Kirchen äußern Solidarität nach Messerattentat in Solingen

Zwei Trauergottesdienste

Die ausgelassenen Feiern des 650. Stadtjubiläums in Solingen finden am Freitagabend ein jähes Ende: In der Innenstadt sticht ein Angreifer auf Besucher ein, es gibt Tote und Verletzte. Die Polizei spricht von einem Anschlag.

Todesopfer bei Attacke auf Solinger Stadtfest / © Christoph Reichwein (dpa)
Todesopfer bei Attacke auf Solinger Stadtfest / © Christoph Reichwein ( dpa )

Bei einem Messerangriff auf der 650-Jahr-Feier der Stadt Solingen mit tausenden Besuchern sind am späten Freitagabend drei Menschen getötet und mindestens vier schwer verletzt worden. Die Polizei gehe von einem Anschlag aus, sagte eine Sprecherin der Polizei Düsseldorf am frühen Samstagmorgen dem Evangelischen Pressedienst (epd). Es handle sich nach ersten Erkenntnissen um die Tat eines Einzeltäters. Er sei auf der Flucht und werde mit einem Großaufgebot der Polizei gesucht. Der Hintergrund der Tat sei noch unklar. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und der Solinger Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD) reagierten entsetzt. Am Samstagnachmittag ist von der Festnahme einer verdächtigen Person die Rede.

Ebenso erschüttert zeigten sich die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischöfin Kirsten Fehrs, und der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Georg Bätzing. In einer gemeinsamen Erklärung verlautbarten sie:

"Der menschenverachtende Anschlag von Solingen macht sprachlos und erschüttert uns zutiefst. Als Kirchen trauern wir mit den Angehörigen der Opfer und beten für die Verletzten und die Verstorbenen. Diese hemmungslose Gewalt ist durch nichts zu rechtfertigen. Die Tat von Solingen lässt uns in einen Abgrund des Bösen schauen und unser Mitgefühl gilt allen, die den Verlust von Menschenleben zu beklagen haben. Unser Respekt und Dank gelten der Polizei, den Rettungskräften und den Notfallseelsorgerinnen und Notfallseelsorgern, die in diesem Moment den Menschen zur Seite stehen. Niemand soll sich angesichts dieses kaltblütigen Mordens allein gelassen fühlen." 

Der Anschlag wurde auf dem Fronhof, einem Platz in der Innenstadt, verübt. Mit Programm auf mehreren Bühnen und mit mehr als 30 Ständen sollte bei dem "Festival der Vielfalt" unter dem Motto "Mensch, Solingen" bis Sonntagabend das 650. Stadtjubiläum gefeiert werden.

Dazu wurden insgesamt rund 75.000 Besucherinnen und Besucher erwartet. Nach der Bluttat wurde das Festival komplett abgebrochen, alle für Samstag und Sonntag geplanten Programmpunkte wie Musik, Kabarett, Akrobatik und Unterhaltung für Kinder wurden abgesagt.

Ministerpräsident Wüst erschüttert

Ministerpräsident Wüst schrieb auf dem Kurznachrichtendienst X, ganz Nordrhein-Westfalen sei in Erschütterung und Trauer vereint und stehe an der Seite der Opfer und ihrer Familien: "In diesen dunklen Stunden sind die Menschen unseres Landes und darüber hinaus mit ihren Herzen und Gedanken in Solingen. Ein Akt brutalster und sinnloser Gewalt hat unser Land ins Herz getroffen." Wüst dankte der Polizei und den Rettungskräften, die um Menschenleben kämpften.

Selbstgeschriebenes Beileidsschreiben an einem Baum in der Nähe des Tatorts in der Solinger Innenstadt / © Christoph Reichwein (dpa)
Selbstgeschriebenes Beileidsschreiben an einem Baum in der Nähe des Tatorts in der Solinger Innenstadt / © Christoph Reichwein ( dpa )

Auch Oberbürgermeister Kurzbach äußerte sich erschüttert über die Gewalttat. "Heute Abend sind wir alle in Solingen in Schock, Entsetzen und großer Trauer", erklärte er. "Wir wollten alle gemeinsam unser Stadtjubiläum feiern und haben nun Tote und Verletzte zu beklagen." Er habe Tränen in den Augen, wenn er an diejenigen denke, "die wir verloren haben", und er bete für alle, die noch um ihr Leben kämpfen.

"Auch alle Menschen, die dies miterleben mussten, haben mein großes Mitgefühl, es müssen schreckliche Bilder gewesen sein", erklärte Kurzbach. Er danke allen Rettungs- und Sicherheitskräften für ihren Einsatz. "Ich bitte Sie, wenn Sie glauben, beten Sie mit mir und wenn nicht, dann hoffen Sie mit mir", schrieb der gläubige Katholik auf der Internetseite der Stadt und auf Facebook.

Kardinal Woelki fassungslos und tief traurig

Der Bereichsleiter Medien & Kommunikation bei Erzbistum Köln, Wolfram Eberhardt, veröffentlichte auf seinem Facebook-Profil folgende Stellungnahme des Kölner Erzbischofs Rainer Kardinal Woelki: "Der brutale Anschlag auf Menschenleben in Solingen macht mich fassungslos und tief traurig. Meine Gebete sind in diesen schweren Stunden bei den Opfern und Angehörigen. Ich denke aber auch an alle Solingerinnen und Solinger, die sich zu einem friedlichen Fest getroffen haben und nun schockiert und voller unbeantworteter Fragen auf sich zurückgeworfen sind. Mein großes Dankeschön geht an die Rettungs- und Sicherheitskräfte für ihren Einsatz und an alle Menschen im pastoralen Dienst, die seit heute Nacht den Opfern beistehen."

Rheinische Kirche veröffentlicht Gebet

Thorsten Latzel, Präses der der Evangelischen Kirche im Rheinland, äusserte ebenfalls Fassungslosigkeit über den Anschlag:

"Der menschenverachtende Anschlag bei dem Stadtfest in Solingen, bei dem drei Menschen wahllos getötet und mehrere Personen verletzt wurden, erfüllt uns mit tiefem Schrecken, mit Fassungslosigkeit und Entsetzen.", heisst es in einer Pressemitteilung der Rheinischen Kirche von Samstag.

Die Evangelische Kirche des Rheinlands bete um Gesundheit und Genesung für die Verletzten, sei in Gefühlen bei den Betroffenen und danke den Einsatzkräften für ihren Einsatz, so die Mitteilung weiter.

Gespenstische Stimmung

Eine Reporterin des "Solinger Tageblatts" berichtete, nach dem Anschlag sei die Stimmung "gespenstisch" gewesen. Innerhalb weniger Minuten sei die ausgelassene Feierstimmung in Schock umgeschlagen.

Tausende Menschen verließen die Innenstadt.

Zwei Gedenkgottesdienste wird es geben: Zum einen gibt es am Abend gegen 18.15 Uhr ein stilles Gedenken auf dem Neumarkt, zum anderen am Sonntagmorgen um 10 Uhr einen ökumenischen Gottesdienst in der evangelischen Stadtkirche unweit des Tatorts.

Nancy Faeser und Hendrik Wüst erwartet

Zum Gedenken am Abend würden unter anderem Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) erwartet. Man habe sich aber entschieden, anstelle von Reden und Stellungnahmen eine stille Feier mit Kerzen, Blumen und wenig Musik zu veranstalten, angeleitet von Pfarrer Mohr und Superintendentin Ilka Werner vom evangelischen Kirchenkreis Solingen.

Werner und Mohr sollen zusammen mit Pfarrerin Friederike Höroldt auch den ökumenischen Gottesdienst am Sonntagmorgen leiten. Ursprünglich sollte dieser Gottesdienst aus Anlass des Stadtfestes gefeiert werden.

Der Artikel wurde zuletzt am 24.08.2024 um 16:53 Uhr angepasst.

Quelle:
DR , ekir , epd