Ob nun um 6, 12 und 18 Uhr oder um 7, 12 und 19 Uhr, meist dreimal am Tag erklingen zumindest in unsere Breiten von den Kirchtürmen die Glocken und signalisieren damit bestimmte Zeitmarken. In der katholischen Kirche ist damit ein Gebet verbunden, das auch dem Läuten seinen Namen gegeben hat: Angelus – Engel des Herrn.
Zugrunde liegt hier die im Lukasevangelium beschriebene Szene, in welcher der Erzengel Gabriel bei Maria eintritt, sie begrüßt und ihr ankündigt, dass sie den Sohn Gottes zur Welt bringen soll. Drei Versikel, die das Geschehene betrachten, werden je durch ein "Gegrüßet seist du, Maria" ergänzt. Am Ende erfolgt nach einem weiteren Doppelvers die abschließende Oration.
Entwicklung im Laufe der Jahrhunderte
Dass das Angelus-Gebet dreimal am Tag, wenn die Glocken läuten, zu verrichten ist, hat sich erst im Laufe der Jahrhunderte entwickelt. Schon im frühen Mittelalter wurde durch päpstliche Anordnung verfügt, dass die kanonischen Stunden – also die in den Klöstern praktizierten Gebetszeiten – durch akustische Signale anzuzeigen seien. Dadurch sollte auch denen, die nicht unmittelbar daran beteiligt waren, eine innere Anteilnahme ermöglicht werden.
Das Morgenläuten ist das älteste und heutzutage gleichzeitig auch das, welches aufgrund von Anwohnerklagen in einigen Kirchengemeinden nur noch eingeschränkt praktiziert wird. Es stammt aus der Zeit des 11. Jahrhunderts und wurde ursprünglich mit der Auferstehung Jesu Christi in Verbindung gesetzt. Erst später wurde es verstärkt auf die Gottesmutter bezogen, wie die Provinzialsynoden in Köln und Mainz von 1423 bestätigten.
Läuten für den Sieg über die Türken
Das Mittaggeläut entstand erst im späteren Mittelalter und war mancherorts auch durch politische Ereignisse unterschiedlich motiviert. So ordnete 1456 Papst Calixt III. an, mittags zum Gebet für einen Sieg über die Türken zu läuten, die zu dem Zeitpunkt Belgrad belagerten. Ebenso wie das Morgenläuten sollte auch das Mittagläuten die Gläubigen zu einem "Ave Maria" aufrufen.
Im weltlichen Bereich hingegen zeigte das Mittagläuten, das an einigen Orten bereits um 11 Uhr stattfindet, den Beginn der Mittagspause an. Im Protestantismus wurde es bald als Friedensläuten aufgefasst.
Das Läuten am Abend hatte ursprünglich einen weltlichen Hintergrund und galt als Zeichen zum Löschen des offenen Feuers oder zum Anzeigen der Sperrstunde. Der heilige Bonaventura regte jedoch bereits im Jahr 1262 ein Gebet zu Ehren der Gottesmutter in Verbindung mit dem Abendläuten an.
Papst betet Angelus jeden Sonntag öffentlich
Erst im 16. Jahrhundert kam es zu einem inneren Zusammenhang des dreimal täglichen Angelusläutens, das nun einzelnen Horen der Stundenliturgie und den ihnen zugrunde liegenden Heilsereignissen zugeordnet wurde: Das Morgenläuten war mit den Laudes und der Auferstehung verbunden, das Mittagläuten mit der Sext und der Kreuzigung und das Abendläuten mit der Vesper und dem Gedächtnis der Menschwerdung. Ähnlich wie der Rosenkranz wurde nun auch das dreimal tägliche Angelusgebet zu einer Art Volksbrevier.
Der Papst betet den Angelus jeden Sonntag und an jedem Hochfest, das mit einem Feiertag begangen wird, öffentlich. In der Osterzeit jedoch spricht man vom Regina caeli. Dies geht auf Papst Benedikt XIV. zurück, der 1742 veranlasste, in der Osterzeit anstelle des Angelus die aus dem 12. Jahrhundert stammende marianische Antiphon "Regina caeli" zu beten. Hier wird Maria als Himmelskönigin angerufen und in die österliche Freude über die Auferstehung mit einbezogen.
Regina caeli-Läuten nur sehr selten
Die Durchführung des Angelusläutens ist regional recht unterschiedlich. Während in Süddeutschland direkt nach dem Uhrschlag eine schwingend geläutete Glocke einsetzt, gehen diesem Läuten in den nördlicheren Regionen dreimal drei Anschläge voraus, die die Struktur des Angelusgebets wiedergeben. In Südtirol wird mit Hilfe eines Klöppelfängers, der ein sekundengenaues Einsetzen der Glocke ermöglicht, in drei kurzen Pulsen geläutet.
Eine Anpassung dieser dreimal drei Schläge in der Osterzeit erfolgt meist nicht. Lediglich der Kölner Dom und einige wenige Kirchen lassen in den sieben Wochen zwischen Ostern und Pfingsten statt dreimal drei die Glocke dann viermal zwei anschlagen, was den vier Versen des Regina caeli mit jeweils einem Halleluja entspricht. Wer also morgens, mittags und abends genau hinhört, wird den kleinen, aber feinen Unterschied merken und darf sich zum Mitbeten eingeladen fühlen.