DOMRADIO.DE: Warum ist denn die Kirche überhaupt auf einer Reisemesse?
Bernadette Wahl (Referentin für Glaubenskommunikation im Bistum Essen): Wir haben ganz lange Kirche gemacht im Sinn von "Wir gehen hin zur Kirche, wir müssen in den Gottesdienst kommen." Und jetzt gibt es einen Trend, dass die Kirche mehr nach außen geht und zu den Menschen kommt.
DOMRADIO.DE: Sie machen das zum Beispiel auch bei dieser Messe, indem sie dort eine Ape aufgestellt haben und dort Kaffee und Tee ausschenken. Inwieweit gehen Sie da auf die Menschen zu?
Wahl: Eigentlich gehen wir gar nicht auf die Menschen zu. Wir stehen da an einer schönen, schicken Ape an einem Rastplatz mit grünem Teppichboden und machen Kaffee.
Eigentlich kommen die Leute auf uns zu, setzen sich hin, fragen nach einem Kaffee; fragen vielleicht auch, was wir da eigentlich machen. Wir verteilen extra keine Flyer oder laden zu anderen Veranstaltungen ein, weil wir gerne absichtslos sein wollen.
DOMRADIO.DE: Welche Gespräche entstehen denn zum Beispiel, wenn Sie sich selber nicht aufdrängen möchten und gar nicht mit Gott kommen?
Wahl: Eigentlich reden wir subtil auch über den Glauben oder existenzielle Themen, denn von Aussagen wie "Ach, ich würde auch gern mal wieder in Urlaub fahren" bis hin zu "Ich pflege gerade meine Tante und ich habe gar keine Zeit, wegzufahren" ist es gar nicht so weit hin zu den wirklich tiefen Themen.
Und das ist eigentlich auch der Reiz, den es ausmacht.
DOMRADIO.DE: Auch letztes Jahr gab es die Messe, da waren Sie als Kirche ebenfalls präsent. Welche Erfahrungen haben Sie damals gesammelt und in den beruflichen Alltag mitgenommen?
Wahl: Unsere Teamer haben letztes Jahr ganz stark den Eindruck zurückgemeldet, dass es total viel Wert schafft, wenn man sich völlig zur Verfügung stellt in dem Moment. Wenn man in der Gegenwart ist und den Menschen zuhört, sie verstehen lernen will und sich für sie interessiert.
Es entsteht eine ganz schöne Verbindung und Beziehung, die manchmal in geplanten Kontexten gar nicht so leicht kommen kann. Das ist schon ein ganz besonderer Reiz. Und das ist auch etwas, was ich gerne in meinen Berufsalltag einbaue und wovon ich auch gerne erzähle.
Diese Verfügbarkeit und dieses "Im Moment sein", vielleicht auch eine spontane oder zufällige Begegnung - das sind wirklich ganz kostbare Momente.
DOMRADIO.DE: Könnten denn solche Aktionen ein Zukunftsmodell der Seelsorge oder der kirchlichen Arbeit sein?
Wahl: Auf jeden Fall. Ich bin mit einem Stellenanteil auch für die citypastoralen Initiativen im Bistum Essen zuständig. Ich arbeite schon lange in dem Bereich und solche Initiativen, diese "touch and go", sind sehr am Puls der Stadt, der Region oder des Dorfes. Und die werden auf jeden Fall in der Zukunft der Kirche eine große Rolle spielen.
DOMRADIO.DE: Diesen Tee oder den Kaffee, den Sie ausschenken, verteilen Sie in sogenannten Segensbechern. Was muss ich mir darunter vorstellen?
Wahl: Das ist einfach nur ein kleiner, schöner Thermobecher mit einem Karabinerhaken. Den kann man dann auch auf die Reise mitnehmen. Auf dem Becher ist "Sei gesegnet" als Text eingelasert.
Wer möchte, kann ein schönes Foto an seinem Lieblingsplatz machen und uns einsenden oder mit dem Hashtag #segensbecher auf den sozialen Medien posten.
Das Interview führte Tim Helssen.