DOMRADIO.DE: Die steigenden Energiekosten treffen besonders arme Menschen. Sind das auch die, die jetzt dieses Geld aus der Energiepauschale bekommen sollen?
Weihbischof Ansgar Puff (Bischofsvikar für die Armen und die Caritas im Erzbistum Köln): Ja, ganz genau. Drei Millionen sind in dem Topf drin. Der Topf ist beim Stiftungszentrum geparkt, ist also praktisch ein eigenes Konto, wo kein anderer dran gehen darf und nicht im normalen Haushalt des Bistums. Deswegen können diese Gelder auch für nichts anderes benutzt werden.
Wir haben da drei Chargen gemacht, drei Möglichkeiten: Zum einen für bedürftige Menschen, die Angst haben, dass sie den Strom und die Heizung nicht bezahlen können. Dann zweitens eine Ausweitung der Beratungsstellen. Die sind sehr wichtig. Und drittens eine Unterstützung von Pfarrgemeinden und Kirchengemeinden oder Verbänden, die sagen: Wir wollen etwas für diese Menschen tun.
DOMRADIO.DE: Das heißt, betroffene Familien können jetzt einen Zuschuss beantragen?
Puff: Der Gedanke ist: Wenn jemand entweder Sozialhilfeempfänger ist oder Arbeitslosengeld bezieht oder sonst irgendwelche Unterstützungen, aber auch ein mittleres Einkommen hat und nicht mehr damit zurechtkommt, dann geht er da, wo er wohnt, zur Caritas. Da gibt es entweder die allgemeine Sozialberatung oder zum Beispiel die Lotsenpunkte. Die können ihm dann finanziell helfen.
Das Wichtige – darum wollen wir auch diese Beratung noch mal stärken – ist, dass man ihm gleichzeitig helfen kann zu sehen: Wo kannst du denn sonst noch Geld kriegen, außer dieser einmaligen Unterstützung, die wir jetzt geben? Bekommst du genug Wohngeld? Da ist zum Beispiel neu, dass es ja erhöht worden ist. Kannst du noch andere Beträge bekommen? Kannst du Energie einsparen? Wir haben ja diesen Stromspar-Check, wo Mitarbeiter der Caritas rausgehen und checken, wo man noch ein bisschen sparen kann. Also, es geht darum, dass man anlässlich dieser einmaligen finanziellen Unterstützung auch noch den Menschen hilft, zu schauen: Wo kannst du weitere Mittel, die der Staat zur Verfügung stellt, akquirieren?
DOMRADIO.DE: Kirchengemeinden sollen mit dem Geld ja auch unterstützt werden. Sollen die dann in Energiedämmung investieren oder wie wird das Geld in Kirchengemeinden dann verwendet?
Puff: Das ist ein bisschen anders gedacht. Die Kirchengemeinden zahlen keine Hilfen an einzelne Personen aus, sondern wenn jemand zum Beispiel mit einer hohen Gasrechnung nicht klarkommt und deswegen zur Kirche geht, dann schickt das Pfarrbüro die weiter an die richtige Stelle von der Caritas. Diese Einzelfallhilfen laufen alle über die karitativen Träger, also entweder Caritasverband oder Sozialdienst Katholischer Männer oder Frauen oder über diese Lotsenpunkte. Und die Kirchengemeinden werden unterstützt für all die Dinge, die sie jetzt mehr tun, um Menschen zu helfen.
Ich phantasiere mal: Es wird bitter-bitterkalt. Mehrere ältere Menschen wollen sparen, sitzen deswegen zu Hause, bibbern mit der Heizdecke und treffen sich aber einmal die Woche zum Seniorenclub, trinken ihren Kaffee und erzählen, fühlen sich da wohl und sagen dann: Ach, es ist aber so kalt, können wir uns nicht drei- oder viermal die Woche hier treffen? Hier ist es schön warm. Dann könnte die Kirchengemeinde sagen: Das kostet uns aber dann mehr Heizkosten. Und diese Mehrkosten würden wir übernehmen, damit die ihre Räume aufmachen für die Menschen.
Da gibt es auch eine ganze Liste von anderen Möglichkeiten. Wenn man jemand jetzt in den Winter- oder Osterferien Freizeiten anbieten möchte, könnten die auch gefördert werden oder wenn es Informationsveranstaltungen gäbe. Wenn man zum Beispiel sagt, wir öffnen die Bücherei, die sonst vielleicht nur sonntags aufhat, viermal die Woche, heizen die durch, damit man da zur Not Schulaufgaben machen kann oder so, diese Mehrkosten werden dann bei der Aktion Neue Nachbarn beantragt, nicht bei der Caritas. Das sind dieselben Stellen, von der es auch bei der Fluthilfe oder bei der Flüchtlingshilfe die Zuschüsse gab. Und die Aktion Neue Nachbarn ist richtig schnell, da können Sie sicher sein, dass die Kirchengemeinden das Geld zwei Tage später haben.
DOMRADIO.DE: Wie blicken Sie so auf den kommenden Winter, für die Menschen, die nicht Elon Musk heißen?
Puff: Da muss man unterscheiden. Es gibt Menschen, die in jedem Winter schon Sorgen und Probleme hatten. Zum Beispiel die, die auf der Straße leben. Für die wird der Winter natürlich wieder brutal hart.
Es kommen jetzt aber andere Personengruppen dazu und das geht bis in die Mittelschicht. Bekannte von mir bezahlen jetzt die vierfache Summe des Geldes für Gas. Und die hoffen alle darauf, dass auch der Staat jetzt mit der Gaspreisbremse und diesen Dingen da wirklich aktiv wird. Denen steht teilweise das Wasser bis zum Hals. Die wissen wirklich nicht, wie sie mit dem Geld auskommen sollen. Das macht große Sorgen.
Das Interview führte Uta Vorbrodt.