DOMRADIO.DE: Der Weltgebetstag ist eine weltweite ökumenische Initiative. Was macht ihn so besonders?

Ulrike Göken-Huismann (Geistliche Begleiterin und Vorstandsmitglied der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands, kfd): An diesem Freitag wird auf der ganzen Welt gebetet. Wenn ich früh aufwache, weiß ich, dass in den östlichen Ländern die Gottesdienste bereits gefeiert wurden. Und wenn ich abends ins Bett gehe, wird im Westen immer noch gefeiert.
Überall auf der Welt feiern Frauen die gleiche Liturgie. Eine Liturgie, die von Frauen der Cookinseln vorbereitet wurde. Das macht diesen Moment einzigartig. Das Gebet verbindet Menschen weltweit und ist zugleich ökumenisch. Es ist nicht nur auf die großen Kirchen beschränkt, sondern auch kleinere Kirchen sind selbstverständlich beteiligt. Diese multilaterale Ökumene wird vor Ort ganz selbstverständlich gelebt und genau das macht sie so besonders.
DOMRADIO.DE: Welche Rolle spielt der Weltgebetstag denn jetzt speziell für Frauen weltweit?
Göken-Huismann: Der März ist voller Frauentage, die alle ein Ziel haben, Frauen zu empowern (ermächtigen, Verantwortung übertragen, Anm. d. Red.). Das geschieht auch am Weltgebetstag. Frauen werden ermutigt, geschlechtergerechte, hierarchiefreie ökumenische Gottesdienste zu feiern und sich aktiv in Kirche und Gesellschaft einzubringen. Unser Motto lautet "Informiert beten und betend handeln". Das bedeutet, wir feiern Gottesdienst und setzen uns gleichzeitig weltweit für Frauenrechte ein.
DOMRADIO.DE: Das Motto dieses Jahr lautet "Wunderbares schaffen". Was soll das aussagen?
Göken-Huismann: "Wunderbares schaffen" ist ein Zitat aus Psalm 139, Vers 14. Dieser Psalm bildet den zentralen Text des Gottesdienstes, den die Frauen von den Cookinseln vorbereitet haben. Er erinnert uns daran, dass wir alle einzigartig, besonders und wunderbar von Gott geschaffen sind. Wenn wir dies wirklich verstehen und uns dessen bewusst werden, können wir mit unseren Talenten und Gaben der Welt dienen und so zum Segen für andere werden.
DOMRADIO.DE: Was könnten Gemeinden und Einzelpersonen tun, wenn sie sich inhaltlich mit dem Thema auseinandersetzen möchten?
Göken-Huismann: Unzählige Gemeinden, Frauengruppen und auch traditionelle Frauenverbände haben sich intensiv auf den Weltgebetstag vorbereitet. Ich selbst war im Januar und Februar viel unterwegs und habe regionale Werkstätten geleitet, in denen Frauen, die vor Ort für den Gottesdienst verantwortlich sind, geschult wurden.
Zusätzlich gab es digitale Veranstaltungen sowie Bildungs- und Infoveranstaltungen mit großer Resonanz. Wir hatten davor eine Sitzung mit 150 Leuten, die sich über die Cookinseln informieren wollten. Unsere Materialien stehen sowohl digital auf der Homepage als auch in gedruckter Form zur Verfügung. Besonders empfehlenswert ist unser jährliches Magazin. Es enthält viele Ideen, Berichte, Porträts und Hintergrundinformationen zu den Cookinseln sowie wichtige Hinweise zum Gottesdienst und unseren Projekten. Wer sich informieren möchte, findet dort eine Fülle an Material.
DOMRADIO.DE: Der Weltgebetstag setzt sich auch für Frauenrechte ein. Welche besonderen Herausforderungen gibt es aktuell?
Göken-Huismann: Ein zentrales Stichwort für mich ist der Backlash (Rückschlag, Anm. d. Red.) in Bezug auf Frauenrechte. Wir erleben im Grunde, dass Frauenrechte, die wir eigentlich als sicher geglaubt haben, jetzt wieder in Frage gestellt werden. Politische Entwicklungen tragen dazu bei, insbesondere durch rechte Parteien, die rückwärtsgewandte Frauen- und Familienbilder vertreten.
Das ist für Frauen wirklich eine ganz gefährliche Situation. Die Gewalt gegen Frauen nimmt jeden Tag zu, auch in Deutschland. Fast jeden Tag wird in Deutschland eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet. In vielen Ländern herrscht zudem keine Ernährungssicherheit. Die Situation für Frauen ist ganz schön heftig, ehrlich gesagt. Unfassbar im Grunde.

DOMRADIO.DE: Wenn Sie auf die Vergangenheit zurückblicken, gibt es Erfolge, die auf den Weltgebetstag zurückzuführen sind? Gibt es Ergebnisse, die Sie besonders freuen oder positiv stimmen?
Göken-Huismann: Durch die jährliche Kollekte können wir weltweit viele kleine Organisationen unterstützen, die sich für die Rechte von Frauen und Mädchen einsetzen. Besonders ermutigend finde ich, dass die Frauen, die den Weltgebetstag feiern, ein wichtiger Motor der Ökumene sind.
Wir sorgen dafür, dass die Ökumene vor Ort, die es ja nicht immer so leicht hat, nicht einschläft, sondern weitergeht. Zudem setzen wir uns weiterhin dafür ein, dass es ein gemeinsames Mahl gibt, ohne die Trennung zwischen Eucharistie und Abendmahl, mit gegenseitigen Einladungen und echter Willkommenskultur. In diesem Bereich hat sich schon viel bewegt, und darauf sind wir stolz.
DOMRADIO.DE: Warum sollten Männer mitfeiern?
Göken-Huismann: Die Gottesdienste sind etwas ganz Besonderes. Die Frauen von den Cookinseln haben eine berührende Liturgie verfasst, die nicht nur für den Kopf, sondern auch für das Herz ist. Sie werden Meeresrauschen in der Liturgie hören, es gibt Atemmeditationen und bewegende Geschichten von den Cookinseln. Schon allein dieses ferne Land kennenzulernen, über 16.000 Kilometer weit entfernt, ist eine faszinierende Erfahrung, die sich lohnt.
Das Interview führte Oliver Kelch.