Theologin erklärte die wiedergefundene Apostelin Junia

Doch "kein männlicher Name"

Der 17. Mai ist der Tag der Apostelin Junia. Die katholischen Frauenverbände in Deutschland begehen den Tag und leisten Aufklärungsarbeit. Wer Junia war, was sie geleistet und warum der Tag gefeiert wird, erklärt Agnes Wuckelt.

In der Bibel lesen / © Freedom Studio (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Junia gilt als wiedergefundene Apostelin. Was bedeutet das?

Agnes Wuckelt / © Kay Herschelmann (kfd)
Agnes Wuckelt / © Kay Herschelmann ( kfd )

Prof. Agnes Wuckelt (Stellvertretende Bundesvorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands / kfd): Sie ist in der römischen Kirche wiedergefunden. In der Ostkirche war sie durch die Jahrhunderte hindurch bekannt. Vor ungefähr 40 Jahren haben sich die Theologinnen und auch gut gesinnte Theologen mit der Schriftstelle auseinandergesetzt. Dabei haben sie herausgefunden, dass Junias, Junio oder was da immer stand, kein belegter männlicher Name ist, sondern sehr wohl ein weiblicher Name.

DOMRADIO.DE: Wer war diese Junia? Was wissen wir über sie?

Wuckelt: Wir wissen über sie, dass sie mit Andronicus verheiratet war. Wir wissen, dass sie Jüdin war und dass sie bereits bevor Paulus mit seiner Missionstätigkeit begonnen hatte, Gemeinden gegründet hat, also schon Christin war. Als jüdisches Ehepaar sind die beiden in Gefangenschaft geraten. Dort haben sie Paulus kennengelernt. Mehr können wir nicht sagen.

DOMRADIO.DE: Seit 2016 steht Junia in der Einheitsübersetzung der Bibel und nicht mehr Junio. Was leitet sich daraus ab?

Wuckelt: Daraus leitet sich ab, dass die mühselige Arbeit der Theologinnen und der gut gesinnten Theologen Frucht getragen hat, weil in einer offiziell vom Vatikan und den Bischöfen genehmigten Bibelübersetzungen eine Frau Apostelin genannt werden darf.

Prof. Agnes Wuckelt

"Junias Beispiel gibt ein Stück Sicherheit und Selbstbewusstsein. Die Feiern zum Tag der Junia haben großes Echo gefunden."

DOMRADIO.DE: Seit vier Jahren feiern die deutschen katholischen Frauenverbände den 17. Mai als Tag der Junia und verbinden das mit konkreten Forderungen. Zum Beispiel, dass Frauen im katholischen Gottesdienst predigen dürfen.

Wuckelt: Genau. Junia hatte als Apostelin eine leitende und führende Funktion in den Gemeinden und den Gottesdiensten. Wir sagen, das kann und muss wieder und weiterhin möglich sein. Von daher gibt uns Junias Beispiel ein Stück Sicherheit und Selbstbewusstsein. 

Die Feiern zum Tag der Junia haben großes Echo gefunden. Immer mehr Frauen geben öffentlich zu, dass sie predigen. Wir wissen, dass es in der Eucharistiefeier noch viel mehr Frauen sind, die predigen.

DOMRADIO.DE: Die Frauenfrage und damit verbunden die Frage nach vollständiger Geschlechtergerechtigkeit in der katholischen Kirche zählt zu den heißen Eisen in den aktuellen Debatten. Was erhoffen Sie sich da von der Weltsynode im Herbst in Rom?

Prof. Agnes Wuckelt

"Ich hoffe, dass das Thema doch auf der Tagesordnung steht. Dieses Thema muss weltweit und nicht als Chefsache behandelt werden."

Wuckelt: Ich hoffe, dass das Thema doch auf der Tagesordnung steht. Papst Franziskus hatte das Thema zur Chefsache erklärt und will es erst 2025 klären. Dieses Thema muss aber weltweit und nicht als Chefsache behandelt werden. Denn nicht nur in Deutschland und in Westeuropa wird sich mit dieser Frage beschäftigt, sondern weltweit. Genauso wie Frauen an der Diskriminierung in der Kirche weltweit leiden.

DOMRADIO.DE: Wie begehen Sie persönlich diesen Tag der Apostelin Junia?

Wuckelt: Ich freue mich drüber mit anderen Frauen. Durch Zufall treffen wir uns wegen eines anderen Festtages und wir werden einen gemütlichen und besinnlichen Abend begehen.

Das Interview führte Tobias Fricke.

Apostelin Junia

Junia wird auch als die wiedergefundene Apostelin bezeichnet, denn erst seitdem es die neue Einheitsübersetzung (2016) gibt, finden wir im Römerbrief den Namen Junia. 

In fast allen älteren Bibelausgaben ist an dieser Stelle des Römerbriefes von zwei Männern die Rede – Andronikus und Junias. Im griechischen Text steht "Grüßt Andronikon und Junian". Diese Akkusativformulierung könnte als Junia oder Junias übersetzt werden.

Eine junge Frau sitzt an einem Tisch und liest die Bibel am 16. August 2022 in Bonn / © Julia Steinbrecht (KNA)
Eine junge Frau sitzt an einem Tisch und liest die Bibel am 16. August 2022 in Bonn / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
DR