SkF-Geschäftsführerin über Lage der Wohnungslosen in Köln

"Vorwürfe nicht haltbar"

Ein Mitglied der Sozialistischen Selbsthilfe Köln-Mülheim hat die Stadt Köln verklagt: Es gebe zu wenige Schlafplätze für Wohnungslose, das sei "Körperverletzung im Amt". Ist dieser Vorwurf berechtigt?

Wohnungsloser Mann auf einer Bank / © Raketir (shutterstock)
Wohnungsloser Mann auf einer Bank / © Raketir ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Wie blicken Sie denn auf die aktuelle Lage der Wohnungslosen in Köln? Tut die Stadt genug?

Monika Kleine (Geschäftsführerin des Sozialdienst katholischer Frauen SkF Köln): Aus meiner Sicht ist diese Kritik nicht wirklich berechtigt. Die Stadt hält zum einen mithilfe der Träger ein relativ umfangreiches Regelprogramm vor. Wir haben Kontakt- und Beratungsstellen, wo Wohnungslose sich tagsüber aufhalten können. Und wir haben die Notschlafstellen im Regelbetrieb. Jetzt in dieser Winterzeit, speziell auch in der Corona-Pandemie, ist so viel an neuen Angeboten geschaffen worden wie aus meiner Erfahrung von 30 Jahren noch nie.

Wir haben zusätzlich ein Wärmezelt, das betreibt der SkM an einem Parkplatz vor dem Stollwerck-Gebäude, wo sich Wohnungslosen den ganzen Tag aufhalten können und warmes Essen bekommen. Das ist sehr angenehm und großzügig angelegt. Der SkF hat zusätzlich Übernachtungsmöglichkeiten für Frauen geschaffen, mit 14 Plätzen in der Nähe vom Wiener Platz.Wir haben zusätzliche eine große Wohnmöglichkeit in der Merheimer Straße für Männer. Diese Immobilie ist relativ weit außerhalb, deswegen fährt jeden Abend dreimal ein Shuttlebus vom Heumarkt und vom Wärmezelt zur Merheimer Straße und bringt die Wohnungslosen dorthin und holt sie am Morgen auch wieder ab und bringt sie in die Stadt zurück. Es gibt natürlich immer auch Wohnungslose, die trotz der Angebotsmöglichkeiten, die es aus meiner Sicht ausreichend gibt, aus den verschiedensten Gründen lieber draußen bleiben. 

In diesem Winter hat ein Verein zusätzlich 34 Hotelzimmer im Pathpoint Cologne angemietet, dem Jugend- und Gästehaus, die auch noch zusätzlich zur Verfügung stehen. Und wir haben darüber hinaus noch die Vorgebirgsstraße, in der Menschen aus Südosteuropa humanitäre Hilfe bekommen können. Es besteht selbstverständlich ein ganz klarer gesetzlicher Anspruch an die Stadt Köln, Menschen, die wohnungslos sind, unterzubringen. Aus meiner Sicht ist sowohl die gesetzliche Lage lückenlos geschlossen als auch die Sonderhilfen, die sich jetzt in der Winterzeit, also bis mindestens einschließlich März, für die Wohnungslosen anbieten.

DOMRADIO.DE: Wie kommt dann die Sozialistische Selbsthilfe Köln-Mülheim zu dem Urteil, die Stadt komme ihren Verpflichtungen nicht nach und gefährde die Gesundheit von Menschen?

Kleine: Ich finde, das ist ein sehr harter Vorwurf. Letztlich müssten Sie da selber nachfragen, wie es zu dieser Einschätzung kommt und worauf die fußt. Aus meiner Sicht ist sie nicht gerechtfertigt. Es ist sicherlich ein Bezug zu sehen zu einem Urteil, das im Frühjahr letzten Jahres gefällt wurde, wo eine Familie mit zwei erwachsenen und zwei minderjährigen Kindern in zwei Hotelzimmern untergebracht war, die der Größe nicht entsprochen haben. Es besteht grundsätzlich ein Anspruch, dass circa neun Quadratmeter Raum pro Person angedacht werden müssen. Das kann ich jetzt nicht abschließend beurteilen. Auch da müsste man eher die Stadt fragen als einen Träger. Aber aus meiner Sicht ist das eine die grundsätzliche Angebotslage und das andere eine gegebenenfalls zu kleine Unterbringung im Einzelfall. Aus meiner Sicht sind diese Vorwürfe nicht haltbar.

DOMRADIO.DE: Wie kommen die Wohnungslosen denn bislang durch diesen Corona-Winter?

Kleine: Der SkF betreibt auch andere Einrichtungen wie Jugendhilfeeinrichtungen, wo immer wieder auch Fälle auftreten. Wir haben bislang im Bereich der Wohnungslosenhilfe vergleichsweise wenig bis gar keine Corona-Fälle zu verzeichnen. Es gibt manchmal die kühne Behauptung, das Immunsystem der Menschen wäre durch das Leben auf der Straße etwas stabiler. Das kann und mag ich nicht beurteilen. Aber wir sind sehr angetan davon, wie diszipliniert die Wohnungslosen in den Einrichtungen Masken tragen und auf Abstand achten. Und gerade weil die Innenstädte verwaist sind und weil die Menschen nicht zusätzlich Flaschen sammeln können, um sich etwas dazu zuverdienen, sind diese Möglichkeiten geschaffen worden, um die Versorgung im Sinne von Essen und Trinken, aber auch Duschen sicherzustellen. Die Ausweitung der Angebote hat auch den Zweck, dass wir mehr Abstand zwischen den Menschen sicherstellen können, dass wir Zimmer einzeln belegen können und deswegen auch der größere Bedarf an noch mehr Schlafplätzen erforderlich war.

Das Interview führte Carsten Döpp.


Quelle:
DR
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