DOMRADIO.DE: Ab wie vielen Kindern sprechen wir dann überhaupt von Kinderreichtum? Kann man das so pauschal sagen?
Florian Brich (Bundesgeschäftsführer Verband kinderreicher Familien Deutschland e.V.): So pauschal nicht. Eine kinderreiche Familie beginnt ab drei Kindern. Es gibt die juristische Definition der Mehrkindfamilie, da werden nur die minderjährigen Kinder berechnet. Unser Verband sieht das anders und sieht sich als Botschafter von 1,2 Millionen kinderreichen Familien in der Bundesrepublik.
DOMRADIO.DE: Immer öfter hört man, dass sich berufstätige Paare heutzutage unsicher sind, ob sie Kinder wollen. Wie bekommt man das denn am besten unter einen Hut?
Brich: Mit Mut und Gelassenheit – das ist die innere Einstellung, die da sicherlich wichtig ist. Gleichzeitig ist gesellschaftliche Wertschätzung wichtig, die in dieser Phase auch ermutigt, diesen Schritt zu tun. In Verbindung mit dem Beruf ist das eine große Herausforderung: Je mehr Kinder sie haben, desto höher sind die Konsumausgaben und desto schwieriger ist es mit der Mobilität. Desto schwieriger wird es auch, Wohnraum zu finden. Da denken wir, dass von politischer Seite mehr Hilfestellung erforderlich ist und auch Unternehmen sich besser darauf einrichten, dass zum Beispiel junge Mütter mit Kindern in den Beruf einsteigen wollen und sie die gleichen Voraussetzungen haben, eine Karriere zu bestreiten.
DOMRADIO.DE: Wie denken Sie darüber, dass Kinderreichtum für einige Menschen im Beruf als hinderlich gilt?
Brich: Das mag so sein. Die Wirtschaft und die Kinderreichen müssen einfach mehr in den Dialog finden. Es muss einen stärkeren Austausch geben. Die Unternehmen müssen mehr mit den mit den Rahmenbedingungen der Kinderreichen in Kontakt gebracht werden.
DOMRADIO.DE: Haben Sie denn das Gefühl, dass sich im Laufe der Zeit die Einstellung der Menschen zum Kinderwunsch verändert hat?
Brich: Ja. Man kann nicht davon sprechen, dass wir den Trend zum dritten Kind hätten. Wir wissen aus Erhebungen: In Deutschland sind etwa elf Prozent der Familien kinderreich.Wir wissen aber auch, dass im Alter zwischen 20 und 30 Jahren ungefähr sich 30 Prozent der Bürger drei oder vier Kinder vorstellen können. Da gibt es also eine Diskrepanz. Das hängt mit den Voraussetzungen zusammen, durch die sich Menschen für ein drittes Kind entscheiden: Das sind meist verheiratete Paare, die die ersten Kinder relativ früh bekommen. Das heißt, da ist der Einstieg in die Karriere und die Karriereplanung nicht abgeschlossen und in dieser Phase ist auch Vereinbarkeit sehr wichtig. Man muss da Vertrauen herstellen, dass diese Paare sich für das dritte Kind entscheiden können.