Das Papier "Auf dem Weg der Umkehr und der Erneuerung" hält die theologischen Fundamente für die weiteren Beschlüsse fest. Wichtigste Quellen für Christen sind demnach die Bibel, die Tradition, das Lehramt, die Theologie sowie - das ist entscheidend und neu - die "Zeichen der Zeit und der Glaubenssinn des Volkes Gottes". In der Aussprache ging es vor allem um die Frage, welche Stellung diese "Zeichen der Zeit" haben und welcher Anteil am Lehramt den Theologen zukommt.
Vor dem Hintergrund der Krise in der katholischen Kirche sprach sich der Synodale Weg für einen anderen Umgang mit Macht aus. Aktuell bestehe zwischen dem Anspruch des Evangeliums und der Ausübung von Macht in der Kirche eine Kluft. Damit die Beschlüsse gelten, mussten sowohl alle Teilnehmenden als auch die anwesenden Bischöfe zu mehr als zwei Dritteln zustimmen. Beim Macht-Papier war auch noch die Zwei-Drittel-Zustimmung der nicht-männlichen Teilnehmer notwendig.
Emotionale Aussprache über das Münchner Gutachten
Begonnen hatte die Synodalversammlung mit einer langen und streckenweisen emotionalen Aussprache über das Münchner Gutachten zu sexuellem Missbrauch und seiner Aufarbeitung. Dabei forderten viele Teilnehmer grundlegende und baldige Reformen in ihrer Kirche.
Neben dem Missbrauchs-Skandal selbst war das Verhalten von Benedikt XVI. Gegenstand der Debatte. Mehrere konservative Rednerinnen verteidigten ihn und erinnerten an das entschiedene Vorgehen gegen Missbrauchstäter, das er als Glaubenspräfekt und als Papst an den Tag gelegt habe. Außerdem solle man noch nicht den Stab über ihm brechen, bevor er Gelegenheit hatte, sich ausführlich zu den Lügen-Vorwürfen gegen ihn zu äußern. Auch Kardinal Reinhard Marx, dem am selben Tag in der FAZ der Vorwurf der Beteiligung am Lügen-Komplott um den Ex-Papst gemacht wurde, wehrte sich entschieden.
Debatte um Voderholzer-Äußerung
Für den größten Aufreger sorgte indes der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer. Er hatte in seinem Redebeitrag die Reform des deutschen Sexualstrafrechts aus den 1970er Jahren kritisiert und dabei auch die damals meinungsbildenden liberalen Sexualwissenschaftler aufs Korn genommen. Diese hätten einst behauptet, die Verhöre der Missbrauchsopfer seien schlimmer als die eigentlich harmlosen Akte des sexuellen Missbrauchs. Da er vergessen hatte, in seinem Beitrag den Konjunktiv der indirekten Rede zu benutzen, wurde dieses Zitat von vielen Synodalen als eine eigene Aussage Voderholzers missverstanden - so, als hätte er selbst den Missbrauch verharmlost und relativiert.
Mehrere Redner bekundeten Empörung über die vermutete Entgleisung des konservativen Bischofs, auch Missbrauchsbetroffene zeigten sich sichtlich verstimmt. Im Tagungspräsidium wurde gar eine öffentliche Missbilligung oder Abstrafung Voderholzers erwogen, bis er schließlich in einem erneuten Redebeitrag klarstellen konnte, dass er die von ihm zitierte Verharmlosung des Missbrauchs vollständig missbillige.
Das Präsidium des Synodalen Wegs kündigte die Ausarbeitung eines Schuldbekenntnisses an. In dem Zusammenhang nannte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, das Münchner Gutachten ein "Beben". Er fügte hinzu: "Es wird nicht das letzte gewesen sein - andere Diözesen werden folgen. Und jedes Mal werden wir wieder mit tiefen Abgründen konfrontiert, die mich mit Scham erfüllen."
In der Auftakt-Pressekonferenz sagte die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, sie wolle Veränderungen sehen. Es gelte, Gerechtigkeit herzustellen: "für die Opfer sexueller Gewalt, für die vielen Betroffenen, für Kirchengemeinden, für Familien, für Menschen, deren Leben durch die Kirche nicht besser, sondern schlechter geworden ist".
Weitere Themen am Freitag und Samstag
Die Synodalversammlung ist das oberste Gremium des Synodalen Wegs. Trotz hoher Corona-Inzidenzwerte reisten laut Angaben der Organisatoren 189 der 230 Synodalen nach Frankfurt; weitere 29 nahmen online an dem bis Samstag dauernden Treffen teil. Auf dem Tisch liegen insgesamt 13 Papiere zu den vier zentralen Themen - Sexualmoral, Rolle der Frauen, priesterliches Leben und Macht. Zu den Forderungen gehören etwa der Ruf nach Mitbestimmung der Laien bei der Bestellung neuer Bischöfe und nach der Zulassung von Frauen zum Diakonat.