DOMRADIO.DE: Es gibt gute Kontakte in die Ukraine zum Beispiel mit dem Bistum Ivano-Frankivsk. Dort gab es auch schon persönliche Beziehungen. Hatten Sie jetzt Kontakt mit dem Bistum?
Nadim Ammann (Leiter der Diözesanstelle Weltkirche-Weltmission im Erzbistum Köln): Wir sind in gutem Kontakt mit den meisten unserer Partner. Die Ukraine gehört ja schon seit vielen Jahren zu den wichtigen Ländern. Und es ist sehr schlimm zu sehen, was da von Tag zu Tag passiert, dass die Situation da immer dramatischer wird.
2008 hatten wir Besuch von drei Priestern aus der Diözese, die ein Praktikum bei uns gemacht haben, um die Medienarbeit in der eigenen Diözese weiterzuentwickeln. Wir wissen, dass es diesen drei Priestern gut geht. Sie helfen bei der Aufnahme der Binnenflüchtlinge, in der Verteilung von Lebensmitteln und Hygieneprodukten und so weiter.
Sie berichten aber auch, dass das Priesterseminar voll mit Flüchtlingen ist, auch das Jugendzentrum in den Karpaten und das Bildungszentrum. Und überall geht es darum, dass Lebensmittel und anderes verteilt werden in den Krankenhäusern. Im St. Lukas-Krankenhaus der Diözese werden die Menschen gratis behandelt. Uns wird erzählt, dass viele schon ihre Wohnungen verloren haben und man sich auf eine lange Zeit mit Flüchtlingen einstellt.
DOMRADIO.DE: Sie haben auch Nachrichten aus Kiew. Was hören Sie von da?
Ammann: In den Kirchen wurden Luftschutzbunker eingerichtet. Man ist sich in Kiew bewusst, dass das das eigentliche Ziel der Aggression ist. Die Priester leisten da Erste Hilfe, versorgen die Bevölkerung mit Lebensmitteln und stillen die Grundbedürfnisse. Und natürlich ist es wichtig, dass die Seelsorger einfach da sind bei den Leuten.
Der psychische Beistand ist gerade sehr wichtig. Man hat uns auch erzählt, dass das Priesterseminar evakuiert wurde, dass die Seminaristen in eine andere Diözese gebracht wurden.
DOMRADIO.DE: Welche Hilfen werden zurzeit benötigt und wie hilft das Erzbistum?
Ammann: Im Prinzip geht es um Existenzhilfen. Die Situation, die ändert sich ja ständig und in Kiew erwartet man die Übernahme. Die Menschen haben sich quasi nach unten begeben, leben in den Luftschutzbunker und die Priester feiern da auch die Messen.
Letztlich geht es ja darum, dass wir versuchen, der Kirche bei ihrer Arbeit, die sie da noch leistet, helfen zu können, also dass Lebensmittel weiter verteilt werden können, dass Medizin weiter verteilt werden kann. Man kann auch einiges vor Ort erwerben. Sie wissen auch von vielen Transportgütern, die in die Region gehen, dass man auch über diese Hilfe bekommen kann.
Man bittet auch um Dieselgeneratoren, weil der Strom immer häufiger ausfällt. Wir helfen da, wo entsprechende Anfragen kommen. Wir haben jetzt 120.000 Euro diese Woche überwiesen, haben aber weitere 500.000 Euro bereits für weitere Anfragen bereitgestellt.
DOMRADIO.DE: Sie arbeiten da mit Partnerorganisationen zusammen, zum Beispiel mit Caritas International. Was hören Sie von denen und wie kooperieren Sie?
Ammann: In der Ukraine gibt es zwei Caritas-Organisationen der römisch-katholischen, der griechisch-katholischen Kirche. Die ist sehr gut aufgestellt in dem Land, weil die ja schon seit 2014 geholfen hat. Da hat man dann Pufferzonen-Zentren eingerichtet.
Die Kollegen schätzen die Lage ziemlich gut ein und über Caritas International wird der Kontakt gehalten. Ich halte es jetzt gerade in der Situation, wo eine so große Spendenbereitschaft da ist, auch für sehr wichtig, dass koordiniert wird. Das geschieht eben über Caritas, das geschieht auch über Renovabis. Deswegen sind wir in einem sehr engen Kontakt mit diesen Partnerorganisationen, um unsere Hilfen wirklich gezielt zu den Leuten bringen zu können.
DOMRADIO.DE: Die werden wahrscheinlich auch ständig angepasst, je nachdem, wie die Situation sich verändert, oder?
Ammann: Genau und zunehmend auch in den Nachbarländern. Da ist auch die Caritas mit ihrem Netzwerk gut aufgestellt und entsprechend gut kann da die Hilfe koordiniert werden. Ich würde aber gerne noch was sagen: Grundsätzlich ist es ja so, dass in solchen Situationen die Kirche sehr nah bei den Menschen ist. Das kennen wir aus anderen Krisengebieten. Und wenn ich vor Ort war, hat man immer gesagt "Vergesst uns nicht, betet für uns".
Ich glaube, dass das eine ganz wichtige Sache ist, dass wir wirklich jeden Tag eine Kerze anzünden, jeden Tag die Glocken läuten lassen von unserem Kirchtürmen und einfach auch jeden Tag mal eine kurze Besinnung, ein kurzes Gebet für die Ukraine sprechen. Wir sind dann einfach als Christen da auch vereint. Wir in der Diözesanstelle Weltkirche machen das jetzt jeden Tag um 12 Uhr und ich kann nur ermuntern, dass andere sich dem anschließen.
Das Interview führte Dagmar Peters.