EuGH prüft Kirchenaustritt als Kündigungsgrund

Fall in einem Dortmunder Krankenhaus

Der Gerichtshof der Europäischen Union muss sich erneut mit dem kirchlichen Arbeitsrecht in der Bundesrepublik befassen. Kann ein Kirchenaustritt vor Dienstantritt ein Kündigungsgrund sein, wenn es auch konfessionslose Kollegen gibt?

Europäischer Gerichtshof / © Harald Tittel (dpa)
Europäischer Gerichtshof / © Harald Tittel ( dpa )

Das Erfurter Bundesarbeitsgericht legt den Luxemburger Richtern die Frage zur Entscheidung vor, ob ein Kirchenaustritt vor Dienstantritt bei einem katholischen Krankenhaus ein Kündigungsgrund sein kann, wenn in der Klinik konfessionslose Mitarbeiter beschäftigt sind.

Der EuGH soll das Unionsrecht daraufhin prüfen, ob es sich um eine Ungleichbehandlung der Frau handelt, wie das Bundesarbeitsgericht am Donnerstag mitteilte.

Kirchenzugehörigkeit zunächst kein Thema

Konkret geht es um eine Hebamme, die bis 2014 bei einem Krankenhaus in Trägerschaft der Dortmunder Caritas arbeitete. Im Anschluss machte sie sich selbstständig und trat aus der katholischen Kirche aus. Bei einem neuen Einstellungsgespräch 2019 wurde ihre Zugehörigkeit zur katholischen Kirche nicht thematisiert.

Den vom Krankenhaus unterzeichneten Arbeitsvertrag schickte sie zusammen mit einem Personalfragebogen bei Beginn des Arbeitsverhältnisses an die Personalabteilung und gab darin auch ihren Kirchenaustritt an. Nachdem Gespräche mit dem Ziel, sie zu einem Eintritt in die katholische Kirche zu bewegen, erfolglos blieben, kündigte das Krankenhaus das Arbeitsverhältnis zum 31. August 2019.

Hebamme hält ein Baby auf dem Arm / © Air Images (shutterstock)
Hebamme hält ein Baby auf dem Arm / © Air Images ( shutterstock )

Die Hebamme klagte, da in dem Krankenhaus konfessionslose Mitarbeiter, die nicht zuvor katholisch waren, als Hebammen beschäftigt sind. Das Arbeitsgericht gab der Kündigungsschutzklage statt, in zweiter Instanz wies das Landesarbeitsgericht in Hamm die Klage 2020 indes ab.

Die Kirchen in der Bundesrepublik haben ein eigenes Arbeitsrecht. Dieses Selbstbestimmungsrecht ist im Grundgesetz verankert. Während in ähnlichen Fällen bislang das Bundesverfassungsgericht die kirchliche Position stärkte, gelten die Luxemburger Richter als deutlich skeptischer gegenüber den deutschen Regelungen.

Hintergrund: Katholisches Arbeitsrecht in Deutschland vor Systemwechsel

Die Regeln für die rund 790.000 Beschäftigten der katholischen Kirche und der Caritas in Deutschland sollen sich grundlegend ändern. Am Montag veröffentlichte die Deutsche Bischofskonferenz den Entwurf für eine neue "Grundordnung des kirchlichen Dienstes". Demnach soll die private Lebensgestaltung, "insbesondere Beziehungsleben und Intimsphäre" der Beschäftigten, keinen Anlass mehr für Kündigungen bieten, falls diese nicht im Einklang mit der kirchlichen Lehre stehen. 

Neben der Verwaltungsleiterin einer Kirchengemeinde liegt das kirchliche Arbeitsrecht / © Harald Oppitz (KNA)
Neben der Verwaltungsleiterin einer Kirchengemeinde liegt das kirchliche Arbeitsrecht / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA
Mehr zum Thema