Freiburger Erzbischof gibt Missbrauchstätern keine Schonzeit

Kein Schutzraum für Täter

Nach der Veröffentlichung des Freiburger Berichts über Missbrauch sichert Erzbischof Stephan Burger ein konsequentes Vorgehen der Kirche zu. Durch die Aufarbeitung würden auch weitere Fälle bekannt, die man konsequent verfolgen will.

Erzbischof Stephan Burger / © Harald Oppitz (KNA)
Erzbischof Stephan Burger / © Harald Oppitz ( KNA )

Das sagte Erzbischof Stephan Burger dem "Mannheimer Morgen" (Dienstag). "Klar ist, dass es für die Täter keine Schon- und Schutzzeit gibt", fügte er auch mit Blick auf seinen Amtsvorgänger Robert Zollitsch hinzu, dem das Gutachten systematische Vertuschung und Missachtung des Kirchenrechts vorwirft.

System der Kirche hat Missbrauch ermöglicht

Die Kirche habe als System Missbrauch ermöglicht, räumte der Erzbischof ein. "Es kann und darf aber nicht sein, dass Kirche ein Schutzraum für Täter ist." Als langjähriger Offizial, also Leiter des Kirchengerichts im Erzbistum, habe er keine Kenntnis von dem hundertfachen Missbrauch gehabt und ohne Auftrag des Erzbischofs auch nicht selbstständig tätig werden dürfen, fügte Burger hinzu. 

Andere Bistümer zu Studien animieren

Der Erzbischof will als stellvertretender Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz auch auf die Bistümer einwirken, die bislang noch keine eigene Studien in Auftrag gegeben haben: "Es kann nicht sein, dass sich die eine oder andere Diözese vor der Aufgabe drückt."

Robert Zollitsch, emeritierter Erzbischof von Freiburg / © Harald Oppitz (KNA)
Robert Zollitsch, emeritierter Erzbischof von Freiburg / © Harald Oppitz ( KNA )

Der 600-Seiten-Abschlussbericht, den eine "Arbeitsgruppe Aktenanalyse" zum Missbrauch am 18. April vorstellte, kommt zu dem Ergebnis, dass Burgers Vorgänger Robert Zollitsch massenweise Missbrauchsfälle vertuscht und die Täter versetzt hatte, ohne sie zu bestrafen.

"Unverfrorenheit" von Erzbischof Zollitsch

Heftige Kritik an Zollitsch hatte am Wochenende auch der Sprecher der Betroffeneninitiative "Eckiger Tisch", Matthias Katsch, geübt. "Die Unverfrorenheit, mit der Erzbischof Zollitsch Öffentlichkeit und Politik hinters Licht geführt hat, ist atemberaubend", schreibt Katsch in einem Gastbeitrag für den "Spiegel".

Das Vorgehen der Kirche vergleicht er mit der Mafia. Zwar gebe es überall sexuelle Gewalt, doch nur in der katholischen Kirche "wird mit offensichtlich hoher krimineller Energie und Raffinesse, teilweise über Grenzen hinweg durch eine mächtige Institution systematisch Täterschutz betrieben und die Justiz offenbar bewusst getäuscht".

Amtsträger maximal verschont

Habe man bisher in Bezug auf die deutschen Bischöfe bisher noch so etwas wie eine Unschuldsvermutung hegen könne, müsse man jetzt davon ausgehen, dass "jeder Verdacht nur zu berechtigt war. Seit 13 Jahren haben die Bischöfe weitestgehend verhindert, dass die Verbrechen der Täter und das zweite Verbrechen, das der Vertuschung, von staatlicher Seite untersucht und aufgeklärt werden. Und sie wussten offenbar genau, was sie taten."

Stattdessen hätten die Bischöfe durch von ihnen eingesetzte Gutachter und "unabhängige" Kommissionen scheibchenweise und nach ihren Regeln Einblick gewährt und die Amtsträger maximal verschont.

Missbrauchsstudie im Erzbistum Freiburg

Die Untersuchung zu sexualisierter Gewalt und Verschleierung von Missbrauchstaten im Erzbistum Freiburg sieht bei den früheren Erzbischöfen Robert Zollitsch und Oskar Saier schweres Fehlverhalten und gravierende Rechtsverstöße im Umgang mit Straftaten durch Priester. Der Schutz der Institution Kirche und der Täter habe über allem gestanden, sagte Studienautor Eugen Endress bei der Vorstellung des 600-Seiten-Berichts. Für Betroffene und Angehörige habe es keine Hilfen gegeben: "Sie wurden allein gelassen."

Vorstellung der GE-Kommission zu sexuellem Missbrauch in Freiburg / © Andree Kaiser (KNA)
Vorstellung der GE-Kommission zu sexuellem Missbrauch in Freiburg / © Andree Kaiser ( KNA )
Quelle:
KNA