Menschenrechtler erzürnt Gesetz gegen Homosexuelle in Uganda

"Das ist eine politische Waffe"

Das Parlament in Uganda hat einen Gesetzesentwurf gebilligt, der drakonische Strafen für Homosexualität vorsieht. Menschen, die sich als schwul, lesbisch oder transgender outen, droht künftig lebenslange Haft bis hin zur Todesstrafe.

Symbolbild Regenbogenfahne / © whoop_whoop (shutterstock)
Symbolbild Regenbogenfahne / © whoop_whoop ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Das Gesetz folgt einer zunehmend homophoben Rhetorik unter Politikern, religiösen Führern und anderen Teilen der ugandischen Gesellschaft. Allein im Februar gab es über 100 An- und Übergriffe auf queere Personen in Uganda. Woher kommt dieser Hass?

Martin Lessenthin / © Internationale Gesellschaft für Menschenrechte / IGFM
Martin Lessenthin / © Internationale Gesellschaft für Menschenrechte / IGFM

Martin Lessenthin (Sprecher der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte): Dieser Hass hat einerseits traditionelle Wurzeln, er hat aktuell auch religiöse Wurzeln.

Und es ist ein Hass, der gezielt genutzt wird, um in Uganda Politik zu machen. Es geht zum Beispiel um die Ausschaltung von oppositionellen Politikern. Es geht darum, eine Verfolgungssituation politisch zu nutzen. Es geht um Isolation von Gruppen.

Vor allem ist es verbunden mit der Person des Dauerpräsidenten Museveni, der nun schon seit 1986 Präsident in Uganda ist, sich immer hat wiederwählen lassen und in dieser Zeit mit schmutzigen Tricks seine Wahlen gewonnen hat. Unter anderem eben auch mit der Homo-Keule. Das scheint sein Erfolgsprinzip zu sein.

DOMRADIO.DE: Das Gesetz geht noch weiter. Auch Menschen, die wissentlich homosexuelle Menschen beherbergen, medizinisch versorgen oder ihnen Rechtsbeistand leisten, können mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden. Welche Folgen befürchten Sie da?

Martin Lessenthin (Sprecher der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte)

"Das ist eine politische Waffe. Dabei geht es (...) darum, Herrschaft zu stabilisieren und Druck gegen bestimmte Gruppen zu gebrauchen. Zu demonstrieren, dass man mit drakonischer Härte gegen diese Gruppen oder Personen vorgeht."

Lessenthin: Das ist die Aufforderung zur Denunziation. Das ist eine politische Waffe. Dabei geht es, wie gerade auch schon angesprochen, einfach darum, Herrschaft zu stabilisieren und Druck gegen bestimmte Gruppen zu gebrauchen und zu demonstrieren, dass man mit drakonischer Härte gegen diese Gruppen oder Personen vorgeht.

Museveni hat in seiner Amtsgeschichte immer wieder Aggression gebraucht. Er hat diese Aggression gegen Nachbarländer und gegen Gruppen, gegen Oppositionen gerichtet. Er war derjenige, der Ruanda, Kongo und auch den Sudan aggressiv bedrängt hat. Das gehört zu seiner Geschichte.

So scheint er in die Annalen eingehen zu wollen, der Dauerpräsident von Uganda.

DOMRADIO.DE: Hetze gegen Homosexuelle ist nicht nur in Uganda an der Tagesordnung. In mehr als 30 afrikanischen Ländern sind gleichgeschlechtliche Partnerschaften verboten. In vielen Ländern drohen Homosexuellen Haftstrafen, in Somalia sogar die Todesstrafe. Sind es überall politisch motivierte Gründe oder gibt es da noch andere Gründe?

Lessenthin: Es ist überall eine Mixtur aus traditionellen und religiösen Gründen. Afrika ist ein Kontinent, der weitestgehend im Norden und in der Mitte unter starkem islamischen Einfluss steht. Dort, wo das der Fall ist, ist die Situation für Homosexuelle besonders schwierig.

Auch in Uganda haben wir eine muslimische Minderheit, die es zusammen mit traditionellen Religionen und auch charismatischen Christen, den Homosexuellen besonders schwer macht. Solche Mixturen erleben wir auf dem ganzen afrikanischen Kontinent.

Aber um fair zu bleiben, Afrika ist nicht per se der einzige Verfolger von geschlechtlichen Orientierungen, die irgendwem nicht passen. Das haben wir natürlich auch im Osten Europas und ganz besonders mit einer scharfen Anti-Homo-Gesetzgebung in Russland, gerade unter dem Einfluss der russisch-orthodoxen Kirche.

DOMRADIO.DE: Welchen Anteil haben die Kirchen und die Evangelikalen in Afrika an dieser Gemengelage?

Martin Lessenthin (Sprecher der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte)

"Aber sie können auch ihr Spiel zur Ausschaltung von Oppositionen treiben, indem sie entweder die Homo-Keule schwingen oder eine bestimmte religiöse Gruppe bevorzugen, andere benachteiligen und so ihre Herrschaft stabilisieren."

Gläubige in Uganda / © Daniel Dal Zennaro (dpa)
Gläubige in Uganda / © Daniel Dal Zennaro ( dpa )

Lessenthin: Uganda ist tatsächlich ein religiöser Mix. Also neben zirka 40 Prozent Katholiken und gut 30 Prozent Anglikanern gehören dazu jeweils zehn bis zwölf Prozent Muslime oder pentekostale Christen, das sind charismatische Christen und Anhänger der Naturreligionen, Animisten.

Diese Mixtur allein zeigt schon, dass sich politisch Herrschende immer mit der einen Gruppe gegen die andere Gruppe wenden können. Also sowohl was die Konfessionen angeht, aber sie können auch ihr Spiel zur Ausschaltung von Oppositionen treiben, indem sie entweder die Homo-Keule schwingen oder eine bestimmte religiöse Gruppe bevorzugen, andere benachteiligen und so ihre Herrschaft stabilisieren.

DOMRADIO.DE: Müsste da nicht die deutsche Außenpolitik einschreiten und beispielsweise Gelder aus der Entwicklungszusammenarbeit an die Einhaltung von Menschenrechten knüpfen?

Lessenthin: Genau das ist zu fordern. Wenn wir sehen, wie die deutsche Außenpolitik an dieser Stelle agiert oder auch die EU-Partner, dann erkennen wir doch deutliche Defizite gegenüber dem Tenor, der bereits aus den USA Uganda entgegenschallt.

Herrn Museveni und seiner Führungsclique und diesen Abgeordneten, die fast einstimmig diese schrecklichen Gesetze beschließen, muss klargemacht werden, dass es keine weitere Entwicklungszusammenarbeit, keine Fortschritte in der Zusammenarbeit geben wird, wenn es nicht vorher deutliche Fortschritte in der Menschenrechtslage in Uganda gibt.

Martin Lessenthin (Sprecher der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte)

"Auch in Uganda gilt, dass jeder Mensch nach seiner Fasson selig werden sollte, ungeachtet seiner sexuellen oder religiösen oder sonstigen Orientierung."

Dazu zählt insbesondere, dass keine Minderheit verfolgt werden darf, dass die Todesstrafe aus diesem Bedrohungsarsenal herausgenommen werden muss und dass auch in Uganda gilt, dass jeder Mensch nach seiner Fasson selig werden sollte, ungeachtet seiner sexuellen oder religiösen oder sonstigen Orientierung.

Das Interview führte Heike Sicconi.

Ugandischer Anwalt kündigt Widerstand gegen Anti-LGBT-Gesetz an

Der ugandische Menschenrechtsanwalt und Aktivist Nicholas Opiyo hat Widerstand gegen das Gesetzesvorhaben zur Verfolgung sexueller Minderheiten angekündigt. Das vom Parlament verabschiedete Gesetz entspreche nicht den grundlegenden Normen der Verfassung, sagte der geschäftsführende Direktor der Menschenrechtsorganisation "Chapter Four" dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Kampala. "Wir werden auf jeden Fall dagegen vorgehen, sollte der Präsident unterzeichnen."

Symbolbild: Protest gegen Haltung der Regierung Ugandas zu Homosexualität. / © John Gomez (shutterstock)
Symbolbild: Protest gegen Haltung der Regierung Ugandas zu Homosexualität. / © John Gomez ( shutterstock )
Quelle:
DR