Patriarch von Babylon zieht wegen Amtsstreit nach Kurdistan

"Politisches, nationales und moralisches Chaos"

Der chaldäisch-katholische Patriarch Louis Raphael Sako hat seinen Rückzug aus seinem Amtssitz in Bagdad angekündigt. Zuvor hatten Iraks Christen gegen die Beschneidung seiner Kompetenzen durch den Präsidenten des Landes protestiert.

Abdul Latif Raschid im Jahr 2022 bei der Amtseinführung zum irakischen Präsidenten / © Ameer Al-Mohammedawi (dpa)
Abdul Latif Raschid im Jahr 2022 bei der Amtseinführung zum irakischen Präsidenten / © Ameer Al-Mohammedawi ( dpa )

Er werde sich stattdessen in die Autonome Region Kurdistan im Nordirak in ein Kloster begeben, so der Kardinal in einem am Samstag veröffentlichten Schreiben.

Darin spricht er von einem "noch nie da gewesenen politischen, nationalen und moralischen Chaos".

Der chaldäische Erzbischof von Erbil, Bashar Warda, bestätigte am Samstag, Sako werde künftig die kirchlichen Angelegenheiten von Kurdistan aus beaufsichtigen.

Kirche in Ainkawa, nahe der Hauptstadt der Region Kurdistans im Irak / © KNA-Bild (KNA)
Kirche in Ainkawa, nahe der Hauptstadt der Region Kurdistans im Irak / © KNA-Bild ( KNA )

Der Sitz des Patriarchats der Chaldäischen Kirche werde aber nicht verlegt. Hintergrund ist ein innerkirchlicher Konflikt.

Iraks Präsident hob Sonderdekret über Kompetenzen Sakos auf

Er endete damit, dass der irakische Präsident Abdul Latif Rashid am 3. Juli ein von Amtsvorgänger Jalal Talabani erlassenes Sonderdekret aus dem Jahr 2013 aufhob, das Sako weitreichende Befugnisse zur Verwaltung chaldäischer Stiftungsangelegenheiten einräumte.

Das Dekret bezeichnete ihn offiziell als Oberhaupt der Chaldäischen Kirche.

Im Zuge des Konflikts war der Kardinal am Freitag von der Polizei vernommen worden, weil ihm vorgeworfen wird, Kirchenbesitz unrechtmäßig veräußert zu haben.

Solidarität aus der Heimat und aller Welt für den Patriarchen

Anschließend reiste er nach Istanbul, wo er an diesem Sonntag die Weihe des neuen chaldäischen Bischofs für Diyabakir, Sabri Anar, vornehmen soll.

Kardinal Louis Raphael I Sako / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Kardinal Louis Raphael I Sako / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Die Christen im Nordirak forderten bei Demonstrationen in Ankawa bei Erbil in der Autonomen Region Kurdistan und in Karamles in der Ninive-Ebene Gerechtigkeit für den Kardinal.

Ebenso bekundeten chaldäische und weitere Bischöfe aus der ganzen Welt ihre Solidarität mit Sako.

Sako sieht Schuld bei Gründer der "Babylon-Brigaden"

Sako erklärte in seinem Schreiben an Präsident Rashid, den irakischen Premierminister Muhammad Shiaa al-Sudani sowie an das christliche und irakische Volk, die jüngsten dramatischen Entwicklungen dauerten an; er selbst werde angeklagt, während der tatsächlich Schuldige frei sei und geschützt werde.

Gemeint ist damit Rayan Al-Kildani, Gründer der Miliz "Babylon-Brigaden" und der politischen Babylon-Bewegung. Rashids Entscheidung war nach einem Treffen mit Kildani gefallen.

Verkauf christlichen Eigentums in den Iran?

Kildani wird von verschiedenen Seiten vorgeworfen, dass er in Diensten des Iran steht und christliches Eigentum in großem Stil an iranische Mittelsmänner verkauft.

Sako und Kildani lieferten sich in den vergangenen Monaten heftige Wortgefechte. Der Patriarch warf dem Politiker und Milizenführer etwa vor, nicht die Interessen der Christen zu vertreten, auch wenn er dies vorgebe.

Kildani warf Sako seinerseits vor, sich in die Politik einzumischen, Land unrechtmäßig zu veräußern und den Ruf der Chaldäischen Kirche zu schädigen.

Chaldäisch-katholische Kirche

Die chaldäisch-katholische Kirche ist eine katholische Ostkirche, die ihre Gottesdienste im ostsyrischen Ritus und in altsyrischer Sprache zelebriert. Im 16. Jahrhundert haben Bischöfe und Gläubige sich von ihrer Mutterkirche, der Apostolischen Assyrischen Kirche des Ostens, getrennt und eine Union mit der Römisch-Katholischen Kirche geschlossen. Die chaldäische Kirche steht in voller Kirchengemeinschaft mit dem Papst von Rom.

Chaldäische Christen warten im März 2021 am Straßenrand auf die Durchfahrt von Papst Franziskus nach Erbil / © Jean-Matthieu Gautier (KNA)
Chaldäische Christen warten im März 2021 am Straßenrand auf die Durchfahrt von Papst Franziskus nach Erbil / © Jean-Matthieu Gautier ( KNA )
Quelle:
KNA