DOMRADIO.DE: Ist Ihnen auf Ihren Pilgerwegen schon einmal jemand verkleidet begegnet?

Beate Steger (Pilgerexpertin und Mitarbeiterin beim Verlag "Der Pilger"): Ja, das ist mir schon passiert. Bei einem Mittelalterfest in Spanien habe ich einen Pilger getroffen, der wie ein Mönch aus dem Mittelalter gekleidet war und einen Esel dabei hatte. Ich selbst bin auch einmal in Verkleidung gepilgert, zusammen mit einer Familie, die sich vorgenommen hatte, in mittelalterlicher Gewandung den Jakobsweg zu gehen.
DOMRADIO.DE: Hat das funktioniert?
Steger: Am Anfang schon. Wir sind im Sommer im Schwäbischen rund um Esslingen gestartet, und die Familie wollte den Weg in mehreren Jahresetappen bis nach Santiago laufen. Doch dann kamen die Töchter in die Pubertät und fanden es nicht mehr spannend, mittelalterlich gewandet unterwegs zu sein. Das Vorhaben hat sich dann leider in Luft aufgelöst. Ich weiß aber, dass es immer wieder Pilger gibt, die mittelalterlich gewandet pilgern.
DOMRADIO.DE: Gibt es etwas, worauf man achten sollte, wenn man in Verkleidung pilgern möchte?
Steger: Die besagte Familie hat sich sehr genau an die Gepflogenheiten des Jahres 1205 gehalten. Sie hatten keine modernen Rucksäcke, sondern Umhängetaschen und große Wollumhänge, die einigermaßen wasserdicht waren. Aber bei den Schuhen haben sie eine Ausnahme gemacht und moderne Wanderschuhe getragen, da es damals natürlich noch keine solchen gab. Gerade bei den Schuhen würde ich empfehlen, auf moderne Varianten zurückzugreifen.
DOMRADIO.DE: Gab es im Mittelalter eigentlich Verkleidungen wie Karnevalskostüme?
Steger: Da erwischen Sie mich auf dem falschen Fuß. Ich weiß nicht genau, ob die Menschen damals fastnachtsmäßig verkleidet unterwegs waren. Aber in Spanien wird die Semana Santa, die heilige Woche vor Ostern, sehr groß gefeiert. In dieser Zeit sind traditionell Büßer unterwegs, oft komplett verhüllt, so dass sie nicht erkannt werden. Vielleicht sind manche Pilger auch aus Buße so gewandet unterwegs gewesen.
DOMRADIO.DE: Gibt es Filme über Pilger in Verkleidung?
Steger: Ja, es gibt einen Pilger namens Michael, der im wahren Leben Feuerwehrmann ist. Er ist als Feuerwehrmann gepilgert, um Spenden für einen guten Zweck zu sammeln. Sein Projekt heißt "Paulinchens Jakobsweg" und unterstützt eine Stiftung. Er ist die gesamte Strecke in voller Feuerwehrmontur gelaufen, was ich mir extrem herausfordernd vorstelle. Darüber gibt es auch einen Dokumentarfilm.
DOMRADIO.DE: Wo kann man diesen Film sehen?
Steger: Es gibt eine Internetseite dazu: "paulinchens-jakobsweg.de". Dort kann man sich informieren und sogar noch eine DVD erwerben, was ja mittlerweile fast schon antiquarisch ist. Ob der Film gestreamt wird, weiß ich nicht, aber auf der Webseite sollte man dazu Infos finden.
Das Interview führte Oliver Kelch.