Es ist das ambitionierteste Reformprojekt der katholischen Kirche seit dem Konzil: Auf der von Papst Franziskus ausgerufenen Weltsynode beraten Christen aus aller Welt über die Zukunft der katholischen Kirche. Im Oktober kommen dabei Teilnehmer aus allen Kontinenten nach Rom. Erstmals sind bei einer Bischofssynode auch Laien, Frauen wie Männer, stimmberechtigt.
Was erhoffen sich die Teilnehmenden von diesem nicht unumstrittenen Projekt? DOMRADIO.DE hat vorab Stimmen und Meinungen von Synodalen und Experten gesammelt. Zu den 16 Kommentatoren gehören Laien und Kleriker aus neun Ländern, darunter sind drei Kardinäle und fünf Vorsitzende von nationalen Bischofskonferenzen. Die Reihenfolge entspricht dem Eingang der Rückmeldungen bei DOMRADIO.DE.
Prof. Thomas Söding (Vizepräsident Zentralkomitee der deutschen Katholiken, Bochum)
Ich bin als "Experte" nominiert. Von mir wird eine kritische Analyse der Debatten und eine konstruktive Vorarbeit für Beschlüsse erwartet, die dann "Vorschläge" für den Papst sind. Ich weiß es zu schätzen, dass die Expertise aus Deutschland gefragt ist. Ich werde sie als Neutestamentler und Theologe einbringen, mit den Erfahrungen als Vizepräsident des Synodalen Weges und des ZdK.
Aus drei früheren Synoden weiß ich, wie produktiv die dichten Momente des Austausches sind. Ich bin zuversichtlich, dass es gelingen wird, Vorurteile gegen den Synodalen Weg in Deutschland auszuräumen. Meine Aufgabe ist aber nicht, Lobbyarbeit zu treiben. Ich will im Sinn des Papstes meinen Beitrag leisten, um Synodalität zu einem Strukturprinzip der Kirche zu machen. Ich werde auch die Erfahrungen, die ich auf der römischen Bühne der Weltkirche sammeln werde, in die synodale Arbeit in Deutschland einspeisen, als nächstes in den Synodalen Ausschuss.
James Martin SJ (Jesuit, Autor und LGBTQ-Aktivist, New York)
Ich fühle mich geehrt, dass ich auf Einladung des Heiligen Vaters an der Synode teilnehmen darf. Ich bitte euch alle dafür zu beten, dass wir versuchen auf die Stimme des Heiligen Geistes zu hören.
Was die Synode erreichen wird? Das ist dem Heiligen Geist überlassen! Aus meiner Sicht, trifft der Titel des Arbeitsdokuments ganz gut: "Mache den Raum deiner Hütte weit" (Jesaja 54,2). Das sollte uns Richtung und Ziel sein. Ich hoffe, dass wir all denen in der Kirche mehr Raum geben können, die sich bisher in der Kirche nicht willkommen gefühlt haben. Dazu zählt auch die LGBTQ-Community.
Blase Kardinal Cupich (Erzbischof von Chicago)
Papst Franziskus hat die feste Überzeugung auf die ganze Kirche zu hören, Laien und Klerus aus allen Teilen der Welt.
Sr. Anna Mirijam Kaschner cps (Generalsekretärin der Nordischen Bischofskonferenz, Kopenhagen)
Persönlich freue ich mich sehr über die Nominierung, auch wenn ich gehörigen Respekt vor dieser Aufgabe habe. Mehr noch freue ich mich aber, dass durch diese Nominierung die Stimme der Katholiken in den Nordischen Ländern noch deutlicher Eingang in die Diskussionen der Synode finden wird, da sowohl Bischof Kozon als auch ich teilnehmen werden.
Die Situation der Katholiken in den Nordischen Ländern ist sehr verschieden von der in anderen europäischen Ländern. Wir sind eine Kirche in einer extremen Diaspora, dazu aber eine stark wachsende Kirche - durch Immigration und Konversionen - und zugleich eine arme Kirche in reichen, stark säkularisierten Ländern. Daher ist es sehr wichtig, auch diese Erfahrungen in die Weltkirche einzubringen. Von der Synode erhoffe ich mir, dass die Rolle der Frau in der Kirche gewürdigt, gestärkt und gefördert wird. Gerade in Bezug auf die Situation unserer nordischen Länder hoffe auf neue Impulse für die Mission und Neuevangelisierung, neue Freude und Hoffnung, aber vor allem ein starkes Zeichen der Einheit unserer Kirche bei allen unterschiedlichen Haltungen und Meinungen.
Gerhard Ludwig Kardinal Müller (emeritierter Präfekt der Glaubenskongregation, Rom)
Kardinal Grech, der Generalsekretär der Synode, hatte mich um eine theologisch-kritische Einschätzung des "Instrumentum laboris" gebeten. Offenbar war er davon beeindruckt und hat mich deswegen mit Erfolg dem Papst als Synodenteilnehmer empfohlen
Die Kardinäle der römischen Kirche vertreten nicht die Teilkirchen (oder Sprachgruppen), sondern nehmen kraft ihres Amtes teil an der universalkirchlichen Verantwortung des Papstes für die Einheit der Kirche im Glauben an "Christus, den Sohn des lebendigen Gottes" (Mt 16,16) und für die sakramentale Gemeinschaft der Bischöfe mit den Priestern und Gläubigen ihrer jeweiligen Diözese. Es wird entscheidend sein, dass sich das Projekt einer "synodal" gelebten Kirche nicht im Gestrüpp einer ideologischen Agenda oder in den Machtkämpfen kirchenpolitischer Fraktionen verheddert. Ihre drei Leitbegriffe sind theozentrisch, inkarnatorisch und sakramental zu interpretieren (II. Vatikanum, Lumen gentium 1-8). Aufgrund der Taufe ist Christsein Teilnahme (participatio) am Leben des dreifaltigen Gottes (2 Petr 1,4), Gemeinschaft (communio) mit Gott und den Menschen durch Jesus Christus (1 Joh 1,3) und Sendung (missio) in die Welt (Mt 28,19; Joh 20,21). So erfüllt sich der universale Wille Gottes, "dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen." (1 Tim 2,4f)
Kurt Kardinal Koch (Präfekt des Dikasteriums zur Förderung der Einheit der Christen, Rom)
Zur Generalversammlung der Bischofssynode werden jeweils auch die Präfekten der Dikasterien der Römischen Kurie und damit auch des von mir geleiteten Dikasteriums eingeladen. Zudem ist Synodalität ein wichtiges Thema in den ökumenischen Beziehungen und Dialogen.
Das Thema der Bischofssynode ist Synodalität. Ich hoffe, dass es in der gesamten Kirche zu einer hilfreichen Klärung dieses wichtigen Begriffes kommen wird, da heute noch immer nicht wenige diffuse Vorstellungen vorhanden sind.
Prof. Renée Köhler-Ryan (Nationalvorsitzende der Schule für Theologie und Philosophie, Notre Dame University, Sydney)
Ich fühle mich geehrt und bin auch aufgeregt an der Synode teilzunehmen. An diesem Moment spüren wir, dass die Kirche versucht auf die Fragen des Zweiten Vatikanischen Konzils zu antworten, dass das Bedürfnis nach Einheit der getauften Christen nochmals betont hat. Gleichzeitig bin ich mir der Verantwortung bewusst all die Christen zu repräsentieren, die nicht an der Synode teilnehmen können. Australien hat bereits einige Erfahrungen zum Thema Synodalität gesammelt. Wir haben unser sogenanntes "Plenarkonzil" vergangenes Jahr abgeschlossen. Ich war auf verschiedenen Ebenen daran beteiligt. Ich hoffe dass unsere Erfahrungen die Synode dabei bereichern können, einen Weg voller Sinn und Hoffnung zu gehen. Am meisten hoffe ich aber als Akademikerin, Frau und Mutter darauf, dass die Synode für viele Jahre reiche Früchte und gute Denkanstöße liefert. Ich hoffe, dass meine Enkelkinder einmal auf diese Zeit zurück blicken und dankbar für diese Synode sein können. Ich hoffe, dass die Kirche damit in eine gute Zukunft geht und wir die Auswirkungen auch in Jahrzehnten noch spüren werden.
Bertram Meier (Bischof von Augsburg)
Ich bin froh und dankbar für den Rückenwind, den mir die Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz mit ihrer Wahl gegeben hat. Gespannt und neugierig reise ich nach Rom, um mich bereichern zu lassen und immer mehr zu erfassen, was Synodalität als Lebensstil der Kirche konkret bedeutet.
Ich hoffe, dass ich in der Diözese Augsburg den synodalen Dreiklang umsetzen kann: Hinhören – Begegnung – Unterscheidung, damit wir gemeinsam zu verantworteten Entscheidungen für die Zukunft kommen. Das Motto des Ulrichsjubiläums 2023/24 kann dafür Pate stehen: Mit dem Ohr des Herzens.
Paolo Pezzi (Erzbischof von Moskau, Vorsitzender der russischen Bischofskonferenz)
Die Nominierung zur Synode habe ich positiv aufgenommen, als Mission für mich persönlich und für unsere Kirche in Russland.
Für unsere Kirche erhoffe ich, dass sie vertieft erlebt, was Gemeinschaft und Kommunikation bedeutet und wie sie durch die Mission erweitert werden kann.
Stefan Oster (Bischof von Passau)
Ich war zunächst sehr überrascht, da wir in der Bischofskonferenz bereits drei Delegierte gewählt hatten. Und ich habe mich dann gefragt, wie es wohl zu meiner Ernennung gekommen ist. Womöglich, weil ich mich auch öffentlich intensiv mit dem Thema "Synodalität" auseinandergesetzt habe. Jetzt freue ich mich sehr, mit dem Papst und Vertretern aus der gesamten Weltkirche gemeinsam nachdenken zu dürfen, wie wir morgen im guten Sinn miteinander Kirche sein und das Evangelium leben und in die Welt tragen können.
Ich würde mir wünschen, dass die vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmer Synodalität tatsächlich so leben und erleben, wie sie der Papst meint. Im wirklichen Hören aufeinander und auf den Hl. Geist. In der Wertschätzung füreinander - ohne politisches Kalkül, mit viel Freimut - und dennoch ohne den Ehrgeiz, sich unbedingt durchsetzen zu müssen. Wenn daraus ein Stil erwächst, den die Teilnehmenden mit nach Hause bringen, dann kann es eine Initialzündung für die Kirche werden. Gespannt bin ich vor allem, wie die beiden Themen "Teilhabe" und "Mission" diskutiert und weitergeführt werden.
Franz-Josef Overbeck (Bischof von Essen)
Ich bin im Rahmen der Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz als einer der drei Bischöfe gewählt worden, die Papst Franziskus dann auch zu Ordentlichen Mitgliedern der Bischofssynode ernannt hat. So freue ich mich, gemeinsam mit dem Vorsitzenden der DBK, Bischof Dr. Georg Bätzing, und dem Bischof von Augsburg, Dr. Bertram Meier, als Stimme der Deutschen Bischofskonferenz und so auch der Katholischen Kirche in Deutschland auf der Weltsynode Gehör zu finden, von den synodalen Schritten der Kirche in Deutschland Zeugnis zu geben und zugleich Teil einer lernenden Kirche zu sein, die sich mit Papst Franziskus und der Welt auf einen solchen, in vielem noch unbekannten, aber vom Heiligen Geist geleiteten Weg macht.
Die katholische Kirche besteht in und aus den Teilkirchen unter dem Primat des Nachfolgers des Heiligen Petrus, also unter der Leitung des Papstes. Hier zeigt sich unsere selbstverständliche Verpflichtung, in Einheit mit der Weltkirche einen solchen synodalen Weg auch für unsere Ortskirche in Deutschland zu gehen und in einem Prozess der Unterscheidung der Geister, der pastoral sensibel, spirituell wach und theologisch verantwortet ist, die nächsten Schritte auf dem Weg des Kircheseins in Deutschland zu gestalten, und zwar im Bewusstsein unserer Kultur, in der wir leben. Dabei bin ich zuversichtlich, von den vielen positiven Kräften, die uns dabei vonseiten der Weltkirche zuwachsen können, zu lernen. Gleichzeitig gehe ich nüchtern und mit vielen Schritt für Schritt diesen Weg und freue mich über alles Gute, das sich entwickelt.
Felix Gmür (Bischof von Basel, Vorsitzender der schweizer Bischofskonferenz)
Ich wurde von den Mitgliedern der Bischofskonferenz gewählt und freue mich, dass der Papst diese Wahl bestätigt hat. Ich kann unsere Erfahrungen mit verschiedenen Formen der Partizipation einbringen. Das betrifft vor allem den Einsatz des Personals in den Pfarreien und die Verwendung der finanziellen Mittel, die an vielen Orten gewählte Vertreterinnen und Vertreter des Volkes Gottes verantworten. Erfreulich ist, dass erstmals auch nicht-geweihte Männer und Frauen stimmberechtigt sind. "Was alle angeht, soll von allen entschieden werden".
Wichtig scheint mir, dass wegweisende Entscheidungen nach dem Subsidiaritätsprinzip auf regionaler Ebene getroffen werden können. Der Papst spricht ja selbst immer wieder von der heilsamen Dezentralisierung. Das würde viele Fragen entschärfen, gerade was den Zugang zu den Sakramenten und die Frauen betrifft. Manche herkömmlichen Haltungen unserer Kirche dazu sind kaum mehr vermittelbar, und das blockiert die Weitergabe der Botschaft der "Freude des Evangeliums". Wenn wir in diesen Fragen vorankommen, haben wir einen Rahmen, der uns erlaubt, das Evangelium glaubwürdiger zu bezeugen. Und hier kommt es natürlich auch auf uns selbst und unsere Dynamik an.
Prof. Thomas Schwartz (Hauptgeschäftsführer des Osteuropahilfswerks Renovabis)
Ich halte das zunächst einmal Mal für eine große Ehre für Renovabis, das Haus, das ja nicht nur für Hilfen für Osteuropa steht, sondern vor allen Dingen für gelingenden Dialog und Partnerschaft. Und es ist natürlich auch eine große, spannende Herausforderung für mich selber, der ich ja als Leiter von Renovabis immer auch im Gespräch mit Bischöfen und mit Partnern aus diesen verschiedenen Ländern schon gestanden habe - und auch in Prag bei der kontinentalen Versammlung schon meinen Beitrag leisten konnte.
Für unsere deutschen Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist es sicherlich eine große Herausforderung, einfach einmal auf die zum Teil sicherlich auch kritischen Anfragen unserer anderen Synodenteilnehmer hören zu können - sich auseinanderzusetzen in einer nicht nur von deutscher Kultur und deutschen Problemen geprägten Situation, sondern in einer weltkirchlichen Auseinandersetzung Fragestellungen erörtern zu müssen, die für alle Menschen unterschiedlich auch bewertet werden und zu bewerten sind. Das führt uns aber weiter: Das bringt uns, auch im Blick auf das, was wir in Deutschland als Herausforderung sehen, sicherlich nicht ein Stück zurück sondern wird uns einen Weg nach vorne weisen. Und dazu ist ja die Synode auch da. Was Renovabis dabei leisten und beitragen kann, werden wir gerne tun.
Ob die Menschen in Deutschland das wertschätzen können, hängt davon ab, inwieweit wir, die wir bei der Synode teilnehmen, das was dort geschieht wertschätzen - und das auch so kommunizieren, dass die Menschen spüren, dass es tatsächlich darum geht, Zukunft in der Kirche zu gestalten. Nicht gegen die Kirche, sondern in der Kirche zu gestalten. Und das geht eben nicht nur durchs Reden, sondern auch durchs Zuhören. Das geht nicht nur durch planen, sondern auch durch beten. Und all diese Elemente sind bei dieser Weltsynode ja vorgesehen, und daher halte ich das für eine ganz spannende Erfahrung, die vor uns allen steht.
Franz Lackner (Erzbischof von Salzburg, Vorsitzender der österreichischen Bischofskonferenz)
Das Ausrufen der Weltsynode durch Papst Franziskus war eine wirkliche Überraschung, die ich auch als prophetischen Schritt betrachte. Erstmals werden neben Bischöfen und Ordensoberen auch Laien in dieser Versammlung mit Stimme vertreten sein. Sowohl für die mir anvertraute Diözese und die Kirche in Österreich wie auch für die Weltkirche bete und hoffe ich, dass wir unter Führung des Heiligen Geistes in einen tiefgehenden Austausch gehen können, in dem nicht rein nach Mehrheiten entschieden, sondern im Hinhören auf Gott und aufeinander unterschieden wird. Damit wir – wie einst die erste Synode in Jerusalem – am Ende sagen können: "Der Heilige Geist und wir haben beschlossen..."
Czeslaw Kozon (Bischof von Kopenhagen, Vorsitzender der nordischen Bischofskonferenz)
Ich bin als Delegierter von unserer Bischofskonferenz nominiert worden und sehe das als ein Zeichen des Vertrauens.
Ich habe keine benennbare Erwartungen an die Synode. Das ist kein Ausdruck des Pessimismus oder der Gleichgültigkeit, eher Zeichen einer Offenheit für das, was der Heilige Geist den Teilnehmerinnen und Teilnehmern an der Synode einflüstern möge. Meine Hoffnungen gehen nicht spezifisch auf die Kirche in den nordischen Ländern, sondern auf die Gesamtkirche, für die ich eine größere innere Einheit wünsche, auch um die von außen her kommenden Herausforderungen mutig und qualifiziert zu begegnen.
Martin Kivuva Musonde (Erzbischof von Mombasa und Vorsitzender der kenianischen Bischofskonferenz)
Wie fühle ich mich mit der Nominierung zur Synode? Ich fühle mich wie Petrus, als Jesus ihn bat, sein Boot zu benutzen. Ja O Herr, nutze mein Boot!
Ich würde mich freuen, wenn wir unsere aktuelle Kirche in Zukunft mehr im Lichte des Zweiten Vatikanischen Konzils betrachten. Mehr noch aber sollten wir den Begriff Synodalität wirklich ernst nehmen und zu einer Kirche der Gemeinschaft, Partizipation und Mission werden.