DOMRADIO.DE: Sie sind 15 Mißbrauchsbetroffene und ihre Begleiter und sind am Samstag unter dem Motto "Wir brechen auf! Kirche bist du dabei? in München gestartet. Ihr Ziel ist der Vatikan in Rom. Das Ganze ist ein Projekt des Betroffenenbeirats der Erzdiözese München und der Initiative "Wir wissen Bescheid" des Vereins "Ettaler Misshandlungs- und Missbrauchsopfer". Sie waren selbst Schüler in Ettal, machen sich seit Jahren schon für Missbrauchsbetroffene stark. Heute sind Sie schon ein bisschen länger auf der Strecke, oder?
Robert Köhler (Initiative "Wir wissen Bescheid" des Vereins Ettaler Misshandlungs- und Missbrauchsopfer): Ja, wir sind heute um 7 Uhr gestartet, sind jetzt die erste Etappe vom Brenner runtergefahren. Nieselregen, neun Grad. Alles gut.
DOMRADIO.DE: Wieso fahren Sie mit dem Fahrrad zum Papst?
Köhler: Die Idee hatte Dietmar Achleitner, der 80 Jahre alt ist, jahrelang schweren Missbrauch erlebt hat und sagt: Ich möchte dort hinfahren und auch an den Papst appellieren, dass das Thema Missbrauch in der Kirche aufgearbeitet wird und dass bei denen, die nicht mitmachen, Konsequenzen gezogen werden.
DOMRADIO.DE: Das heißt, Sie haben tatsächlich die Hoffnung, auch mit dem Papst sprechen zu können.
Köhler: Wir werden mit dem Papst sprechen können. Es wird sicherlich nur ein, zwei, drei Minuten sein. Aber das ist so arrangiert, dass es funktionieren wird.
DOMRADIO.DE: Auf dem Gepäckträger haben Sie ein Kunstwerk dabei, ein etwa 20 mal 20 Zentimeter großes Herz.
Köhler: Ja, das Herz soll symbolisieren, wie erstarrt die Herzen der Betroffenen sind und auch, wie das Herz der Kirche durch dieses ganze Thema erstarrt ist und die Kirche eigentlich gar nicht mehr zu ihrem eigentlichen Zweck kommt. Denn ein Herz muss schlagen. Wir wollen sagen: Man muss herzlich sein, warm sein, um mit den Menschen umzugehen und nicht nur verwalten.
DOMRADIO.DE: Das Motto Ihrer Pilgerreise heißt "Wir brechen auf. Kirche, bist du dabei?" Wie ist denn im Moment Ihr Eindruck?
Köhler: Also, Kirche ist dabei. Erstmal hat das Ordinariat diese Reise auch organisatorisch möglich gemacht. Das war wirklich sehr wichtig. Wir hatten zwei Begegnungen, einmal mit Abt Petrus in Schäftlarn und mit Pfarrer Peter Demmelmair in Bad Tölz, die sich beide auch für diese Reise ihre Sprachfähigkeit zu dem Thema erarbeitet haben.
Aber sie konnten dann beide gut auftreten und sagen, was in ihren Gemeinden passiert ist, wie sie damit umgegangen sind und was heute getan wird. Genau diese Sprachfähigkeit erwarten wir eigentlich von allen, die in der Kirche ein Amt haben oder Priester oder Pfarrer sind. Das würde allen einfach gut tun.
DOMRADIO.DE: Es geht ihnen während dieser Reise auch darum, sichtbar zu sein, sich zu zeigen.
Köhler: Natürlich hängen wir unabhängig von diesen Gesprächen überall unsere Kärtchen hin, halten unser Banner vor Kirchen, machen Fotos davon. Es geht um die Sichtbarkeit, ja.
Das Interview führte Verena Tröster.