Kirche und Kommunen brüten über Martinszüge mit Corona-Regeln

Laterne, Laterne, Sonne, Mond und ... Abstand

Kann ein Martinsfest in Corona-Zeiten funktionieren? Manche Ausrichter wollen es versuchen. Andere arbeiten an neuen Ideen. Entstehen durch die Pandemie so möglicherweise neue Bräuche rund um den Gedenktag des Heiligen?

Autor/in:
Anita Hirschbeck
Sankt Martin / © Adelaide Di Nunzio (KNA)
Sankt Martin / © Adelaide Di Nunzio ( KNA )

Im Rheinland liebt man Umzüge. Das gilt nicht nur an Karneval, sondern auch an Sankt Martin. Gegen kleine Kinder mit leuchtenden Laternen hat nicht einmal die Corona-Schutzverordnung des Landes etwas einzuwenden, wie das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium erst vor kurzem klarstellte.

Als Veranstaltungen unter freiem Himmel seien Martinszüge grundsätzlich erlaubt, heißt es in einen Schreiben an die kommunalen Spitzenverbände. Ab 300 Teilnehmern sei allerdings ein Hygienekonzept nötig - und vor allem die Abstandsregeln müssten eingehalten werden.

Familien, feste Zehnergruppen und Kindergartengruppen, die in den Einrichtungen ohnehin ohne Abstand betreut würden, brauchen keine Distanz wahren. Martinsfeuer nach Ende der Umzüge sollten lieber ausfallen.

Martinszüge nicht in der üblichen Form

Abstand und Konzepte - viele Ausrichter fragen sich, ob und wie sie das Brauchtum in diesem Jahr durchführen können. Vieles hänge zudem von der Entwicklung der Infektionszahlen ab, betont der Städtetag NRW. Der Städte- und Gemeindebund NRW erklärt, dass manche Kommunen Martinszüge bereits abgesagt hätten. In anderen würde die Tradition stattfinden, "aber nicht in der üblichen Form".

Einige katholische Bistümer raten ihren Pfarreien, Kitas und Grundschulen zu kleinen Umzügen und Feiern ohne weiten Familienkreis und ohne Zuschauer. So lautet zum Beispiel eine Empfehlung aus dem Bistum Aachen. Ähnlich äußert sich der Zweckverband Katholische Tageseinrichtungen für Kinder im Bistum Essen. Da die Diözesen selbst keine Martinsumzüge ausrichten, machen sie auch keine verbindlichen Vorgaben zu Absage oder Durchführung. Allerdings können sie den kirchlichen Veranstaltern Tipps geben.

Der Corona-Krisenstab im Bistum Aachen schlägt zum Beispiel vor, dass - je nach Möglichkeit - Sankt Martin mit Pferd und Bettler durch eine Nachbarschaft reitet und die Kinder mit ihren Eltern vor den Häusern stehen. Sofern ein Umzug genehmigt ist, spricht aus Sicht der Diözese generell nichts gegen einen Martin-Darsteller auf einem Pferd. Das Singen sei aber problematisch. Grundschulkinder dürften laut Corona-Schutzverordnung des Landes auch im Freien nur mit drei Metern Abstand zueinander singen, während Kita-Kinder keine Distanz halten müssen.

Das Bistum Münster verweist auf ein "halb-digitales" Martinsfest in der Pfarrei Sankt Franziskus in Duisburg-Homberg. Dort basteln Kinder aus dem ganzen Stadtteil Laternen und geben sie an Anwohner weiter. Am Abend des 11. November können die Nachbarn ihre leuchtenden Laternen sichtbar in ihren Fenstern oder auf Balkonen platzieren. Gleichzeitig spielen Musiker aus der Pfarrei im Viertel verteilt Martinslieder. Fotos der Aktion werden online geteilt.

Entstehen neue Bräuche?

So entstehen durch die Pandemie möglicherweise neue Bräuche rund um den Gedenktag des Heiligen Martin am 11. November. Die bisherigen sind deutschlandweit bekannt und beliebt. Generationen von Kinder sind schon mit - oft selbst gebastelten - Laternen zu einem Martinsfeuer gelaufen. Begleitet werden sie üblicherweise von einem Reiter, der mit römischem Helm und Purpurmantel bekleidet an den Soldaten Martin und dessen gute Tat erinnern soll: Der Legende nach teilte der Heilige seinen Mantel mit einem frierenden Bettler.

Am Martinsfeuer werden die Mädchen und Jungen oft mit einem "Weckmann" oder einem "Stutenkerl" belohnt, also einem Hefegebäck in Form eines Männleins. Eine weitere Tradition dürfte heutzutage viele an Halloween erinnern: Kinder ziehen in ihren Wohnvierteln von Haus zu Haus und bitten um Süßigkeiten. Sie drohen allerdings nicht mit Streichen, wie es bei dem US-amerikanischen Brauch üblich ist, sondern singen ihren Nachbarn Martinslieder vor.

Auch eine Martinsgans darf in vielen Familien nicht fehlen. Das Gericht erinnert an die Legende, nach der sich der heilige Martin in einem Gänsestall versteckte, um seiner Weihe zum Bischof von Tours zu entgehen. Die schnatternden Tiere verrieten ihn jedoch.

Sankt Martin, Bischof von Tours

Die nach dem heiligen Martin von Tours benannten Umzüge rund um den 11. November erinnern an die Legende, nach der Martin seinen Mantel mit einem frierenden Bettler teilte. Martin wurde wohl 316/17 in der Stadt Sabaria geboren, dem im heutigen Ungarn gelegenen Szombathely (Steinamanger). Der Sohn eines römischen Tribuns trat auf Wunsch seines Vaters in die Armee ein. Nach seiner Bekehrung ließ sich Martin mit 18 Jahren taufen, quittierte den Militärdienst und wurde Eremit.

Sankt Martin / © jorisvo (shutterstock)
Quelle:
KNA