Vatikanexperte lobt Zusammenarbeit der Kirche mit PC-Spieleentwicklern

"Chance viel früher nutzen sollen"

Erstmals arbeitet der Vatikan mit Microsoft an einem Computerspiel. Der Petersdom soll als Teil des beliebten Spiels "Minecraft" besichtigt und bestaunt werden können. Bislang hat der Vatikan jedoch kaum an PC-Spielen gearbeitet.

Autor/in:
Carsten Döpp
Ein Kind spielt das Spiel "Minecraft" auf einem Tablet / © Improvisor (shutterstock)

DOMRADIO.DE: "Petrus ist hier", auf Englisch "Peter is here" soll das Lernspiel heißen. Was wissen Sie über dieses Spiel?

Ulrich Nersinger (Autor und Vatikanexperte): Ich habe zwar schon die ersten Bilder gesehen, weiß ungefähr, wie man spielen muss, wie weit das Vatikan-Universum bei Minecraft integriert ist, aber ich muss sagen, ich habe mich noch nicht damit beschäftigen können. Man wird sich noch überraschen lassen. Aber es ist an sich schon eine Überraschung, dass es überhaupt dieses Spiel gibt. 

Vatikanexperte Ulrich Nersinger (EWTN)

DOMRADIO.DE: Wissen Sie, an welche Zielgruppe es sich richtet? 

Nersinger: Es wird sich nicht in erster Linie an Senioren wenden, obwohl auch bei den Computerspielen eine beträchtliche Anzahl Senioren sie gerne spielt. Aber ich denke, das wird sich eher an die jüngeren Spieler wenden und dann wahrscheinlich auch an Spieler, die eigentlich mit dem Vatikan nichts am Hut haben, die man in die "Materie" Vatikan einführen möchte. 

Ulrich Nersinger

"Es gab mal ein klägliches Minispiel mit zwei Schweizer Gardisten."

DOMRADIO.DE: Es ist nicht das erste Mal, dass der Vatikan versucht, junge und computerspielaffine Menschen zu erreichen. Wann und womit ging es mit religiösen Vatikan-Computerspielen los? 

Nersinger: Eigentlich schon 1998, aber das ist eher eine klägliche Sache gewesen. Man hatte eine CD herausgegeben, die in die Welt der vatikanischen Museen einführen sollten. Und es gab dann so ein Minispiel, da standen zwei Schweizer Gardisten mit der Hellebarde und man musste Fragen beantworten. Und wenn die Fragen falsch beantwortet wurden, versperrten sie den Zugang. 

Man hat meiner Meinung nach den Zugang zu den Computerspielen vom Vatikan, aber im Grunde von der Kirche allgemein, doch sehr verschlafen, weil es durchaus vor zehn, zwanzig Jahren erste Spiele gab, die sich mit dem Vatikan und mit Kirche beschäftigt haben. 

Symbolbild: Gaming / © EKKAPHAN CHIMPALEE (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Das war also der erste Versuch. Was gab es danach noch? 

Nersinger: Vom Vatikan selber gab es nichts. Das habe ich sehr bedauert, weil ich gemerkt habe, dass es eine große Spielergemeinschaft und ein großes Interesse an Computerspielen gab. Ich selber habe sehr gerne Adventures gespielt und bedauert, dass man von der Kirchenseite das eher belächelt und nicht ernst genommen hat. 

DOMRADIO.DE: Wie sieht denn so eine Zusammenarbeit zwischen einem Spieleentwickler und dem Vatikan eigentlich aus? Sind da tatsächlich auch Theologen am Werk, die dann die Inhalte prüfen? 

Nersinger: Bis auf Minecraft gibt es keine Zusammenarbeit. Und wenn ich mir die anderen Spiele anschaue, wie da der theologische oder historische Input gewesen ist, dann war er eher schwach. Man hat also doch eher mit Verschwörungstheorien gearbeitet und auf "Effekt und Knall" gesetzt und weniger auf Inhaltliches. 

Ulrich Nersinger

"Wir haben heute kaum noch Interesse an ruhigen Spielen."

DOMRADIO.DE: Geben Sie diesem neuen Spiel eine Chance? 

Nersinger: Ich weiß, dass Minecraft eine sehr große Fangemeinde hat, also das bleibt abzuwarten. Aber ich könnte mir vorstellen, dass es – ich will nicht sagen eine neue Ära – aber neue Zugänge schafft. Im Grunde bin ich aber leider davon überzeugt, dass die Kirche und auch der Vatikan den Gebrauch von Computerspielen verschlafen hat und es fast zu spät ist. 

Wir haben heute kaum noch Interesse an ruhigen Spielen, an sogenannten Point-And-Click-Abenteuern, wo man gemächlich durch eine Welt spaziert und Sachen löst, sondern spielt eher Ego-Shooter. Aber man hätte auch die Chancen dieser Spiele nutzen sollen. 

DOMRADIO.DE: Gab es mal einen Papst, der als ausgewiesener Gamer bekannt war? 

Ulrich Nersinger

"Würde Pius XII. heute leben, hätte er sich wahrscheinlich für Computerspiele interessiert."

Nersinger: Nein, wir haben, wenn wir auf die letzten Päpste schauen, einige, die ein technisches Interesse hatten. Ich denke an Pius XI. und Pius XII., die wirklich technisch interessiert waren, egal ob das Autos waren oder zum Beispiel Pius XII., der der erste Papst war, der einen elektrischen Rasierer benutzte und eine Art elektrisches Trimmgerät. 

Würde Pius XII. heute leben, hätte er sich wahrscheinlich für Computerspiele interessiert. Aber bei den letzten Päpsten ist das eher ein großes Manko.

Das Interview führte Carsten Döpp.

Neues Grundgesetz für den Vatikanstaat

Papst Franziskus hat ein neues Grundgesetz für den Vatikanstaat vorgelegt. Ziel der Änderung der Verfassung soll es sein, die vatikanische Gesetzgebung "den Erfordernissen unserer Zeit" anzupassen, teilte der Heilige Stuhl mit.

Die Neuerungen umfassen unter anderem die Aufstellung der Päpstlichen Kommission sowie Fragen des vatikanischen Haushalts. Das Oberhaupt der katholischen Kirche ersetzt damit die 2000 von Papst Johannes Paul II. erlassene Verfassung.

Blick auf die Kuppeln des Petersdoms / © bellena (shutterstock)
Quelle:
DR

Die domradio- und Medienstiftung

Unterstützen Sie lebendigen katholischen Journalismus!

Mit Ihrer Spende können wir christlichen Werten eine Stimme geben, damit sie auch in einer säkulareren Gesellschaft gehört werden können. Neben journalistischen Projekten fördern wir Gottesdienstübertragungen und bauen über unsere Kanäle eine christliche Community auf. Unterstützen Sie DOMRADIO.DE und helfen Sie uns, hochwertigen und lebendigen katholischen Journalismus für alle zugänglich zu machen!

Hier geht es zur Stiftung!