Gemeinsam mit "allen Menschen guten Willens" seien Christen zudem in der Lage, der Politik ein menschliches Angesicht zu geben. "Wir haben die Botschaft des Evangeliums, die für Europa wichtig ist, und können es wagen, das Evangelium auch politisch und sozial zu leben."
Das Karlsfest wird anlässlich des Todestages Kaiser Karls des Großen (um 748 bis 814) in Aachen alljährlich am letzten Januar-Sonntag eines Jahres gefeiert.
Karl der Große als "Bekenner des Glaubens"
In seiner Predigt würdigte Hollerich Karl den Großen als "Bekenner des Glaubens". Für ihn sei der Glaube etwas Selbstverständliches gewesen, und zugleich sei er offen für Neues, eine neue Kultur, Austausch und Dialog gewesen. Karl der Große habe gezeigt, dass es zum Bekennen des Glaubens gehöre, um die eigene Sündhaftigkeit zu wissen und Gott um Verzeihung zu bitten. "Der Mensch sündigt mit dem Herzen und dem Gehirn", so Hollerich. "Hochmut, fundamentaler Egoismus und der Ausschluss von anderen Menschen und ganzen Gruppen sind eine größere Sünde als alles, was mit Sexualität zu tun hat."
Glaube kann die Welt verändern
Der Glaube sei keine Privatsache, sondern müsse immer ausstrahlen, um die Welt zu verändern. Den Glauben zu bekennen bedeute aber nicht, gegenüber anderen den Zeigefinger zu erheben, sondern in Familie, Beruf und Gesellschaft demütig zu leben, betonte Hollerich. "Christen bekennen die meiste Zeit durch Handeln und nicht nur durch das Wort."
Sie müssten vor allem Liebe und Engagement für alle aufbringen, die vertrieben und auf der Flucht seien. In diesem Zusammenhang kritisierte Hollerich die Flüchtlingspolitik der EU: "Da hat Europa ein sehr kaltes Herz und versteht nicht mehr die Not der Menschen", bemängelte der Kardinal. "Wenn wir den Glauben bekennen wollen, müssen wir ein sehr weites Herz haben, um allen zu helfen."
Europa habe aber auch Großes geleistet, und Karl der Große würde sich über die Europäische Union freuen, sagte Hollerich. "Ein kleiner Kompromiss zwischen Staaten ist besser als Feindseligkeit." Christen müssten Gott sowie die Freude des Evangeliums und des Glaubens in ihr Leben hineinlassen. "Mit traurigem Gesicht und moralischem Zeigefinger überzeugen wir niemanden."