeiten.
"Aber ich bin zutiefst davon überzeugt, dass der Dialog das wirksamste Instrument zur Friedenskonsolidierung ist, selbst unter den verzweifeltsten Bedingungen."