Erzbischof Gänswein nimmt Benedikt XVI. vor Kritik in Schutz

Kein "gefühlloser Papstautomat"

In einem Nachruf für die "Bild"-Zeitung hat der Privatsekretär von Benedikt XVI., Erzbischof Georg Gänswein, den emeritierten Papst gewürdigt und gegen Kritik in Schutz genommen. Joseph Ratzinger habe eine menschliche Seite gehabt.

Der emeritierte Papst Benedikt XVI. und sein Privatsekretär, Kurienerzbischof Georg Gänswein im Dezember 2015. / © Osservatore Romano (KNA)
Der emeritierte Papst Benedikt XVI. und sein Privatsekretär, Kurienerzbischof Georg Gänswein im Dezember 2015. / © Osservatore Romano ( KNA )

"Benedikt war kein Papstdarsteller und noch weniger ein gefühlloser Papstautomat. Er war und blieb auch auf dem Thron Petri ganz und gar Mensch."

Ein "Abendländer schlechthin"

Benedikt XVI. habe als "Abendländer schlechthin" den Reichtum der katholischen Tradition des Westens verkörpert wie kein Mensch sonst, schreibt Gänswein weiter: "Gleichzeitig öffnete er so überaus kühn das Tor für einen neuen Abschnitt der Kirchengeschichte, indem er aus freiem Entschluss seinen Fischerring ablegte, seinen Namen aber als emeritierter Papst weiter trug."

Der emeritierte Papst Benedikt XVI., links, begrüßt Papst Franziskus, rechts im Bild, nach dem Konsistorium am 27. August 2022 im Vatikan. Im Hintergrund steht der Privatsekretär Benedikts, Erzbischof Georg Gänswein. / © Romano Siciliani (KNA)
Der emeritierte Papst Benedikt XVI., links, begrüßt Papst Franziskus, rechts im Bild, nach dem Konsistorium am 27. August 2022 im Vatikan. Im Hintergrund steht der Privatsekretär Benedikts, Erzbischof Georg Gänswein. / © Romano Siciliani ( KNA )

Einen Schritt wie diesen habe es noch nie gegeben. Darum wundere es nicht, dass er von manchen als revolutionär empfunden worden sei während andere das Papsttum dadurch entmythologisiert gesehen hätten - "oder auch: einfach menschlicher".

Treffen mit Missbrauchsopfern auf Malta

Von seinen Reisen mit dem früheren Papst bleibe ihm besonders die Begegnung mit Missbrauchsopfern auf Malta 2010 unvergessen, fügte Gänswein hinzu: "Der Papst hat still zugehört und die aufgewühlten Herzen der Betroffenen getröstet. Mehr als Worte vermochten seine bloße Präsenz und seine Tränen, die er nicht unterdrücken konnte. Die Beschämung über das Geschehene führte zur Bekräftigung des Heiligen Vaters, alles zu tun, damit sich solche Fälle nicht wiederholen."

Die "St. JohnÕs Co-Cathedral" in Valetta / © N.N. (KNA)
Die "St. JohnÕs Co-Cathedral" in Valetta / © N.N. ( KNA )

Benedikt XVI. sei am Schluss nicht wegen des Verrats seines "armen und fehlgeleiteten Kammerdieners" zurückgetreten oder wegen der sogenannten "Vatileaks"-Krise im Jahr 2012, ergänzte Gänswein: "Dafür war dieser Skandal dann doch zu klein und dieser wohl bedachte Jahrtausendschritt Benedikts XVI. um so vieles größer. Er hat dieses Amt in einem Akt außerordentlichen Wagemutes erneuert - und mit letzter Kraft potenziert. Dies wird, davon bin ich überzeugt, die Geschichte erweisen."

Das Pontifikat von Papst Benedikt XVI.

"Professor Papst" nannte man ihn: weil seine Ansprachen vor der UNO, im Berliner Reichstag oder im britischen Parlament anspruchsvoll wie Vorlesungen waren. Seine Brillanz veranlasste den Kölner Kardinal Josef Frings, den gerade 35-Jährigen zu seinem Berater beim Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) zu machen. Dem Abschnitt als Erzbischof von München und Freising (1977-1982) folgte seine jahrzehntelange Bestimmung: als Präfekt der römischen Glaubenskongregation. Am Ende zeigte sich Ratzinger amtsmüde, doch Johannes Paul II. überredete ihn zu bleiben.

Joseph Kardinal Ratzinger wurde am 19. April 2005 vom Konklave zum neuen Papst Benedikt XVI. gewählt (KNA)
Joseph Kardinal Ratzinger wurde am 19. April 2005 vom Konklave zum neuen Papst Benedikt XVI. gewählt / ( KNA )
Quelle:
KNA