Die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, erwartet von der evangelischen Kirche mehr Engagement bei der Aufarbeitung von Missbrauch.
Recht auf Aufklärung
"Die Rechte von Betroffenen müssen gestärkt werden", sagte sie der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Samstag in Berlin. Das betreffe vor allem die für Betroffene so wichtige Akteneinsicht, das Recht auf Aufklärung von Taten in der Vergangenheit und das Recht auf Aufarbeitung. Claus äußerte sich mit Blick auf die am Sonntag beginnende Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Würzburg.
Die Synode beschäftigt sich erstmals seit Vorstellung einer bundesweiten Missbrauchsstudie mit dem Thema sexualisierte Gewalt. Die Missbrauchsstudie für EKD und Diakonie war Ende Januar von unabhängigen Forschern in Hannover vorgestellt worden.
Sie hatte in kirchlichen Akten Hinweise auf 2.225 Betroffene und 1.259 Beschuldigte seit 1946 ausgemacht. Zudem stellten die Studienautoren Kirche und Diakonie im Umgang mit Missbrauchsfällen ein schlechtes Zeugnis aus. Die 128 Delegierten wollen in Würzburg öffentlich über die Ergebnisse der Studie diskutieren und mehrere Maßnahmen gegen sexualisierte Gewalt beschließen.
"Viel zu lange warten Betroffene von sexualisierter Gewalt"
Claus betonte, auch die Frage der Anerkennungsleistungen sei drängend. "Viel zu lange schon warten Betroffene von sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche auf ein transparentes, verbindliches und bundesweit einheitliches Verfahren zur Festlegung der Höhe der Anerkennungszahlungen", so Claus.
Die Synode habe jetzt den Auftrag, konkrete Antworten zu geben und Maßnahmen zu beschließen, die Betroffene sexualisierter Gewalt ins Zentrum von Aufdeckung und Aufarbeitung stellten.
Betroffene sexualisierter Gewalt, die sich heute bei Landeskirchen oder diakonischen Einrichtungen meldeten, dürften nicht den gleichen Mängeln in Verfahren ausgesetzt werden, wie sie in erschreckendem Ausmaß in der Vergangenheit festgestellt worden seien.