Radcliffe sprach am Mittwoch zu Beginn der finalen Debatten der bis 29. Oktober dauernden Welt-Bischofssynode im Vatikan. "Die Kirche stand vor einer Identitätskrise, die alles übertrifft, was wir uns heute vorstellen können", bemerkte Radcliffe im Rückblick und betonte, dass die Kirche durch Krisen reife. "Wenn wir versuchen, sie zu vermeiden, werden wir nie erwachsen", so der englische Theologe.
Weiter sagte er: "Wenn wir uns im starken Namen der Dreifaltigkeit versammeln, wird die Kirche erneuert werden, wenn auch vielleicht in einer Weise, die nicht sofort offensichtlich ist. Das ist (...) unser apostolischer Glaube." Radcliffe erinnerte an die bereits erfolgten Veränderungen der Kirche: "Heute ist unser Gott bereits dabei, eine Kirche ins Leben zu rufen, die nicht mehr in erster Linie westlich ist: eine Kirche, die orientalisch, asiatisch, afrikanisch und lateinamerikanisch ist. Es ist eine Kirche, in der die Frauen bereits Verantwortung übernehmen und unsere Theologie und Spiritualität erneuern."
"Gegensatz zwischen Tradition und Fortschritt dem Katholizismus fremd"
Zum Gegensatz von Fortschritt und Tradition bemerkte der Dominikaner: "Das Neue ist immer eine unerwartete Erneuerung des Alten. Deshalb ist jeder Gegensatz zwischen Tradition und Fortschritt dem Katholizismus vollkommen fremd."
Die bevorstehenden Neuerungen in der Kirche, so Radcliffe weiter, würden nicht bloß oberflächlich sein: "Wir werden nun überlegen, welche neuen Prozesse, Institutionen und Strukturen erforderlich sind. Dies werden keine Lösungen für Managementprobleme sein, sondern ein umfassenderer Ausdruck dessen, was wir sind. Die Geschichte der Kirche ist von endloser institutioneller Kreativität geprägt."