Als "geistliches Erlebnis" habe er die Tage im Konklave empfunden, sagte Rainer Maria Kardinal Woelki. Er sei froh und dankbar, dass "wir diesen Papst von Gott geschenkt bekommen haben". Zu dem Zeitpunkt war Woelki noch Erzbischof von Berlin und berichtete zusammen mit seinem Münchener Amtsbruder Reinhard Kardinal Marx in Rom gegenüber Medien über die Atmosphäre im Konklave des Jahres 2013, aus dem Jorge Mario Kardinal Bergoglio als Papst Franziskus hervorgegangen war. Beide Erzbischöfe galten noch als Youngsters unter den Kardinälen.
Kölns damaliger Erzbischof, Joachim Kardinal Meisner, hingegen war schon ein alter Hase und unter den Bischöfen bestens vernetzt. Für ihn war es nach 2005 bereits das zweite Konklave. Diese Zeit empfand er immer als überaus anstrengend, wie er im DOMRADIO.DE-Interview später erzählte. Meisner wohnte mit Bergoglio während des Konklaves im vatikanischen Gästehaus auf dem gleichen Flur.
Von der Bewunderung zur Skepsis

Auch wenn er ihn persönlich nicht so gut kannte wie seine Vorgänger Johannes Paul II. und Benedikt XVI., so zeigte sich der Erzbischof von Köln durch das erste Auftreten des Jesuiten-Papstes durchaus beeindruckt. Beim Treueversprechen der Kardinäle habe der neue Papst ihm auf Deutsch gesagt: "Herr Kardinal, beten Sie für mich, ich brauche das Gebet sehr."
Später jedoch irritierten Meisner manche zum Teil spontanen Äußerungen des Pontifex, die hierzulande den Reformeifer befeuerten. Im Rahmen einer privaten Audienz äußerte der Kölner Erzbischof gegenüber Franziskus sein Unbehagen. Mit mancher Formulierung würden in Deutschland andere Erwartungen erweckt als sie der Papst womöglich beabsichtigt. Franziskus soll ihm darauf beteuert haben, er sei ein treuer Sohn der katholischen Kirche.
Spätestens mit dem postsynodalen Schreiben "Amoris laetitia" war Meisners Unbehagen so groß, dass er zusammen mit weiteren Kardinälen Franziskus einen Brief schickte und ihn darin um die Klarstellung einiger Zweifel ("Dubia") bat. Eine Beantwortung des Briefes erfolgte allerdings nicht, woraufhin die Kardinäle ihn veröffentlichten und damit einigen Wirbel auslösten.
Einladung zum Eucharistischen Kongress
Ähnlich wie nach dem Konklave 2005 sollte in Köln auch 2013 einige Zeit später ein kirchliches Großereignis stattfinden. War es acht Jahre zuvor noch der Weltjugendtag, so sollte im Juni 2013 der Eucharistische Kongress, den Meisner initiiert hatte, wieder viele Katholiken in die Domstadt locken.
Auch diesmal war der neue Papst eingeladen nach Köln zu kommen, wie der Kardinal bei einem Dankgottesdienst kurz nach dem Konklave im Kölner Dom verriet. Aus Rom kam jedoch eine indirekte Absage. Die Teilnahme am Weltjugendtag in Rio de Janeiro im Juli des Jahres sei die erste Auslandsreise von Papst Franziskus, hieß es.
Dennoch schenkte Rom kurz nach dem Eucharistischen Kongress dem Erzbistum Köln einen neuen Weihbischof: Ansgar Puff, ein gelernter Sozialarbeiter. Über ihn sagte Franz Meurer, das kölnische soziale Gewissen, er habe "immer die Welt aus der Sicht der kleinen Leute gesehen, so wie Papst Franziskus auch". Kam der neue Stil im Vatikan nun auch am Rhein an?
Weihbischöfe statt Monsignori
Ernennungen zum "Kaplan seiner Heiligkeit" schränkte Papst Franziskus ab 2014 ein und verlieh diesen Titel – ausgenommen die Mitarbeiter im diplomatischen Dienst – nur noch an verdiente Kleriker ab 65 Jahren. Für das Erzbistum Köln, in dem der Titel "Monsignore" bis dahin regelmäßig verliehen worden war, bedeutete dies durchaus eine Umgewöhnung.

Dafür folgte 2015 mit Rolf Steinhäuser ein weiterer vom Papst ernannter Weihbischof und auch unter Franziskus wurde eine Kirche im Erzbistum Köln in den Rang einer Päpstlichen Basilika erhoben: St. Laurentius in Wuppertal
Von der Spree zurück an den Rhein
Bereits vor der Annahme des Amtsverzichts Kardinal Meisners durch Papst Franziskus am 28. Februar 2014 war das Interesse im Erzbistum groß, wer denn nun dem altgedienten Erzbischof, der über 25 Jahre in der Domstadt gewirkt hatte, folgen würde.
Einige Engagierte verfassten noch vor Meisners 80. Geburtstag einen Brief an Papst Franziskus und forderten ihn angesichts der großen Bedeutung des Erzbistums Köln für Rom und für die Weltkirche u.a. zu mehr Mitspracherecht bei der Wahl eines neuen Erzbischofs auf. Eine Antwort aus Rom erhielten sie freilich nicht. Hatte Köln bei Franziskus doch nicht die gewünschte Bedeutung?
Dafür kehrte ein altbekannter Kölner, der 2011 vom Rhein an die Spree geschickt worden war, als Erzbischof in die Domstadt zurück. Papst Franziskus ernannte Rainer Maria Kardinal Woelki am 11. Juli 2014 zum neuen Erzbischof von Köln. Ebenso wie 1989 Kardinal Meisner wechselte ein (Erz-)bischof von Berlin nach Köln. Woelki hatte von Franziskus also ein Rückreiseticket erhalten. Und ebenso wie sein Vorgänger war auch er bereits Kardinal, als er zurück an den Rhein kam.
Anwalt der Geflüchteten
Das Wirken Kardinal Woelkis in seiner alten Heimat war in den ersten Jahren vor allem von sozialem Engagement geprägt, was ihm auch bei Skeptikern, die in ihm vor allem den einstigen Meisner-Vertrauten sahen, Respekt einbrachte. Woelki schien die Dringlichkeit der Frage von Flucht und Migration schneller erkannt zu haben als manche Politiker.

Aus einem Flüchtlingsboot wurde der Fronleichnamsaltar und die Petersglocke des Domes ließ zusammen mit weiteren Instrumenten des Erzbistums 23.000 Schläge für jeden seit dem Jahr 2000 im Mittelmeer umgekommenen Flüchtling ertönen. Auch in Rom registrierte man die Aktivitäten des Kölner Erzbischofs, wie der damalige Präfekt des Päpstlichen Hauses, Erzbischof Georg Gänswein, gegenüber DOMRADIO.DE bestätigte.
Erzbistum in der Krise
Doch Jahre später geriet das Ansehen Kardinal Woelkis in seinem Erzbistum in Schieflage. Im Eucharistiestreit vor allem mit Kardinal Marx um eine Ökumenische Handreichung schien Papst Franziskus mit einigen frei formulierten Aussagen eher auf Marxens Seite zu stehen. Doch die vatikanischen Dikasterien nahmen die Position Woelkis ein, was Marx zu einem Spontanbesuch beim Pontifex ohne Terminanmeldung veranlasste und ihm ein mit "F." unterschriebenes Dokument abrang.

Im Bemühen um die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt schließlich geriet der Kölner Erzbischof in äußerst schwierige Fahrwasser. Das Rücktrittsangebot von Kardinal Marx, der sich in München ebenfalls einiger Kritik in der Aufarbeitung ausgesetzt sah, setzte Woelki zusätzlich unter Druck. Rücktrittsforderungen wurden laut. Mitte 2021 entsandte Franziskus zwei Apostolische Visitatoren nach Köln. Bischof Hans van den Hende (Rotterdam) und Anders Kardinal Arborelius (Stockholm) sollten sich ein Bild von der Lage im Erzbistum machen und dem Papst davon berichten.
Am 24. September ließ Franziskus verlauten, Kardinal Woelki im Amt zu belassen, da es keinen Hinweis auf rechtswidriges Handeln des Erzbischofs gegeben habe. Er habe jedoch große Fehler in der Kommunikation gemacht. Woelki solle eine mehrmonatige Auszeit nehmen, während in den viereinhalb Monaten Weihbischof Rolf Steinhäuser das Erzbistum als Apostolischer Administrator sede plena leitet.
Bei der Wiederaufnahme seiner Amtsgeschäfte am Aschermittwoch 2022 teilte Kardinal Woelki mit, dass er inzwischen Papst Franziskus sein Amt zur Verfügung gestellt habe. Eine offizielle Mitteilung des Papstes, wie er darüber befunden habe, gab es in Franziskus' Amtszeit nicht mehr.
Bei Anruf Papst

Unkonventionell übte Franziskus sein Papstamt zum Teil immer wieder aus. So griff er in unregelmäßigen Abständen zum Telefonhörer und rief einfache Priester und Gläubige in aller Welt an. Im November 2020 traf es den damaligen Leiter der Berufungspastoral im Erzbistum Köln, Pfarrer Regamy Thillainathan. Franziskus rief ihn mitten in einer Zoom-Konferenz auf dem Smartphone an – "mit unterdrückter Nummer", wie Thillainathan später erzählte. Vorangegangen war eine eher zufällige Begegnung im Vatikan keine zwei Wochen zuvor, bei der der Kölner Geistliche dem Papst einen Brief persönlich überreicht hatte.
Im Telefonat erkundigte sich Franziskus über die Arbeit in der Berufungspastoral und Thillainathan erzählte ihm mit Freude über die vielen jungen Menschen, die ein Theologiestudium begonnen hätten und dass das Vorhandensein gleich zweier Fakultäten im Erzbistum Köln ein Segen sei. Gut vier Jahre später versucht nun der Vatikan zwischen Erzbistum und dem Land NRW zu vermitteln, an welcher Hochschule die akademische Priesterausbildung stattfinden soll und darf.