Es sei erst ein paar Wochen her, erzählt Generalvikar Guido Assmann, dass er eine besondere Mail erhielt. Eine Familie Müller aus Schwelm meldete sich, denn sie hatte eine Glocke abzugeben. Ob sie vielleicht im Kölner Dom hängen könnte? Oder irgendwo anders im Erzbistum? Leider nein. Die zwölfte Glocke des Doms wurde erst kürzlich aufgehängt. Auch sonst scheinen alle Kirchen versorgt zu sein.
Aber manchmal kommt das Schicksal überraschend mit einer besseren Idee. Am Tag, als diese Mail den Monsignore erreichte, bekam das Erzbistum eine zweite Anfrage. Die kam von den Philippinen.
Auf einem Hügel im Westen der Philippinen wird derzeit eine Kirche neu gebaut, umringt von dichten Wäldern. Sie trägt den Namen Holy Family und soll den 170 Familien dienen, die in der Gegend leben. Viele Straßen und Wege werden dort gerade gebaut, aber die Kirche steht bereits. Was noch fehlt ist eine Glocke, die die Menschen zum Gebet ruft und in ihrem spirituellen Leben begleitet. Ob das Erzbistum vielleicht aushelfen könne?
"Wir sehnen uns nach einer Glocke mit einem schönen, vollen und bezaubernden Klang, wie ihn Kirchenglocken aus Deutschland haben", schreibt der emeritierte Apostolische Vikar von Taytay, Edgardo Sarabia Juanich, in einem Brief an das Erzbistum Köln. Er sei auch mit mehr als 70 Jahren "überglücklich und aufgeregt wegen der Herausforderungen hier vor Ort" und bat um eine Glocke für die gerade fertiggestellte Kirche auf dem Hügel, die dazu beitragen soll "das Bewusstsein der Menschen für das Göttliche und den Durst danach zu erwecken."
Eine Glocke mit Geschichte
"Bestimmt gibt es dort Menschen, die dann für uns hier in Köln beten", sagt der Generalvikar, das sei "ein wunderbares Zeichen für Köln und die Weltkirche." Keine Frage, für das Erzbistum Köln spricht nichts dagegen, diese Glocke von Familie Müller den philippinischen Glaubensgenossen zu senden. "In den Worten von Bischof Juanich klingt sehr viel Freude hindurch, die eine Glocke für die Menschen in Taytay haben könnte. Es freut mich wirklich sehr, dass wir ihnen diesen Wunsch erfüllen und eine Glocke mit Geschichte schenken können. Ich danke auch der großzügigen Familie Müller, die damit unser Erzbistum noch ein Stück enger mit den Menschen auf den Philippinen verbindet."
Das Apostolische Vikariat Taytay wurde erst 2002 von Papst Johannes Paul II. gegründet und zählt damit zu den jungen, aufstrebenden Glaubenszentren Südostasiens. Den Menschen in dem bewaldeten und gebirgigen Gebiet ist neben dem Wachstum ihrer Dorfgemeinschaft vor allem die Nachhaltigkeit sehr wichtig. Auf einem Waldgebiet von mehr als 2.000 Hektar haben sie ein Patenschaftsprogramm mit dem Namen Community Based Forest Management (CBFM) implementiert und in Einklang mit der Natur sieben Dorfgemeinschaften aufgebaut.
30 Kilo auf dem Seeweg
Die etwa 30 Kilogramm schwere Glocke aus dem Erzbistum wurde in Köln am Anfang des 19. Jahrhunderts gegossen und gelangt nun über den Verein Philger e.V. auf die Philippinen. Sie erzählt selbst die Geschichte von Gemeinschaften, die sich am Klang einer Glocke orientieren. Menschen, die an neuen Orten zusammenfinden und sich gemeinsam Hoffnung schenken in einem oft schwierigen und anstrengenden Alltag.
Die Glocke begleitete auf ihrem bisherigen Weg zwischen Köln und Wuppertal zahlreiche Menschen und wird nun in den aufstrebenden Gemeinden der Philippinen eine weitere Geschichte erzählen. Der Name Köln, der auf der Glocke steht, wird nun auch auf den Hügeln von Taytay zu lesen und bei seinem Klang auch in den Dörfern zu hören sein.
Lutz Ruhloff, Vorsitzender des Vereins Philger ("New Filipino – German Association"), schickt die Glocke am Samstag, 30. September, auf den Schiffsweg zu den Philippinen, der einige Monate in Anspruch nehmen wird. Anfang kommenden Jahres wird er sich persönlich davon überzeugen, dass die Glocke hoffentlich ihren genauen Bestimmungsort gefunden hat.