Muslime erinnern an Opfer von Hanau

"Das waren Deutsche und unsere Landsleute"

​Zum Jahrestag des Attentats von Hanau mit neun Toten haben Islamvertreter in Deutschland an die Opfer und deren Angehörige erinnert. Zugleich warnten sie am Freitag vor Spaltung und Rassismus in der Gesellschaft.

Autor/in:
Inga Kilian
Kundgebung zum Gedenken an die Opfer von Hanau / © Boris Roessler (dpa)
Kundgebung zum Gedenken an die Opfer von Hanau / © Boris Roessler ( dpa )

Der Koordinationsrat der Muslime in Deutschland betonte, Anschläge wie der von Hanau richteten sich nicht nur gegen Einwanderer und Minderheiten. Sie seien zugleich Anschläge auf die gesellschaftliche und politische Ordnung des Landes, heißt es in einer am Freitag veröffentlichten Erklärung.

Diese Angriffe geschähen "nicht im luftleeren Raum, sondern sind vielmehr Resultate unsäglicher Debatten und gezielter Spaltungen, durch die sich die Täter nicht nur in ihrem Hass und ihrer Affinität zu Gewalt gerechtfertigt fühlen, sondern ihrem Verständnis nach sogar aufgefordert werden zu handeln". Hoffnung mache eine "wachsende Sensibilität der politischen Entscheidungsträger für die zunehmende Fremdenfeindlichkeit und Islamfeindlichkeit in unserem Land".

ZMD: Einheit in Sprache deutlich machen

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) forderte mit Blick auf den Anschlag einen anderen Fokus. "Ich wünsche mir im allgemeinen Diskurs und auch in der medialen Berichterstattung, dass stärker betont wird: Das waren Deutsche. Das waren unsere Landsleute, die angegriffen wurden", sagte der ZMD-Vorsitzende Aiman Mazyek der "Neuen Osnabrücker Zeitung (Freitag) im Interview.

Der Terrorist habe Spaltung und Menschen erster und zweiter Klasse darstellen wollen. "Deshalb müssen wir auch in unserer Sprache klarmachen, dass wir uns nicht entzweien lassen." Außerdem dürfe das Wissen über Rassismus kein Spartenwissen mehr sein, so Mazyek. "Es geht um den Erhalt unserer Gesellschaft und darum, wie wir unsere Vielfalt und Vielschichtigkeit schützen können."

Die Türkische Gemeinde in Deutschland forderte: "Es muss vor allem über zweierlei gesprochen werden: über den Umgang mit Angehörigen von Opfern rechter Gewalt und über das 'Wie' - wie konnte es überhaupt so weit kommen?"

Schura: Rassismus weiter gegenwärtig

Der Rat der Islamischen Gemeinschaften in Hamburg (Schura) betonte, die Gefahr des Rassismus sei weiterhin gegenwärtig. Angesichts von antimuslimischem Rassismus, einer Entwicklung des gesellschaftlichen Diskurses nach rechts sowie rassistischen Tendenzen in Teilen von Polizei und Behörden werde ersichtlich, dass der Täter von Hanau nicht in einem geistigen Vakuum gehandelt habe, sagte der Schura-Co-Vorsitzende Fatih Yildiz laut einer Mitteilung.

Er forderte die Politik auf, Kräfte zu bündeln, damit alle Menschen in Deutschland frei, sicher und ohne Angst leben könnten.

Am 19. Februar 2020 hatte der 43 Jahre alte Deutsche Tobias R. neun Menschen mit ausländischen Wurzeln in Hanau erschossen. Danach tötete er seine Mutter und sich selbst. Die Bundesanwaltschaft attestierte dem Täter eine zutiefst rassistische Gesinnung. Am Freitagabend ist in der hessischen Stadt ein Gedenken mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier geplant. Zudem sollen um kurz nach 19.00 Uhr in Hanau und im Umland die Glocken läuten.


Quelle:
KNA
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