Kölner Ex-Dombaumeisterin freut sich auf Notre-Dame Eröffnung

"Innenraum wird überraschen"

In wenigen Wochen soll die Kathedrale Notre-Dame in Paris wieder öffnen. Die ehemalige Kölner Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner zieht eine erste Bilanz der Sanierungsarbeiten. Und sie erklärt, was sie von Eintrittspreisen hält.

Notre-Dame in der Abendsonne / © Corinne Simon (KNA)
Notre-Dame in der Abendsonne / © Corinne Simon ( KNA )

Künftige Besucher von Notre-Dame werden nach Aussagen der ehemaligen Kölner Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner überrascht sein von der Wirkung des Innenraums.

Die Restauratoren der weltberühmten Kathedrale in Paris hätten die Wände ganz in Wollweiß getüncht, sagte Schock-Werner in einem Interview in der November-Ausgabe der "Herder-Korrespondenz". "Vorher war der Raum steinsichtig, wie wir Architekten sagen, und ein bisschen schmuddelig", so die Expertin. "Es wird dann ein heller Kirchenraum sein."

Im Zuge von Renovierungsarbeiten war am 15. April 2019 auf dem Dach von Notre-Dame ein Großfeuer ausgebrochen. Es zerstörte Dächer und Dachstuhl, Teile der Gewölbe sowie den Vierungsturm. Die von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gewünschte Wiederöffnung bis zum fünften Jahrestag des Brandes konnte zwar nicht ganz eingehalten werden; sie soll aber am 8. Dezember stattfinden.

Hoher Zeitdruck bei Renovierung

Insgesamt hätten die Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten unter einem großen Zeitdruck stattgefunden, sagte Schock-Werner. Doch das habe auch positive Effekte gehabt. "Die Dreiecksbinder im Dachstuhl sind außerhalb der Stadt geschlagen und aufgebaut worden, sie wurden auf Schiffen die Seen und Flüsse hinuntergefahren und in der Kirche als Ganzes aufgesetzt. Das ist natürlich ungeheuerlich, das ist toll", so die Architektin.

"Wenn Geld ohne Ende da ist und durch den Bauherrn alle Regeln der Bürokratie für Ausschreibungen und so weiter außer Kraft gesetzt werden, kann man einen solchen Wiederaufbau in so kurzer Zeit schaffen."

An der großen Anteilnahme spüre man, dass die großen Kirchen doch etwas ganz Besonderes seien, betonte Schock-Werner. "Das gilt auch für die Kirchen in Chartres, Reims, Nantes. Diese Kathedralen geben auch in einer profanierten Welt ein Gefühl, es mit der Ewigkeit zu tun zu haben."

Besucheransturm als Herausforderung

Als herausfordernd bezeichnete die Architektin, die von 1999 bis 2012 die Kölner Dombauhütte leitete und 2019 Beauftragte der Kulturstaatsministerin für die Koordinierung der Hilfsangebote für Notre-Dame aus Deutschland wurde, den erwarteten Ansturm an Besuchern nach dem 8. Dezember. "Ich weiß gar nicht, wie die Franzosen das bewältigen wollen", so Schock-Werner.

Für die Sagrada Familia in Barcelona müsse man vorab digital ein Ticket buchen und dafür 50 Euro zahlen. Das halte sie für wenig zielführend. "Wenn es Kirchenbesichtigungen nur noch für Reiche gibt, finde ich das nicht in Ordnung. Aber irgendwas müssen sie sich in Paris einfallen lassen. Die hatten ja schon vor dem Brand im Mittelschiff Gottesdienste veranstaltet und drumherum zogen die Touristen."

Insgesamt seien die Arbeiten in Notre-Dame "etwas geheimnistuerisch, hermetisch" ausgeführt worden, bedauerte Schock-Werner. "Es durfte kein Fotograf in die Kirche hinein. Das wäre in Deutschland nicht möglich."

Die religiöse Bedeutung von Notre-Dame

Notre-Dame ist die Kirche des Pariser Erzbischofs - daher der Titel "Kathedrale" (lat. cathedra = Sitz, Stuhl). Vorgängerbauten auf der Ile de la Cite, der Kernstadt auf der Seine-Insel, lassen sich bis um das Jahr 540 zurückverfolgen. Hier befanden sich die wichtigsten Reliquien von Paris, darunter auch ein Teil der Dornenkrone und ein Kreuznagel, die traditionell als von der Kreuzigung Jesu Christi stammend verehrt werden.

Bauzaun vor Notre-Dame / © Corinne Simon (KNA)
Bauzaun vor Notre-Dame / © Corinne Simon ( KNA )
Quelle:
KNA