Konservative Anglikaner wollen eigene Strukturen bilden

Anfang vom Ende?

Konservative Anglikaner in der ganzen Welt wollen eigene Kirchenstrukturen aufbauen. Das kündigte die Globale Anglikanische Zukunftskonferenz (GAFCON) in Jerusalem in ihrem am Sonntag veröffentlichten Abschlussdokument an. Weil liberale Kirchenführer von der "rechten Lehre" abwichen, seien solche Maßnahmen eine pastorale Notwendigkeit, heißt es in der "Jerusalemer Erklärung".

 (DR)

Mehr als 1.000 vor allem afrikanische Kirchenvertreter, darunter 291 Bischöfe, hatten eine Woche lang in Jerusalem über den Umgang mit der 2003 durch die Weihe eines homosexuellen Bischofs eskalierten Krise in der anglikanischen Weltgemeinschaft diskutiert. Der von Afrikanern geführte konservative Kirchenflügel vertritt etwa die Hälfte der rund 78 Millionen Anglikaner weltweit.

Religiöser Relativismus
Mit dem Einzug eines religiösen Relativismus in die Theologie und der Priesterweihe von bekennenden Homosexuellen habe sich der liberale Flügel eindeutig gegen die biblische Lehre und die anglikanische Glaubenstradition gestellt, so das Dokument. Millionen von Gläubigen fühlten sich von den derzeitigen Führungsgremien unter dem «historischen Vorsitz» des Erzbischofs von Canterbury nicht mehr vertreten. Die Jerusalemer Versammlung habe sich daher dazu entschieden, einen «Bischofsrat der GAFCON-Bewegung» zu bilden, um zukunftsweisende Entscheidungen zu treffen und andere «bekennende Anglikaner» zu ermutigen, sich ihnen anzuschließen.

Besonders in Nordamerika sei die Zeit reif für die Errichtung einer eigenen Kirchenprovinz, die von dem neuen Rat abzusegnen sei, heißt es. In den USA und Kanada hatten in den vergangenen Jahren einzelne Pfarreien die Treue zu ihrer liberalen Diözesanleitung aufgekündigt und sich einem konservativen Bischof einer anderen Diözese angeschlossen. Dadurch war es zu Streit um den Kirchenbesitz der betroffenen Pfarreien gekommen. Die Jerusalemer Erklärung erkennt zwar prinzipiell das Grundeigentum einer Diözese auf ihrem Territorium an, macht jedoch eine Ausnahme für «solche Gegenden, in denen die kirchlichen Führer den rechten Glauben verneinen».

«Verheerende Schlussfolgerungen»
Erneut wandten sich die GAFCON-Teilnehmer gegen die für Ende Juli angesetzte Lambeth-Konferenz: Diese werde von Bischöfen mitgeprägt, die von der wahren anglikanischen Lehre abgewichen seien, und sei zudem so strukturiert, dass «harte Diskussionen» vermieden würden.

Es sei offensichtlich, dass die existierenden disziplinarischen Instrumente der Gemeinschaft angesichts der aktuellen Krise versagt hätten. Stattdessen sei man zu der «verheerenden Schlussfolgerung gekommen, dass wir eine globale Gemeinschaft mit kolonialen Strukturen sind». Die Lambeth-Konferenz findet alle 10 Jahre statt und gilt bisher als oberstes Beschlussgremium der Anglikanischen Weltgemeinschaft.

In den wirtschaftlich entwickelten Nationen habe «militanter Säkularismus und Pluralimus» das Zeugnis der Kirchen kompromittiert und geschwächt, unterstreicht die Erklärung. So habe sich die bibelwidrige Lehre verbreitet, dass «alle Religionen gleichermaßen zu Gott» führten. Außerdem verkünde dieses «falsche Evangelium» die Vielfalt sexueller Vorlieben als universelles Menschenrecht. Die Heilige Schrift jedoch verteidige die christliche Ehe zwischen Mann und Frau als den angemessenen Ort für sexuelle Intimität und Basis der Familie.

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