Kontroverse über Rabbinerausbildung hält an

Trägerstiftung wird bald gegründet

Ausbildung unter dem Dach des Zentralrats der Juden oder nicht: Über eine passende Trägerstruktur für die liberale Rabbinerausbildung gibt es weiter Differenzen. Die derzeitige Trägerin will unabhängig vom Zentralrat bleiben.

Symbolbild Rabbi / © Oleg Ivanov IL (shutterstock)

Die für die Potsdamer Rabbinerausbildung angekündigte Trägerstiftung soll voraussichtlich in einigen Wochen an den Start gehen. Die Gründung der Stiftung sei beim brandenburgischen Innenministerium beantragt, sagte ein Sprecher des Zentralrats der Juden dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Mittwoch in Berlin: "Wir gehen davon aus, dass sie zum Wintersemester 2024/25 ihre Arbeit aufnehmen wird." Sobald diese religionsgemeinschaftliche Stiftung ihre Arbeit aufnimmt, werde auch die bisherige Förderung für das Abraham-Geiger-Kolleg auf die Stiftung übergehen.

Kein Vertrauen in die derzeitige Trägerstruktur

Der Zentralrat, das Bundesinnenministerium, die Kultusministerkonferenz und das brandenburgische Kulturministerium hatten die Gründung der Stiftung im Februar angekündigt. Ziel sei, dass es "weiterhin und dauerhaft eine liberale wie konservative Rabbinats- und Kantoratsausbildung in Deutschland geben soll", hieß es damals. 

Es bestehe kein Vertrauen in die derzeitige Trägerstruktur. Deshalb werde eine neue Struktur in Form einer vom Zentralrat getragenen religionsgemeinschaftlichen Stiftung angestrebt.

Unabhängigkeit gefährdet? 

Die Jüdische Gemeinde zu Berlin, die seit rund anderthalb Jahren die Trägerschaft der beiden Potsdamer Rabbinerseminare Abraham-Geiger-Kolleg und Zacharias-Frankel-College innehat, lehnt dies jedoch ab.

Sie sieht nach eigener Aussage die Unabhängigkeit der nicht-orthodoxen Rabbinerausbildung gefährdet. Ein Gemeindesprecher sagte dem epd, Ziel des Zentralrats sei, die Rabbinerausbildung "in welcher Form auch immer, unter seinen Einfluss zu bringen und damit als unabhängige liberal-jüdische Institution abzuwickeln".

Fördergelder

Die Gemeinde warf dem Zentralrat, dem sie selbst auch angehört, vor, seit mehr als einem Jahr Fördergelder für die Rabbinerausbildung zurückzuhalten. Die letzte Zahlung in Höhe von 115.000 Euro habe es Ende März 2023 gegeben, sagte der Gemeindesprecher. Inzwischen werde die Rabbinerausbildung mithilfe von zinslosen Darlehen finanziert.

Vom Zentralrat hieß es, die Förderung des Zentralrats der Juden in Deutschland für den Träger der liberalen Rabbinerausbildung betrage im Jahr ungefähr eine halbe Million Euro, die in mehreren Tranchen gewährt werde. "Bisher wurden der Jüdischen Gemeinde zu Berlin als aktuellem Träger der Ausbildungsstätte alle Förderzahlungen angeboten, die von der Gemeinde aber nicht abgerufen wurden", sagte ein Sprecher dem epd.

"Vergiftetes" Zahlungsangebot 

Von der Gemeinde hieß es dazu, ein zwischenzeitliches Zahlungsangebot des Zentralrats sei "vergiftet" gewesen, weil eine Zustimmung dazu auch die Auflösung des Abraham-Geiger-Kollegs oder seine Überführung in eine neue Struktur des Zentralrats bestätigt hätte. 

Es gebe jedoch "keinen inhaltlich sachlichen Grund, eine neue Stiftung für die liberal-jüdische Rabbinats- und Kantoratsausbildung zu errichten". Der Gemeinde zufolge würden zudem Ordinationen unter dem Dach einer Stiftung des Zentralrats von Verbänden des liberalen Judentums nicht anerkannt.

Das Abraham-Geiger-Kolleg wurde 1999 gegründet und bildet seit 2001 Geistliche der liberalen Strömung des Judentums aus.

Stichwort: Rabbi

In den Evangelien des Neuen Testaments wird Jesus als Rabbi und damit als jüdischer Gelehrter bezeichnet. Diese ehrerbietige Anrede bedeutet "Meister"; in ihr kommen Gehorsam und Respekt zum Ausdruck. Jesus selbst bestätigt, dass ihm diese Anrede zukommt (Joh 13,13). Obwohl Jesus kein studierter Schriftgelehrter ist, tritt er wie ein solcher auf, was diese als Anmaßung empfinden. Er lehrt in der Synagoge, interpretiert die Schrift und hat einen Schülerkreis. Jesu Lehre ist nicht gegen den in der Tora dargelegten jüdischen Glauben.

Symbolbild Thorarolle / © Pedro Gutierrez (shutterstock)
Symbolbild Thorarolle / © Pedro Gutierrez ( shutterstock )
Quelle:
epd