Erzbistum Köln nimmt 2023 weniger Kirchensteuern ein

Austritte machen sich langsam bemerkbar

Das Erzbistum Köln hat im Jahr 2023 fünf Prozent weniger Kirchensteuern eingenommen und einen Überschuss von fünf Millionen Euro erwirtschaftet. Laut Finanzökonom Gordon Sobbeck muss es in Zukunft mit großen Finanzlöchern rechnen.

Autor/in:
Jan Hendrik Stens
Gordon Sobbeck bei der Vorstellung des Finanzplans des Kölner Erzbistums / © Alexander Foxius (DR)
Gordon Sobbeck bei der Vorstellung des Finanzplans des Kölner Erzbistums / © Alexander Foxius ( DR )

DOMRADIO.DE: Das Erzbistum Köln hat seinen Finanzbericht für das Jahr 2023 vorgelegt. Es gibt fünf Prozent weniger Kirchensteuern, aber fünf Millionen Euro Überschuss. Welche Mittel wurden hier zur Kompensierung angewandt?

Gordon Sobbeck (Finanzökonom des Erzbistums Köln): Zunächst einmal möchte ich sagen, dass das Erzbistum in dem Jahr 2023 mit 5 Millionen Euro plus ein außerordentlich gutes Ergebnis vorgelegt hat. Warum ist das so gut? Weil wir im Jahr 2023 einen Rückgang der Kirchensteuer von fünf Prozent haben. Das ist schon außerordentlich. 

Das hängt damit zusammen, dass wir eine wirtschaftliche Flaute und im Grunde genommen keine Impulse am Arbeitsmarkt hatten. Das hängt auch damit zusammen, dass die großen Lohnzuwächse alle im sozial- und abgabenfreien Bereich von Einmalzahlungen abgelaufen sind. Das heißt, auch da hat die Kirchensteuer keine Partizipation gehabt. Last but not least finden auch langsam die Austritte ihre Ergebnisse dann auch im Aufkommen wieder.

Gordon Sobbeck bei der Vorstellung des Finanzplans des Kölner Erzbistums. / © Alexander Foxius (DR)
Gordon Sobbeck bei der Vorstellung des Finanzplans des Kölner Erzbistums. / © Alexander Foxius ( DR )

DOMRADIO.DE: Sie rechnen bis zum Jahr 2030 mit einer Finanzierungslücke von etwa 100 Millionen Euro. Welche Gegenmaßnahmen sind da erforderlich?

Sobbeck: Es ist so, dass wir bis zum Jahr 2030 mit einem Kaufkraftverlust in dieser Größenordnung rechnen. Wir gehen davon aus, dass wir bis zum Jahr 2030 eine stagnierende, vielleicht leicht abfallende Kirchensteuer haben werden. Aus dem Grunde gilt es dann auch bei allen Ausgaben anzusetzen. Dafür haben wir den wirtschaftlichen Rahmenplan 2030 implementiert, um alle Aufgabenbereiche anzusehen.

Gordon Sobbeck

" Es gibt in den vergangenen Haushalten wie auch jetzt in diesem Haushalt keine Kürzungen im Bereich der pastoralen Einheiten."

DOMRADIO.DE: Sie wollen sich alles anschauen, alles muss angepasst werden an einen kleineren Rahmen. Sie sagen aber, ein Rasenmäherprinzip soll es nicht geben. Worauf setzen Sie dann in Zukunft?

Sobbeck: Es ist notwendig, dass man sich bei zurückgehenden Ressourcen auf die Inhalte besinnt und schaut, welche Dinge werden priorisiert. Wo gibt es vielleicht auch Aufgaben, die depriorisiert werden? Das ist ein komplett normaler Vorgang, dass man  bei Rückgängen in Ressourcen auch die Frage stellt, ob man Aufgaben bleiben lässt.

DOMRADIO.DE: Das Gros der Kirchensteuer geht vor allem an die pastoralen Einheiten, auch an die Pfarreien. Wo muss hier mit gerechnet werden in Zukunft? Dass weniger Geld fließt? Dass eventuell Projekte oder Zuwendungen ganz gestrichen werden? 

Sobbeck: Das sehe ich erst mal bei den pastoralen Einheiten gar nicht, sondern wir haben hier einen ganz klaren Schwerpunkt. Es gibt in den vergangenen Haushalten wie auch jetzt in diesem Haushalt keine Kürzungen im Bereich der pastoralen Einheiten. Das ist für uns ein Schwerpunkt für die Zukunft. Wir möchten die pastoralen Einheiten in Zukunft stärken. Wir möchten Mittel mehr budgetieren. Wir werden Zuweisungen deutlich vereinfachen, damit vor Ort Entscheidungsprozesse besser laufen können.

Die Türme des Kölner Doms vor grauem Himmel am 5. April 2021 in Köln / © Adelaide di Nunzio (KNA)
Die Türme des Kölner Doms vor grauem Himmel am 5. April 2021 in Köln / © Adelaide di Nunzio ( KNA )

DOMRADIO.DE: Ein weiterer Schwerpunkt ist Bildung und Wissenschaft. Das Erzbistum unterhält einige Bildungseinrichtungen, viele erzbischöflichen Schulen, hat aber auch ein im Vergleich zu anderen Diözesen ein recht groß aufgestelltes Bildungswerk. Wie wird es da weiter laufen?

Sobbeck: Der Bereich Bildung ist schon seit jeher ein Schwerpunktthema im Erzbistum gewesen. Insgesamt wird für den gesamten Bereich Bildung und Wissenschaft ein Betrag von 124 Millionen Euro aufgewendet. Auch hier ist die Frage durchaus berechtigt, ob man so einen Hilferuf für die Zukunft stetig fortschreiben kann.

DOMRADIO.DE: Es soll auch in Zukunft für Opfer sexualisierter Gewalt kein Geld aus Kirchensteuern verwendet werden, sondern aus Immobilienvermögen. Wie sehen Sie das im Hinblick auf mögliche Klagen? Woraus soll das später finanziert werden, wenn es jetzt zu einer Reihe von Klagen kommt in diesem Kontext sexualisierter Gewalt? 

Sobbeck: Wir haben heute mit dem Jahresabschluss vorgestellt, dass wir mittelfristig Mittel in einer Größenordnung für diesen Bereich von 8,8 Millionen Euro zurückgestellt haben. Darin sind die Zahlungen für Anerkennungsleistungen enthalten, Therapiekosten, aber auch mögliche Prozessrisiken, die wir damit abdecken wollen. Wir werden das künftig, das ist unsere Zielsetzung, nicht aus Kirchensteuern finanzieren, sondern wir wollen hier Immobilien veräußern und für die Liquidität Immobilien bereitstellen, bei denen auch gewährleistet ist, dass in der jüngsten Vergangenheit eben nicht große Substanzmaßnahmen, auch die aus Kirchensteuern finanziert wurden, umgesetzt wurden.

DOMRADIO.DE: Das Erzbistum Köln will in Zukunft klimaneutral sein. Welche Maßnahmen werden da ergriffen?

Sobbeck: Nachhaltigkeit und das Thema des Nachhaltigkeitsplanes sind eine Mammutaufgabe für das Erzbistum. Wir müssen den Weg der Wärmewende in die Zukunft beschreiten. Ich gehe davon aus, dass alle Maßnahmen in dem sogenannten Nachhaltigkeitsplan, die sich auf den Gebäudebestand, aber auch auf andere pastorale Felder auswirken werden, sehr große Investitionen nach sich ziehen werden. Darum haben wir gesagt, dass wir den Nachhaltigkeitsplan in allen Aufgabenbereichen mitdenken müssen. Das heißt, dass wir ihn systemimmanent ausgestalten wollen.

Das Interview führte Jan Hendrik Stens.

Erzbistum Köln legt Finanzbericht 2023 vor

Trotz rückläufiger Einnahmen bei der Kirchensteuer hat das katholische Erzbistum Köln im vergangenen Jahr einen Überschuss erzielt. Dieser belief sich auf 5 Millionen Euro, wie der Finanzchef der mitgliederstärksten deutschen Diözese, Gordon Sobbeck, am Dienstag vor Journalisten mitteilte. Die Einnahmen aus der Kirchensteuer, mit mehr als 70 Prozent die wichtigste Finanzierungsquelle, seien gegenüber 2022 um 34 Millionen Euro auf 655 Millionen Euro gesunken.

Gordon Sobbeck bei der Vorstellung des Finanzplans des Kölner Erzbistums. / © Alexander Foxius (DR)
Gordon Sobbeck bei der Vorstellung des Finanzplans des Kölner Erzbistums. / © Alexander Foxius ( DR )
Quelle:
DR